Wermelskirchen "Wir Landwirte werden zum Spielball"

Wermelskirchen · Auch wenn im Rheinisch-Bergischen Kreis kein verseuchtes Futter an die Bauernhöfe ausgeliefert wurde, befürchtet Landwirt Torsten Mühlinghaus, dass er und seine Kollegen indirekt dafür bezahlen müssen – durch höhere Futterpreise.

 Ohne Kraftfutter kommen bergische Milch-Landwirte wie Torsten Mühlinghaus nicht aus. Die Energie des heimischen Grünschnitts und Getreides reicht nicht aus, um das ganze Jahr wettbewerbsfähig zu bleiben.

Ohne Kraftfutter kommen bergische Milch-Landwirte wie Torsten Mühlinghaus nicht aus. Die Energie des heimischen Grünschnitts und Getreides reicht nicht aus, um das ganze Jahr wettbewerbsfähig zu bleiben.

Foto: Jürgen Moll

Auch wenn im Rheinisch-Bergischen Kreis kein verseuchtes Futter an die Bauernhöfe ausgeliefert wurde, befürchtet Landwirt Torsten Mühlinghaus, dass er und seine Kollegen indirekt dafür bezahlen müssen — durch höhere Futterpreise.

"Es trifft doch immer wieder uns. Wir kleinen Landwirte stehen am Ende dieser Kette. Wir tragen die Last aller Skandale, die anderswo verursacht werden." Torsten Mühlinghaus atmet schwer durch. Der Landwirt aus Mittelrautenbach ist entsetzt über die neuste Hiobsbotschaft, die die Schlagzeilen füllt: verseuchtes Tierfutter — mit Schimmelpilzen in Maislieferungen als Serbien. "Unsere Region ist wohl verschont davon. Wir kaufen eigentlich unser Zusatzfutter in Düsseldorf und Neuss ein. Aber indirekt werden wir das wieder ausbaden müssen."

Futtermittel-Hersteller hatten Mais aus Serbien verarbeitet, das mit dem Schimmelpilzgift Aflatoxin verseucht war. Es gelangte hauptsächlich als Zusatzfutter nach Niedersachsen. Aber auch am Niederrhein wurde es verarbeitet.

Für Mühlinghaus ist es "ein Unding", dass ein Frachter mit 45 000 Tonnen verseuchtem Mais in Deutschland entladen wurde und niemand das Gift festgestellt habe. "Alle, von der EU angefangen über den Bund bis zu den Bundesländern, wussten, dass Serbien, aber auch der übrige Balkan, einen heißen und feuchten Sommer 2012 erlebte", sagt Mühlinghaus. Das Gift sei seit Jahren bekannt. "Der Skandal ist, dass es hier nicht um den Schutz der Verbraucher geht, sondern um wirtschaftliche und politische Interessen", schimpft der Vorsitzende der Ortsbauernschaft. "Der kleine Landwirt wird hier zum Spielball der Mächtigen." Zum Glück sei in der Milch nichts gefunden worden — kein Wunder: "Pro Lieferung werden bei uns von der Milch drei Proben genommen." Das Schiff hingegen schien seiner Ansicht nach "durchgewunken worden zu sein". Er sieht die finanziellen Folgen auf die Landwirte zukommen. "Wir haben zwar keine Handelsschranken, aber praktisch sieht das anders aus. Gewisse Länder verhängen einfach einen Einfuhrstopp für unsere Produkte, und schon bleiben wir Landwirte drauf sitzen." Die Überproduktion habe dann zur Folge, dass die Preise purzelten. "Auch die Politik macht sich das zu einfach. Die Forderung nach Untersuchungskosten wälzen die Futtermittel-Hersteller wieder auf die Landwirte ab, die höhere Preise zahlen müssen." Dabei versuchten die Landwirte nur, gute Nahrungsmittel zu produzieren. "Wir im Bergischen brauchen auf jeden Fall Kraftfutter. Unser Gras reicht einfach nicht aus." Früher produzierten die Landwirte pro Kuh etwa 3000 Liter im Jahr, der Landesschnitt liegt pro Kuh bei 9000 Liter/Jahr. Heute, so Mühlinghaus, könnte man 4000 bis 5000 Liter pro Kuh mit einem Grünfutter und Silomais produzieren — "damit kann man aber keinen Betrieb wirtschaftlich führen". Wie viel Energie und Eiweiß zugefüttert werden müsse, lasse sich errechnen. "Wir bekommen deshalb von Getreidemühlen Sojaschrot, Ackerbohnen, Rapsschrot und Getreide, vitaminisiert und verpresst, geliefert."

(RP/url)
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