Wermelskirchen Wie Flüchtlingskinder in der Schule lernen
Wermelskirchen · Das Städtische Gymnasium unterrichtet auch Kinder von Asylbewerbern. Sie nehmen zwar nicht am gymnasialen Bildungsgang teil, lernen aber mehr als Deutsch. Nach zwei Jahren wird dann über ihren Bildungsweg entschieden.
Sich in einem fremden Land einzuleben, ist schon schwer genug. Aber hier ohne Sprachkenntnisse im Schulunterricht klar zu kommen, das erfordert schon eine enorme Lernleistung. Manche Kinder, die als Flüchtling nach Wermelskirchen kamen, meistern das bravourös. "Andere müssen aber erst alphabetisiert werden", berichtet Elvira Persian, stellvertretende Schulleiterin des Städtischen Gymnasiums Wermelskirchen. Die Neulinge zu unterrichten und zu integrieren, stelle das Kollegium vor ganz besondere Hausrausforderungen. Wichtig ist ihr zu betonen, dass die Flüchtlingskinder zwar die Schule besuchen, aber nicht am gymnasialen Bildungsgang teilnehmen.
Insgesamt 22 Flüchtlingskinder besuchen die Schule, das älteste ist 15 Jahre alt. Sie kommen aus Afghanistan, dem Irak, aus Syrien, der Türkei, aus dem Kosovo und Aserbaidschan. Drei Lehrer des Gymnasiums haben die Zusatzausbildung "Deutsch als Zweitsprache", die sie für die - seit der Flüchtlingswelle neu auf die Schulen zukommende - Aufgabe qualifiziert.
Aber auch die anderen Lehrkräfte müssen im Unterricht die Flüchtlingskinder im Blick haben. Denn unterrichtet werden sie nicht in sogenannten internationalen Klassen, wie sie einige andere Schulen eingerichtet haben. Dort bleiben die Zugewanderten zunächst unter sich, werden sprachlich fit gemacht. Vielmehr gibt es einen Mix: 14 Wochenstunden werden die Flüchtlingskinder aus den Unterrichtsstunden herausgenommen und erhalten zehn Stunden Deutsch sowie vier Stunden Englisch. Internationale Vorbereitungsklasse (IVK) heißt dieses Modell. Die Unterrichtsstunden gestalten immer zwei Lehrer gemeinsam, "anders wäre das bei dieser heterogenen Gruppe kaum zu bewältigen", betont die stellvertretende Schulleiterin. Einige Flüchtlingskinder seien hochmotiviert, andere kommen aus eher bildungsfernen Familien, brauchen besondere Unterstützung. Anfangs müssen sich die Lehrkräfte ein Bild vom Sprachstand der Schüler machen. Ein Mädchen sprach zum Beispiel so gut Englisch, dass sie gleich am normalen Englisch-Unterricht teilnehmen konnte.
Die anderen 16 Wochenstunden nehmen sie mit den anderen Schülern am "normalen Unterricht" teil und sollen versuchen, etwas vom Stoff mitzubekommen. "Das ist am Anfang schwer", räumt Persian ein. Durch einen sogenannten sprachsensiblen Fachunterricht soll dies besser gelingen. So müsse ein Mathematik-Lehrer zum Beispiel darauf achten, dass er Fachbegriffe möglichst verständlich erklärt. Spezielle Arbeitshefte erleichtern die individuelle Förderung der Kinder.
Aber manchmal sind es gar nicht die Sprachbarrieren, die Lernhürden darstellen, sondern das auf der Flucht Erlebte. "Einige sind traumatisiert. Wir haben uns externe Hilfe geholt, um diese Kinder zu begleiten", sagt Persian.
Wichtig sei, dass die Neulinge über den Kontakt mit Gleichaltrigen im deutschen Schulsystem Fuß fassen und auch spielerisch die deutsche Sprache erlernen. Dafür begleiten deutsche Schüler die Flüchtlingskinder als Paten.
Nach den ersten zwei Jahren im Sonderstatus steht im Sommer die Entscheidung an, welchem Bildungsgang die Kinder zugewiesen werden - ob sie am Gymnasium bleiben, der Sekundarschule oder dem Berufskolleg zugewiesen werden. "Unser Ziel ist es, dass jeder Schüler bald einen deutschen Schulabschluss bekommt und damit eine Basis erhält, auf der er weitermachen kann", sagt Persian.