Menschen mit Behinderung in Wermelskirchen Ein Zuhause für Nicola und ihre Freunde

Wermelskirchen · Zehn Zimmer in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung sind an der Oberen Waldstraße entstanden – und mit ihnen ein Platz zur Verwirklichung von Träumen. Aktuell sind neun Mitarbeiter für die Bewohner da.

 Eröffnung der neuen Pflege-Wohngemeinschaft Haus Sonnenschein: das Pflege-Team mit Tim Harguth (2.v.l.), Janina Buß (3.v.l.) und Eve Olms (rechts) freuen sich mit den Bewohnerinnen Julia (l.), Nicola (M), Freundin Melanie (2.v.r.) und Stefanie (vorne).

Eröffnung der neuen Pflege-Wohngemeinschaft Haus Sonnenschein: das Pflege-Team mit Tim Harguth (2.v.l.), Janina Buß (3.v.l.) und Eve Olms (rechts) freuen sich mit den Bewohnerinnen Julia (l.), Nicola (M), Freundin Melanie (2.v.r.) und Stefanie (vorne).

Foto: Jürgen Moll

Für Nicola ist es ein großer Tag. Sie hat mit ihren Eltern die Möbel in das neue Zimmer gebracht, den schönen Holzschrank der Großeltern aufgebaut, die Bettdecke bezogen, die ersten Bilder aufgehängt. „Das ist mein neues Zuhause“, sagt die 26-Jährige und weist mit ausgestreckten Armen auf ihre helles Zimmer. Ihre erste eigene Wohnung. „Und das Beste daran ist: Melanie wohnt direkt nebenan“, sagt Nicola dann, und schon kommt eine ihrer besten Freundinnen um die Ecke und nimmt sie glücklich in den Arm. „Wir kennen uns schon seit der Schule“, erklärt Melanie (23), „und jetzt können wir sogar zusammen wohnen.“ Für die beiden jungen Frauen erfüllt sich am Freitagmittag ein Traum. Mit Sack und Pack ziehen sie in die Wohngemeinschaft an der Oberen Waldstraße ein.

Hier ist in den vergangenen drei Jahren ein besonderer Ort entstanden, an dem Menschen mit Behinderung die Unterstützung bekommen sollen, die sie brauchen und die Freiheit, die sie sich wünschen. „Alles fing damit an, dass wir ein Zuhause für unsere erwachsene Tochter gesucht haben“, erinnert Wolfgang Kellner. Sie wollten nicht die Gelegenheit verpassen, um rechtzeitig ein Lebensmodell für die junge Frau zu finden, das im Notfall auch ohne die Eltern auskommt. Also sahen sie sich viele Wohngemeinschaften und Einrichtungen in der Stadt an. „Aber Nicola wollte mit ihren Freunden zusammenleben“, sagt Stephanie Kellner. Also kauften die Eltern ein Haus an der Oberen Waldstraße. „Hier haben wir sofort gesehen, was möglich sein kann“, sagt Wolfgang Kellner. Und vielleicht sei der ausschlaggebende Moment der gewesen, als Nicola im Dachfenster stand, auf den Schwanenplatz blickte und jubelte: „Das ist es. Dann kann ich jeden Tag auf die Kirmes gehen.“

Das Haus verwandelten die Kellners in eine Wohngemeinschaft mit zwei Wohnetagen, zehn barrierefreien Zimmern, sechs Bädern und zwei Teeküchen. Im Erdgeschoss entstand ein Gemeinschaftsraum. „Denn unsere Tochter hat von Anfang an gesagt: Ich wünsche mir einen Raum, in dem wir alle zusammen sein können“, sagt Stephanie Kellner. In genau diesem Raum ist nun nicht nur eine große Küche installiert worden, sondern dort hat auch ein riesiger Holztisch Platz gefunden, auf dem zur Eröffnung Blumen und Kuchen stehen.

Es ist das glückliche Ende einer aufregenden Planungsgeschichte: „Denn mitten im Bau sprangen die Kooperationspartner ab, die sich um Pflege und Betreuung in der WG kümmern wollten“, sagt Wolfgang Kellner. Von Anfang an sei ihnen klar gewesen, dass die jungen Bewohner der Wohngemeinschaft Unterstützung brauchen würden – sowohl bei der Gestaltung ihres Alltags als auch im Pflegebereich. In der Not tauchte der Pflegedienst Wessel auf. „Der große Vorteil: Dort gibt es eine Lizenz für Betreuung und Pflege“, sagt Kellner. Vor allem in Wuppertal und Haan hat das Unternehmen bereits Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderung eingerichtet. „Mit dieser WG sind wir nun auch in Wermelskirchen vertreten“, erklärte Michael Wessel zur Eröffnung.

Aktuell arbeiten neun Mitarbeiter in der WG – und sind rund um die Uhr für die Bewohner da. Künftig könnten bis zu 17 Mitarbeiter im Einsatz sein. „Hochqualifiziert“, erklärt Tim Harguth von der Geschäftsführung des Pflegedienstes, „denn die Mitarbeiter sind sowohl für Pflege als auch für die Betreuung im Einsatz.“ Möchte ein Bewohner einen Ausflug ins Kino unternehmen, kümmern sich die Mitarbeiter um die Anfahrt. Wünscht sich jemand einen Kochkurs, um auch mal für sich alleine sorgen zu können, wird das Angebot ins Programm des Hauses aufgenommen. „Uns geht es um die größtmögliche Mitbestimmung der Bewohner“, erklärt die pädagogische Leiterin Inga Liedtke.

Und so sollen die sieben Bewohner, die schon ins Haus einzogen sind, auch bei der Entscheidung über die drei neuen Mitbewohner einbezogen werden. „Das Interesse ist riesig“, sagt Wolfgang Kellner. Zumal Bewohner mit geistigen wie körperlichen Behinderungen willkommen sind – egal mit welcher Pflegestufe oder mit welchem Behinderungsgrad.

„Jetzt hat Nicola eine zweite Familie gefunden“, sagt Stephanie Kellner und blickt zu ihrer Tochter. Die hat sich gerade bei Melanie untergehakt – um den Gästen gemeinsam ihr neues Reich zu zeigen.

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