Corona in Wermelskirchen Friseure kämpfen gegen den Lockdown-Blues

Unterstraße/Tente · Corona geht an die Substanz. Finanziell und emotional. Friseurmeisterin Maria De Pasquale erzählt, wie sehr die Pandemie dem Handwerk schadet. Sie versucht, positiv zu bleiben und bietet einen Farb-Lieferdienst an.

 Maria De Pasquale (vorne) und ihre Schwester Tindara probieren Hochsteck-Frisuren aus, um im Lockdown aktiv zu bleiben.

Maria De Pasquale (vorne) und ihre Schwester Tindara probieren Hochsteck-Frisuren aus, um im Lockdown aktiv zu bleiben.

Foto: Kathrin Kellermann

Als Maria De Pasquale ihren Salon „Hairstyling@home“ für den ersten Lockdown schließen musste, „habe ich erstmal nur geheult“, gibt die Friseurmeisterin zu. „Es war ein ganz schreckliches Gefühl, nicht arbeiten zu dürfen und von bohrenden Existenzängsten gequält zu werden.“

Nicht anders sind die Sorgen, die ihr jetzt nachts über die Bettdecke laufen, wo gerade Woche fünf des zweiten Lockdowns begonnen hat. Doch diesmal will die 46-Jährige, die seit 16 Jahren selbstständig ist, sich nicht von trüben Gedanken selbst kaputt machen. „Es nutzt ja nichts. Wir müssen durch diese Zeit durchkommen“, sagt sie. Statt die Hände in den Schoß zu legen, absolvieren sie und Schwester Tindara (47), die bei ihr angestellt ist, täglich Webinare, um Inspirationen für neue Hochsteckfrisuren für Freizeit oder Hochzeiten zu bekommen, neue Trends in Farbtechniken zu erlernen oder um sich neue Kniffe fürs Management anzueignen.

 Von Online-Trainerin Judith Heidorn von der „Weddinghair Academy“ haben Maria und Tindara neue Kreationen an Übungsköpfen ausprobiert.

Von Online-Trainerin Judith Heidorn von der „Weddinghair Academy“ haben Maria und Tindara neue Kreationen an Übungsköpfen ausprobiert.

Foto: Kathrin Kellermann

Aktiv sein statt Trübsal blasen. „Es hilft, um emotional von dem Negativen wegzukommen. Und es hilft tatsächlich, etwas zu tun, was Spaß macht und mit dem man sich auch auf die Zeit nach dem Lockdown vorbereiten kann“, gibt Maria zu. „Das ist meine Art, gegen den Corona-Blues anzukämpfen.“ Und auch, um weiter durchzuhalten. „Wirtschaftlich ist diese Zeit eine Katastrophe für uns“, sagt Maria De Pasquale und lächelt resigniert: „In den Köpfen der Menschen ist, dass wir unterstützt werden vom Staat. Aber bei wem kommen die Hilfen denn wirklich an?“, fragt sie. Natürlich habe sie im Frühjahr die Soforthilfe beantragt – und im Sommer prompt Post bekommen, dass „ich die zurückzahlen muss“, sagt sie erschüttert. Dem „Schönreden“ der Politik könne sie deshalb nicht mehr zuhören. „Heute erzählen sie dies, morgen das und währenddessen schwindet meine angesparte Altersvorsorge, weil ich sonst nicht weiß, wie ich aktuell die laufenden Kosten decken soll.“

 Die Inhaberin von „Hairstyling@home“ bietet ein „Farbtaxi“ an. Maria De Pasquale mischt die Farbe für den Haaransatz der Kundin vor deren Haustür an. „Das funktioniert aber nicht bei Strähnchen, weil man die nicht selbst machen kann“, sagt sie.

Die Inhaberin von „Hairstyling@home“ bietet ein „Farbtaxi“ an. Maria De Pasquale mischt die Farbe für den Haaransatz der Kundin vor deren Haustür an. „Das funktioniert aber nicht bei Strähnchen, weil man die nicht selbst machen kann“, sagt sie.

Foto: Privat

Rücklagen seien bei den meisten Selbstständigen längst aufgebraucht, „weil wir bis jetzt insgesamt zehn Wochen schließen mussten. Und ein Ende ist ja noch gar nicht absehbar.“ Was der Besitzerin von „Hairstyling@home“ besonders an die Nieren geht: „So viele Selbstständige haben tolle Konzepte für ihre Läden entwickelt, viel Geld investiert und ihre ganze Leidenschaft in die Arbeit gesteckt – und jetzt gehen wir langsam zugrunde, obwohl wir für die Situation gar nichts können.“ Was sie nämlich überhaupt nicht versteht ist: „Wir dürfen nicht arbeiten, aber die Leute dürfen in den Urlaub fliegen. Wo ist das denn fair?“ Viele ihres Handwerks würden unter dieser Situation nicht nur finanziell, sondern vor allem auch psychisch leiden. 

 Die zarten Blüten machen den Look perfekt für eine Sommerhochzeit.

Die zarten Blüten machen den Look perfekt für eine Sommerhochzeit.

Foto: Kathrin Kellermann

Ein kleiner Lichtblick seien ihre Kunden, von denen sich die meisten schon seit Jahren von Maria und Tindara De Pasquale die Haare machen lassen. Dass die Kunden noch so geduldig sind, Verständnis haben. Das sei ein Segen, sagt Maria De Pasquale. Da hätte sie auch schon anderes im Umfeld gehört. „Aber wir haben wirklich tolle und treue Kunden, auf die ich echt stolz bin, weil sie verständnisvoll sind und uns unterstützen, indem sie Gutscheine kaufen“, gesteht die Salon-Inhaberin dankbar. „Und ich hoffe, dass auch alle geduldig bleiben, wenn der Lockdown noch länger anhalten sollte.“ Denn Hausbesuche, um einer Kundin „mal eben schnell die Haare zu schneiden, können wir nicht anbieten, weil es schlicht verboten ist“, sagt Maria De Pasquale.

Was sie aber anbietet, ist ein „Farb-Taxi“ für Kundinnen, die ihren Haaransatz zu Hause nachfärben wollen. Das Prinzip ist simpel: „Ich fahre zu der Kundin, klingele und mische dann vor der Haustür die richtige Farbe an“, verrät die Friseurmeisterin. „Dann bekommt die Kundin die Schüssel mit Anweisungen, wie lange die Farbe im Haar bleiben muss und los geht’s.“

 Romantische Frisuren bleiben auch in diesem Jahr im Trend.

Romantische Frisuren bleiben auch in diesem Jahr im Trend.

Foto: Kathrin Kellermann

Davon, mit Farbe aus dem Drogeriemarkt zu experimentieren, rät sie ihren Kundinnen dringend ab. Vor allem, wenn sich jemand ungeübt an Strähnchen versucht: „Das kann ganz schnell aussehen wie der gestiefelte Kater.“ Nicht so schlimm sei ein misslungener Selbstversuch beim Haareschneiden. „Haare wachsen wieder, und das kriegen wir nach dem Lockdown wieder hin.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort