Nach Überholmanöver in Wesel Raser kommen um Haftstrafe herum

Wesel · Am Dienstag mussten sich zwei junge Männer vor dem Amtsgericht Wesel verantworten. Die Anklage: Teilnahme an einem illegalen Autorennen. Die Vorwürfe der Richterin waren hart, die Strafe dafür umso milder. Woran das lag.

 Vor allem nachts bekommt es die Polizei mit illegalen Autorennen zu tun (Symbolbild).

Vor allem nachts bekommt es die Polizei mit illegalen Autorennen zu tun (Symbolbild).

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Sie sind erst 20 Jahre alt, haben ihren Führerschein noch nicht lange in der Tasche. Wirklich bewiesen, dass sie ihre Fahrerlaubnis verdient haben, haben die zwei Angeklagten, die sich am Dienstagmorgen vor dem Weseler Amtsgericht verantworten mussten, nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte ihnen vorgeworfen, ein illegales Autorennen veranstaltet zu haben. Mitten durch Wesel.

Es ist Samstag, der 3. April, als die beiden Männer laut Anklage mit ihren Autos auf eine Kreuzung an der Weseler Straße zufuhren. Vor der roten Ampel warteten andere Wagen, aber die Angeklagten zogen über die Linksabbiegespur an ihnen vorbei. Ein Zeuge erzählte, wie sie sich dort eingeordnet hätten. Als die Ampel umsprung, sollen sie zügig losgefahren sein und in die rechte Spur gewechselt haben, die weiter geradeaus führte. Der vordere Fahrer war mit einem BMW unterwegs, der andere mit einem Ford.

Das zweite Auto, das vor der roten Ampel gewartet hatte, war ein Zivilfahrzeug der Polizei. Zwei Beamte waren darin auf einer Kurierfahrt von Hamminkeln nach Wesel unterwegs. Sie beobachteten den verbotenen Überholvorgang und da die beiden Fahrzeuge laut Angabe eines der Polizeibeamten in Richtung Wesel massiv beschleunigten, nahmen sie die Verfolgung auf.

Ein Polizist erzählte vor Gericht, dass sie dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 120 Stundenkilometern erreicht hatten – ohne an die Autos der Angeklagten aufschließen zu können. Erlaubt war an dieser Stelle nur eine Geschwindigkeit von 60. Weil der Polizist aber keine genaueren Angaben etwa zur Geschwindigkeit der verfolgten Wagen machen konnte, stufte die Richterin seine Geschwindigkeitsangabe als nichtssagend ein.

Erst an der nächsten Kreuzung, die laut Berechnungen der Polizei ungefähr 800 Meter entfernt liegt, konnten die Beamten die Angeklagten stoppen. Dort warteten sie an der roten Ampel. Die Polizisten blockierten dann mit ihrem Wagen die Straße – anders, sagten die Beamten, ging es nicht.

Die Angeklagten konnten während der Verfolgung nicht erkennen, dass es sich um ein Polizeifahrzeug handelt. Die Polizeibeamten beschlagnahmten noch auf der Straße die Führerscheine und Fahrzeugscheine der beiden Männer und baten diese, auf den nahegelegenen Parkplatz eines Fastfood-Restaurants zu fahren, wo sie weitere Personalien aufnahmen. Außer den beiden Angeklagten befanden sich noch drei weitere Personen in den Fahrzeugen.

Zudem machten die Polizisten Fotos von Bremsspuren, die sich auf der rechten Geradeausspur befanden. Diese konnten allerdings weder dem BMW noch dem Ford mit Sicherheit zugeordnet werden. Die Führerscheine der beiden Männer wurden vorläufig bis zur Gerichtsverhandlung beschlagnahmt, genauso wie das Fahrzeug von einem der Angeklagten.

Die Richterin schloss eine konkrete Gefährdung durch die Angeklagten aber aus. Weil sie die Spur auf der Kreuzung wechselten, während die anderen Autos langsam anfuhren und es keine genauen Angaben zu ihrer Geschwindigkeit gab.

Die Angeklagten wurden dennoch wegen Nötigung verurteilt. Einer der Angeklagten muss eine Geldstrafe von 500 Euro zahlen und auch die Kosten für die Verwahrung seines Autos in Höhe von 1500 Euro übernehmen. Der Angeklagte, der voraus fuhr, wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro verurteilt.

Die jungen Männer haben beim Ausgang ihres Manövers gleich doppeltes Glück gehabt. Wäre eine Person schwer verletzt oder gar getötet worden, dann wären bis zu zehn Jahre Haft angedacht gewesen. Ein Raser aus Berlin wurde sogar bereits wegen Mordes verurteilt und muss lebenslang hinter Gittern. Er fuhr mit 160 Stundenkilometern über den Kurfürstendamm und krachte in ein am Rennen unbeteiligtes Auto. Dessen Fahrer verstarb am Unfallort. Zudem können sie froh sein, dass ihnen generell kein illegales Rennen nachgewiesen werden konnte. Dann wäre die Strafe nicht nur deutlich höher gewesen – es droht eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren –, sondern sie hätten auch ihren Führerschein verloren.

So dürfen die jungen Männer nun wieder sofort am Straßenverkehr teilnehmen. Beide Angeklagte erhielten ihren Führerschein noch vor Gericht wieder. Jetzt können sie beweisen, dass sie ihn auch verdient haben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort