Kreis Wesel Amazon: Viele Wege führen zum Kunden

Kreis Wesel · Wer in der Region wohnt und etwas beim US-amerikanischen Online-Riesen bestellt, bekommt seine Ware nicht zwangsläufig aus dem Rheinberger Logistikzentrum. Ein Algorithmus legt fest, was von wo aus wohin geliefert wird.

Frisch verpackt und ab aufs Fließband: Täglich verlassen tausende Päckchen das Logistikzentrum.

Frisch verpackt und ab aufs Fließband: Täglich verlassen tausende Päckchen das Logistikzentrum.

Foto: Christoph Reichwein

Amazon hat das Leben in Rheinberg verändert. Vor knapp sechs Jahren eröffnete das riesige Logistikzentrum seine Pforten. Knapp 2000 Frauen und Männer arbeiten dort. "80 Prozent davon sind unbefristet beschäftigt", unterstreicht Standortleiter Karsten Frost. Wenn im Oktober das Weihnachtsgeschäft beginnt, kommen bis Januar noch einmal knapp 2000 Saisonkräfte dazu.

Ein Picker unterwegs in den langen Regalgängen im Logistikzentrum. Die Picker sammeln die Waren ein.

Ein Picker unterwegs in den langen Regalgängen im Logistikzentrum. Die Picker sammeln die Waren ein.

Foto: Christoph Reichwein

Die meisten festen Mitarbeiter kommen aus Rheinberg, Kamp-Lintfort, Moers, Wesel und Duisburg. Es gibt einen Trend, sich dauerhaft in Reinberg niederzulassen. Karsten Frost: "Die Signale aus der Stadtverwaltung, dass bezahlbarer Wohnraum in der Stadt knapp wird, haben wir vernommen." Die Vorbereitungen für ein neues Wohngebiet "Westlicher Annaberg" laufen bereits. Amazon hat das Thema auch von sich aus aufgegriffen. "Als im Januar NRW-Bauminister Michael Groschek bei uns war, haben wir mit ihm auch darüber gesprochen, wie man bezahlbare Wohnungen realisieren kann."

Unterdessen bleibt das Logistikzentrum eine Größe in der Region. Nicht nur, was die Zahl der Beschäftigten angeht, sondern auch die Masse der Waren. Ein paar Zahlen verdeutlichen die Dimensionen: In dem 110.000 Quadratmeter großen Gebäudekomplex lagern durchschnittlich knapp zehn Millionen Teile und rund 500.000 verschiedene Waren.

Das alles muss nach Rheinberg gebracht, dort verarbeitet und anschließend zu den Kunden gefahren werden. Amazon arbeitet für den Transport nicht nur mit DHL zusammen (die Spedition hat gleich neben Amazon eine Niederlassung), sondern auch mit UPS, DPD oder Hermes. Teilweise auch mit verschiedensten Postdiensten, etwa in den Benelux-Ländern, in denen Amazon kein eigenes Lager hat. "Da zeigt sich der Standortvorteil Rheinbergs", sagt Karsten Frost. "Sowohl der Ballungsraum Ruhrgebiet als auch insbesondere die Niederlande sind von hier aus sehr gut zu erreichen."

Wer in Rheinberg wohnt und bei Amazon bestellt, bekommt seine Lieferung nicht zwangsläufig aus dem dortigen Zentrum. Der Weg der Waren ist nicht leicht nachzuzeichnen. Von Rheinberg aus werde auch nach Hongkong oder in die USA geliefert, beschreibt Karsten Frost. Was von wo aus wohin geht, hänge von unterschiedlichen Faktoren ab. Zum Beispiel davon, auf welcher Amazon-Internetseite man bestellt. Die Seite amazon.de etwa ist auch für die Türkei zuständig. Eine Rolle spielt die Art der Bestellung. Werden etwa Elektroartikel geordert, ist die jeweilige Stromspannung von Bedeutung: In den USA gelten 110 Volt, bei uns 230. Im Lager Rheinberg gibt es zudem nur kleinere und mittelgroße Artikel. Frost: "Die größten Waren bei uns passen ungefähr in einen normalen Koffer." Großwaren wie Kühlschränke, Tischkicker oder Gartengrills lagern in Werne oder Pforzheim.

Ein Algorithmus bestimmt, von wo aus welche Waren wo hingehen. Zunächst untersucht der Computer, wo die bestellte Waren vorrätig ist. Werden mehrere Produkte bestellt, wird ein Lager gesucht, in dem alles zu bekommen ist. Falls nicht, tauschen sich unterschiedliche Amazon-Standorte aus. Der Kunde kann aber auch eine Single-Bestellung durchführen, dann wird jedes Teil einzeln verschickt. Gesteuert wird alles das vom Hauptquartier in München aus. Nach wie vor kann der Kunde übrigens nicht erkennen, woher seine Lieferung kommt. Steht "Graben" auf dem Paket, so ist das bayrische Logistikzentrum nur der Zielort im Fall einer Reklamation, weil sich dort die entsprechende Bearbeitungsstelle befindet.

Die Auslieferung der Waren erfolgt mit Lkw. "Fast zu 100 Prozent", unterstreicht Karsten Frost. Ausnahme ist ein neues Amazon-Prime-Angebot. In Berlin und München setzt Amazon inzwischen auch Fahrradkuriere ein. Zukünftig wird die Einbindung des lokalen Einzelhandels eine größere Rolle spielen. Es ist angedacht, dass das 1994 in den USA gegründete Unternehmen bald zum Beispiel frische Lebensmittel ausliefert.

(up)
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