Fleischverzehr Fleisch kaufen ist Vertrauenssache

Wermelskirchen · Die Skandale in großen Schlachtbetrieben bringen viele Verbraucher zum Umdenken. „Das ist auch gut so“, sagt Fleischermeister Dirk Lattner.

 Senior-Chefin Elke Lattner besteht darauf jeden Freitag persönlich auf dem Wochenmarkt in Wermelskirchen die Fleisch- und Wurstwaren zu verkaufen, die ihr Sohn Dirk in der Landmetzgerei Lattner herstellt.

Senior-Chefin Elke Lattner besteht darauf jeden Freitag persönlich auf dem Wochenmarkt in Wermelskirchen die Fleisch- und Wurstwaren zu verkaufen, die ihr Sohn Dirk in der Landmetzgerei Lattner herstellt.

Foto: Kathrin Kellermann

Die rotweißen Wagen leuchten den Kunden auf den Wochenmärkten der Region schon von weitem entgegen. Jeden Freitag steht einer der drei, die für die Landmetzgerei Lattner aus Lüffringhausen unterwegs sind, auf dem Wochenmarkt in der Telegrafenstraße. Hier bedient die Senior-Chefin, Elke Lattner, die Kunden, die hier ihre Wurst kaufen, regelmäßig selbst, weil es für sie quasi ein Heimspiel ist. Elke Lattner und die anderen Verkäufer wissen meist schon im Vorfeld, was Frau Meier heute mitnehmen möchte, was Frau Schmidt schmecken könnte und warum Frau Müller keine Wurst mit Bärlauch kauft, weil ihr Mann sie nämlich nicht mag.

„Bei uns ist es halt anders als im Supermarkt, wo man sein abgepacktes Fleisch einfach aus der Kühltheke nimmt und zur Kasse läuft“, sagt Landmetzgerei-Inhaber Dirk Lattner. „Wir haben einen sehr persönlichen Kundenkontakt. Man unterhält sich und deshalb kennen wir auch die Geschichten der Menschen, die bei uns einkaufen.“ Meistens sind es Stammkunden, die auf die Märkte in Remscheid, Wuppertal, Radevormwald und Wermelskirchen kommen. Aber seit den Skandalen um Corona-Fälle in Großschlachtereien, durch die auch die Zustände für die Tiere in den riesigen Zerlegefabriken mit in den Fokus gerückt sind, sind es immer häufiger neue Käufer, die am Wagen stehen und sich nach Wurst und Fleisch erkundigen.

„Natürlich fragen die Leute nach, wo das Fleisch herkommt, das wir verarbeiten und verkaufen“, sagt Dirk Lattner, dem das aber nur recht ist. Denn: „Das Tierwohl ist für uns ausschlaggebend“, sagt der Fleischermeister, der mit zwei Landwirten aus dem Münsterland zusammenarbeitet, bei denen die Fleischrinder (Färsen) in Mutter-Kuhhaltung aufwachsen. „Die Kälbchen sind mindestens ein Jahr mit der Mutter auf der Wiese oder im Offenstall“, erklärt Lattner. Färsen sind weibliche Tiere, die noch nicht gekalbt haben – aber mit gutem Futter und sorglos aufgewachsen sind, bis sie direkt vom Hof abgeholt und in den nahen, privaten Schlachtbetrieb nach Unna gefahren werden. „Kurze Transportwege sind wichtig, damit die Tiere keinen Stress haben“, sagt Dirk Lattner, dem der respektvolle Umgang mit den Lebewesen am Herzen liegt. „Außerdem merkt man es an der Qualität des Fleisches, wenn das Tier gelitten hat. Das ist dann wässriger“, sagt der Fachmann, der Massentierhaltung ablehnt. Wie auch immer mehr Verbraucher, die sich verstärkt Gedanken um Tierhaltung, Fleischherkunft und die Arbeitsbedingungen für das Personal machen, die in riesigen Schlachtbetrieben arbeiten.

 Immer mehr Kunden verzichten auf Billigfleisch im Supermarkt und kaufen Fleisch und Wurst lieber auf dem Wochenmarkt bei der Landmetzgerei, die genau ausweist, wo das Fleisch herkommt, das sie verarbeiten.

Immer mehr Kunden verzichten auf Billigfleisch im Supermarkt und kaufen Fleisch und Wurst lieber auf dem Wochenmarkt bei der Landmetzgerei, die genau ausweist, wo das Fleisch herkommt, das sie verarbeiten.

Foto: Kathrin Kellermann

Lattners Rat für Kunden, die bewusst einkaufen, aber dennoch nicht gänzlich auf Fleisch verzichten wollen: „Halten Sie sich an Ihren örtlichen Metzger. Da stimmt die Qualität der Ware und das Personal ist geschult. Die meisten unserer Mitarbeiter sind seit Jahren bei uns beschäftigt.“

Dass sich das Bewusstsein der Verbraucher ändert und sie eher auf Klasse statt Masse setzen, beobachtet Lattner seit einiger Zeit. „Die Menschen ernähren sich bewusster“, stellt er fest. „Wir verkaufen viel Wurst, die ist beliebt, aber der Fleischverzehr ist nicht mehr so groß wie früher.“ Für ihn selbst ist es ja auch selbstverständlich, sich Gedanken darüber zu machen, was auf seinem Teller landet.

Ehefrau Simone und er bauen deshalb Salat und Gemüse selbst an. „Wir sind fast Selbstversorger, weil es einfach besser schmeckt und wir wissen, dass das Gemüse nicht gespritzt ist, wenn es aus unserem Gewächshaus kommt“, erzählt der bekennende Suppenfan. „Ich liebe Gemüse und Eintöpfe“, gesteht Dirk Lattner. „Linsen mit Rippchen und geräucherten Würstchen – herrlich.“

Wo er die später kauft, wenn er irgendwann in Rente geht und keinen eigenen Betrieb mehr hat? „Das weiß ich noch gar nicht“, gibt Dirk Lattner unumwunden zu. „Wahrscheinlich bei einem Metzger-Kollegen, wenn es dann noch Nachwuchs gibt.“

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