Eon, Innogy und die Stadtwerke Ärger um Stromverkauf an der Haustür

Wesel · In Wesel ziehen Werber für große Energieunternehmen von Haus zu Haus. Sie versprechen Stadtwerke-Kunden Ersparnisse beim Anbieterwechsel. Stadtwerke-Chef Michelbrink ärgert sich. Der Fall hat mehrere pikante Noten.

 Im Ringen um Stromkunden sind Werber von Haus zu Haus unterwegs.

Im Ringen um Stromkunden sind Werber von Haus zu Haus unterwegs.

Foto: dpa/Marcus Brandt

Es ist eigentlich ein bekanntes Haustürgeschäft, geschieht aber in Wesel unter kuriosen Vorzeichen: Ausgerechnet das Unternehmen Innogy, das bald mit der Stadt Wesel eine Stromnetztochter gründen will, versucht der städtischen Tochter Stadtwerke offenbar die Weseler Stromkunden mit Hausbesuchen abzunehmen. Bei Stadtwerke-Chef Franz Michelbrink ist die Verärgerung groß. Er nennt das Vorgehen gar „betrügerisch“.

In den vergangenen Tagen meldeten sich mehrere Weseler mit Schilderungen, dass sowohl Innogy als auch Eon den Stadtwerken Wesel mit Lockangeboten Stromkunden abjagen wollen. Das wirkt auch pikant vor dem zweiten Hintergrund, dass Eon derzeit auf dem Weg ist, Innogy zu übernehmen. In Wesel kommt noch die Facette hinzu, dass Rainer Hegmann, derzeit Innogy-Regionallleiter, bereits von einer politischen Mehrheit als Nachfolger des scheidenden Stadtwerke-Chefs Franz Michelbrink ausgeguckt ist und es Planspiele zum Kauf des Stromnetzes sowie eben zur besagten Gründung einer Netzgesellschaft mit Innogy gibt.

Jenny Glowka vom Innogy-Vertrieb in Geldern erklärte auf Anfrage, dass Kundenansprache an der Haustür schon seit drei bis vier Jahren praktiziert werde, diese auch sehr gut funktioniere und geschulte Leute eingesetzt würden. „Nicht angenehm“ könne es für potenzielle Kunden sein, wenn parallel auch andere Firmen am gleichen Ort unterwegs seien. Ab Montag würden in Wesel übrigens keine Innogy-Werber mehr unterwegs sein. Stefan Moriße, Pressesprecher von Eon München, sprach von einem „etablierten Kanal“, der in einem „intensiven Wettbewerb“ sebstverständlich genutzt werde. Eon habe den Anspruch, im Direktvertrieb seriös und fachkundig zu beraten. Ob und wann andere Energieunternehmen in der Region vertrieblich aktiv seien, wisse man nicht.

Franz Michelbrink, der in diesem Jahr in den Ruhestand geht, wusste bei der Anfrage unserer Redaktion noch nichts von Eon-Werbern in der Stadt, wohl aber von der Innogy-Aktion. Denn verunsicherte beziehungsweise sensibilisierte Kunden hatten sich bereits mit Fragen an die Stadtwerke gewandt. Laut Michelbrinks Erkenntnissen anhand von Kunden-Schilderungen würden die Innogy-Leute den Kunden „alles Mögliche erzählen“ und „Rechnungen aufmachen, die nicht stimmen“. So würden die für einen Wechsel versprochenen Boni erst im zweiten Jahr angerechnet. Im direkten Vergleich zwischen Innnogy und Stadtwerken seien letztere günstiger. Unseriös seien Aussagen, dass Innogy die Stadtwerke übernommen hätte oder übernehmen werde. Vor diesem Hintergrund hatten die Stadtwerke unlängst bei Facebook eine Warnung platziert und Betroffene um Rückmeldungen gebeten.

Die Stadtwerke selbst verkaufen nicht an der Haustür. Das offenbar versuchte Vorgehen mit versetzter Boni-Anrechnung sei „nicht nur unseriös, sondern betrügerisch“.

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