Hamminkeln Ärger über teure Wohnungen in Mehrhoog

Hamminkeln · Ziel des Seniorenbauprojektes war es, ältere Mehrhooger mit Wohnungen zu versorgen, damit sie ihre Häuser an junge Leute weiterreichen können. Doch viele heimische Interessenten können sich das nicht leisten.

Die alternde Gesellschaft ist für Bauinvestoren ein verlockendes Geschäft. Ihre Tätigkeit hat längst den ländlichen Raum erreicht, wo viele Alteingesessene gerne ihre großen Häuser, oft mit arbeitsintensivem Garten, gegen barrierefreie Wohnungen eintauschen würden. Im Gegenzug könnten dann junge Familien in die geräumigen Häuser einziehen und sie kaufen. "Jung für Alt" heißt die Methode, die dafür sorgen soll, dass junge Leute in den Dörfern ansässig werden und gleichzeitig ältere Menschen in ihrer heimischen Umgebung bleiben können. Ein guter Gedanke gegen das Ausbluten der Dörfer, doch auch schöne Theorie. In Mehrhoog jedenfalls funktioniert sie nicht.

Vielen sind die neuen Wohnungen zu teuer, sie gehen offensichtlich am lokalen Markt vorbei. "Die Stimmung in Mehrhoog ist schlecht", konstatierte jetzt Bürgermeister Bernd Romanski in Brünen, wo ein bedarfsorientiertes Altenwohnungsprojekt mit Hilfe des Vereins Brüner für Brünen aufgelegt werden wird. Eine komplett gegensätzliche Planungsmethode wie in Mehrhoog. Darauf will der Verwaltungschef im Planungsausschuss am Mittwoch eingehen. Interessenten berichten, dass sie auf einen Wohnungskauf verzichtet haben. "Rentner können sich so etwas nicht leisten, wir hätten unser Haus verkaufen und uns noch erheblich verschulden müssen", sagt einer. Abgesehen davon, ob eine Bank dies finanziert hätte. Er habe nach Maklergesprächen 2800 bis 3300 Euro pro Quadratmeter errechnet, macht zirka 300.000 Euro inklusive Nebenkosten - die von Investoren verlangten hohe Preise stehen nicht im Einklang mit dem dörflichen Häusermarkt, aus dessen Erlös man die barrierefreie Wohnung finanzieren will. Zugriff haben dann nur richtig solvente Rentner von woher auch immer. Im Dorf sagt man: "Hier kauft kein Mehrhooger."

Ausgangspunkt des Mehrhooger Projekts (mit Senioren- und Pflegeheim 880 Plätze an der Hoogefeldstraße und 27 Seniorenwohnungen am Hellmannsweg durch die RTLL Gruppe mit Sitz in Zwickau) war ein Antrag, im Ort Hamminkeln am Hellefisch und so in direkter Zentrumsnähe ein Seniorenheim zu bauen. Doch hier gibt es bereits das Christophorus-Haus, ein Alten- und Pflegeheim des Evangelischen Krankenhauses Wesel. Die Lokalpolitik wandte sich gegen die Zerstörung eines weiteren Stücks des dörflichen Hamminkelns an der Brüner Straße und verweigerte die Zustimmung. Dort, am Tor zur Stadt, wären eine idyllische Obstbaumwiese und viel Grün geopfert worden. Gleichzeitig meldeten sich die Mehrhooger, die sich in Sachen Wohnraum für Senioren vernachlässigt fühlten. RTLL schwenkte um. Mehrhoog war nun der Standort. So geschah es, wenn auch wegen Planungsproblemen mit Zeitverzögerung.

Romanski hält die Verfahrensweise aus heutiger Sicht für zu kurz gesprungen. Ein reiner Finanzinvestor mache sein Geschäft ohne genaue Kenntnisse zur Situation vor Ort und ohne den Einbezug dörflicher Beteiligter. Ebenso habe die Stadt nur Baurecht zu schaffen - eine zu schmale Rolle. Dies war auch bei teuren Altenwohnungen in Brünen schon der Fall. Das Interesse müsse doch sein, ältere Mehrhooger zu versorgen und nicht Zuzug von außerhalb zu provozieren. Er plädiert, Beteiligungsmodelle wie in Brünen auch in den anderen Dörfern zu installieren. Ebenso kann die Kommune steuern, etwa durch vorhabenbezogene Durchführungsverträge. Dies ist am alten Sportplatz an der Brüner Straße gelungen, wo etwa 30 Prozent sozialgeförderter Wohnraum festgeschrieben wurde. In dieser Woche werden dazu die Pläne der Investoren vorgestellt. Vorteil der Stadt war, dass ihr selbst die Fläche gehörte - und sie in einem öffentlichen Präsentationsverfahren für potenzielle Investoren ihre Vorstellungen bekanntgab.

(RP)
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