Kreis Wesel Der Traum von Familie und Beruf

Kreis Wesel · Ein Abschluss in Teilzeitausbildung hilft auch Alleinerziehenden und Pflegenden, einen Job zu finden.

 Bei Fachwerk Kreis Wesel in Moers sind Annika Splitek und Rainer Henke bei der Firmenakquise für Teilzeit-Ausbildungsstellen.

Bei Fachwerk Kreis Wesel in Moers sind Annika Splitek und Rainer Henke bei der Firmenakquise für Teilzeit-Ausbildungsstellen.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Sie sind jung, haben Kinder, aber keine Berufsausbildung. Besonders für Frauen mit Familienverpflichtungen ist eine Teilzeitausbildung die Chance auf eine berufliche Perspektive. Beteiligte Betriebe profitieren und bieten zugleich dem Fachkräftemangel Paroli. Die Initiative TEP, Kürzel für „Teilzeitausbildung – Einstieg begleiten – Perspektiven eröffnen“, richtet sich an diese Frauen. Das Förderprogramm, finanziert vom Land NRW und der EU, hat das Ziel, Beruf und Familie durch eine Ausbildung im 25- bis 30-Stunden-Wochenmodus zu vereinbaren.

Die Initiative, die über den Bildungsträger Fachwerk Kreis Wesel mit Sitz in Moers koordiniert wird, hat dabei sowohl Betriebe wie Ausbildungsplatzsuchende im Fokus. „Nur leider ist diese Möglichkeit noch zu wenig bekannt“, sagt Geschäftsführer Rainer Henke, der das Projekt mehr in die Öffentlichkeit rücken will. Er sieht für beide Seiten große Gewinne. Teilzeitausbildung biete die Möglichkeit, sich zu einer Säule der dualen Berufsausbildung zu entwickeln, „weil sie sich flexibel in die Betriebsstruktur einfügen lässt. Sie ist dort geeignet, wo bereits in Teilzeit gearbeitet wird. Aber auch interessant für Betriebe, die sich aufgrund des Wandels auf dem Arbeitsmarkt einer familienfreundlichen Personalpolitik gegenüber öffnen möchten.“ Dass TEP erfolgreich ist, steht für ihn außer Frage. „Unternehmen, die in Teilzeit ausbilden, arbeiten mit Menschen, die mitten im Leben stehen, ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Motivation mitbringen“, so Henke.

Mit der Reform des Berufsausbildungsgesetzes im Jahr 2005 wurde die Möglichkeit der Teilzeitausbildung rechtlich geregelt. Bei der Teilzeitausbildung kann die tägliche oder wöchentliche betriebliche Ausbildungszeit gekürzt werden. Der Abbruch einer Ausbildung oder keine Ausbildung aufgrund von familiären Pflichten bedeute nicht zwangsläufig das Ende aller beruflichen Ziele und Wünsche. Im Gegenteil.

Katrin ist eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern, die sich an Fachwerk. Kreis Wesel wandte und von Annika Splitek, zuständig für das TEP-Programm, begleitet wurde. „Durch das Projekt habe ich die Unterstützung erhalten, die ich für meine Situation brauchte“, sagt Katrin. Nach dem erfolgreichen Bewerbungsprozess und der Regelung vertraglicher Dinge hat sie den Einstieg ins Berufsleben als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte gefunden und bald das erste Ausbildungsjahr hinter sich. „Ich habe die Chance genutzt, aus meiner Zukunft etwas zu machen. Für mich und meine Kinder“, so Katrin.

Einen anderen Weg hat Jessica (33) eingeschlagen. Die zweifache Mutter hatte bereits Berufserfahrung im Service und in der Kundenberatung. Gemeinsam mit Annika Splitek fand sie eine Berufsausbildung, die ihrem Naturell und ihren Fähigkeiten entsprach. Sie startet zum 1. August eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten. Katrin und Jessica wissen, die Ausbildung muss klare Priorität haben. Ein Nebenbei funktioniert nicht.

„Kleine Erfolgsgeschichten mit großer Wirkung, die anderen Mut machen und wertvolles berufliches Potential nach vorne bringen“, sagt Bettina Konert von der Fachwerk-Geschäftsführung. Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Familie mit pflegebedürftigem Familienmitglied zählt heute zu den größten Herausforderungen. Teilzeit bedeutet, eine Ausbildung auf der Basis von 75 Prozent Anwesenheit. Die Vorbereitungsphase dauert bis zu sechs Monate – je nach Bedarf und Erfolg. Nach Ausbildungsbeginn werden die Teilnehmenden noch weitere sechs bis acht Monate vom Team individuell begleitet. „Ein Expertenteam unterstützt sie bei der Erstellung von repräsentativen Bewerbungsunterlagen, trainiert Vorstellungsgespräche wie auch das Finden einer Kinderbetreuung“, sagt Annika Splitek.

Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass mindestens ein Kind unter 15 Jahren oder ein pflegebedürftiger Angehöriger im Haus lebt. In Zusammenarbeit mit den Teilnehmerinnen regelt Annika Splitek alle weiteren Dinge, wie die Suche nach einem passenden Ausbildungsbetrieb für eine Teilzeitausbildung, einen Kindergartenplatz, das Prüfen von machbaren Anfahrtswegen und -zeiten zum Betrieb sowie vorbereitende Gespräche mit den akquirierten Ausbildungsbetrieben.

Für den Kreis Wesel im TEP-Projekt ist bei Fachwerk Kreis Wesel Annika Splitek Ansprechpartnerin. Erreichbar ist sie unter Telefon 02841 9813304. Für den Kreis Kleve im SOS-Kinderdorf Niederrhein gibt Susann Kersten Informationen unter der Telefonnummer 02821 750782.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort