Kommentar zur Woche Wo bleibt die Solidarität?

Meinung | Wesel · Die sozialen Netzwerke sind bisweilen eben Netzwerke von Unsozialen. Im Weseler Falle überrascht auch die Passivität einer ansonsten schnell agilen Öffentlichkeit.

 Al-Rahman-Moschee in Wesel.

Al-Rahman-Moschee in Wesel.

Foto: Sebastian Peters

Eine Welle der Solidarität erfährt derzeit der Zoo in Krefeld, nachdem in der Silvesternacht das Affenhaus abgebrannt ist und viele Tiere in den Flammen ihr Leben verloren. Deutschlandweit gibt es öffentlich bekundete Trauer und Hilfsangebote. Das ist gut, solchen Zusammenhalt wünschte man sich häufiger in diesem noch so jungen Jahr – zum Beispiel in Wesel.

In der Stadt am nördlichen Niederrhein hätte es wenige Stunden vor dem Jahreswechsel ebenfalls zu einer Katastrophe kommen können. Nach Lage der Dinge hat es einen Versuch eines Brandanschlags auf die Hinterhof-Moschee an der Pastor-Bölitz-Straße in Wesel gegeben. Die Hinweise sind noch vage, es wurde aber laut Polizei ein Brandsatz in der Nähe gefunden und eine Scheibe war eingeworfen. Wer diese Tat verübt hat, aus welcher Richtung die Anfeindungen kommen, ist völlig offen. Dass die Gläubigen nun aber in Sorge sind, ist nur verständlich.

Umso erschreckender sind vereinzelte höhnische Reaktionen in den sozialen Medien. Es gibt Personen, die hinterließen unter einem Facebookartikel zur Moschee einen Lach-Emoji. Man könnte das abtun als Irrung von feigen Ausländerhassern, wenn es nicht so traurig und gefährlich wäre. Die sozialen Netzwerke sind bisweilen eben Netzwerke von Unsozialen. Im Weseler Falle überrascht aber auch die Passivität einer ansonsten schnell agilen Öffentlichkeit. Kaum Zeichen der Solidarität Das hängt sicherlich auch damit zusammen, wie die Gemeinde bisher in Wesel integriert ist. Es ist wenig über diese Hinterhofmoschee bekannt, es gibt keinen bekannten öffentlichen Dialog dieser Muslime mit anderen Glaubensrichtungen. Hier praktizieren viele Flüchtlinge, Nordafrikaner, Araber, Tschetschenen, teils auch deutsche Konvertiten ihren Glauben. Es fällt schwer, sich mit etwas zu identifizieren, wenn man es nicht kennt. Umso wichtiger ist, dass die Muslime dort in einen offenen Dialog treten – und die Weseler diesen Dialog ebenfalls suchen.

Ein Gedanke: Vielleicht wäre die öffentliche Reaktion auf diesen mutmaßlichen Anschlagsversuch eine andere gewesen, wenn eine schmucke Moschee, ein würdiges Gotteshaus, zerstört worden wäre? Man wünscht den Muslimen in unserem liberalen Land, dass sie ihren Glauben nicht nur in garagenähnlichen Hinterhofmoscheen feiern müssen.

(sep)
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