Dem heimischen Wald geht es schlecht Waldbauern haben Zukunftsbäume im Fokus

Wermelskirchen · Als Vorsitzender der Wermelskirchener Forstbetriebsgemeinschaft beobachtet Robert Schmitz jede Entwicklung im heimischen Wald und genauso die wirtschaftlichen Folgen. Wie viele Kleinst-Privat-Wald-Besitzer ist der 61-Jährige auch persönlich betroffen.

 Robert Schmitz ist Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft und Waldbesitzer. Die Fichten im Bildhintergrund pflanzte sein Vater an.

Robert Schmitz ist Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft und Waldbesitzer. Die Fichten im Bildhintergrund pflanzte sein Vater an.

Foto: Stephan Singer

Dass ihm seine aus Siefen am Rande der Weide gespeiste Tränke für seine Mutterkuh-Herde trocken fällt, hat er „in 40 Jahren nicht erlebt“. Und damit macht der Vorsitzende der Wermelskirchener Forstbetriebsgemeinschaft (FBG), Robert Schmitz, deutlich, was ihn umtreibt: Dem heimischen Wald geht es schlecht, Trockenheit und in der Folge wenig Widerstandskraft gegen den Borkenkäfer machen ihm zu schaffen. „Es lässt sich ja nicht jeder Baum gießen“, betont Robert Schmitz. Die Folgen liegen auf der Hand: Durch Stürme, Trockenheit und nunmehr auch Borkenkäfer verursachte Schäden führen zu einer Holzschwemme sowie einem Preisverfall auf dem Markt – für Waldbesitzer, die in Wermelskirchen in der FBG organisiert sind, keine rosige Situation. „Wir haben vor Ort vergleichsweise Glück, weil Kleinst-Privat-Wald-Besitzer, die nicht von der Forstwirtschaft leben, die große Mehrheit sind. Wer große Fläche besitzt, will den Ertrag auch eigentlich als Betriebs-Einkommen nutzen“, beschreibt Schmitz. 

Beim Blick aus seinem Wohnzimmerfenster im beschaulichen Niederhagen sieht der 61-Jährige täglich auf eine Hanglage, die sein Vater mit Fichten bepflanzte: „Damals war ich fünf oder sechs Jahre alt, dort wuchs zuvor nur Farnkraut.“ Anfangs habe die Familie noch mit dem Verkauf von Weihnachtsbäumen einen Ertrag erzielen können, aber heute wolle für diesen Zweck niemand mehr eine Fichte. Und auch das zeigt der Blick aus dem Fenster: „Jetzt ist da der Borkenkäfer drin.“ Die braun verfärbten, toten Bäume sind nicht zu übersehen. Der FBG-Vorsitzende, dem Wald im Bereich Niederhagen oder auch Knochenmühle gehört, wird so zum Beispiel für viele: Waldbesitzer in zweiter oder dritter Generation nach der Anpflanzung, viele Jahre Bestandspflege durch die gezielte Stärkung gut gewachsener Bäume (im Fachjargon: Z-Bäume auswählen, wobei „Z“ für Zukunft steht) und nun ist bestenfalls noch kostendeckender Ertrag möglich. „Eigentlich wachsen diese Bäume jetzt erst ins Geld“, blickt Schmitz auf eine theoretische Ernte, die in der Praxis gerade im wörtlichen Sinn abstirbt: „Waldbesitz kann man nur als Hobby sehen.“ 

Der Elektro-Ingenieur in Rente rechnet vor: Gab es vor drei Jahren noch je nach Holzqualität rund 80 bis 100 Euro für den Festmeter, sind es derzeit etwa 25. Dem gegenüber stehen Erntekosten für Abholzung und Transport von 20 bis 30 Euro. Dabei gilt es einen Kampf gegen die Zeit zu gewinnen: Vom Borkenkäfer befallene Bäume müssen möglichst schnell aus dem Wald, damit die Brut des Käfer aus dem Forst kommt und nicht Blaufäule die Holzqualität mindert.
Stamm-, Papier- und Industrieholz sowie Brennholz sind der hauptsächliche Bestimmungszweck der geschlagenen Stämme aus heimischem Wald, in dem Fichten knapp 50 Prozent des Bestandes ausmachen. Das meiste Holz ginge derzeit in Containern nach China. „Dafür werden die langen Stämme noch im Wald genau auf das Containermaß geschnitten, verladen und direkt zum Hafen nach Holland gefahren“, berichtet Robert Schmitz. Weiteren Bedarf hätten ortsnahe Firmen, die Brennholz fertigen und verkaufen. Einige Waldbesitzer würden sich ihre zehn bis 15 Festmeter für den eigenen heimischen Kamin-Ofen machen.
Für ein „Hobby“ tragen Waldbesitzer reichlich Verantwortung. Sie müssen dafür sorgen, dass im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht keine erkennbaren Gefahren vom Wald ausgehen. Als Unternehmer müssen sie Mitglied in der Berufsgenossenschaft werden und sich um die Risiken eines Waldbrandes kümmern. Die FBG unterstützt hier die in der Bewirtschaftung benachteiligten kleinen Privatwaldbesitzer mit Sammelversicherungen (Haftpflicht, Brand) sowie dem Holz-Kontor als Vermarkter für das geerntete Holz.
„Der Klimawandel ist nicht zu leugnen. Im Osten Nordrhein-Westfalens gehen selbst die robusten Buchen ein“, stellt Schmitz fest. Die große Frage wäre: Was wird in Zukunft angepflanzt - da seien selbst Experten noch ratlos. „Wir müssen die Zukunftsbäume im Fokus haben“, untermauert Schmitz und meint damit sowohl die im Wald bestehenden Bäume als auch bisher in unserer Region nicht angebaute Arten, die möglicherweise weniger empfindlich auf Trockenheit reagieren.
Für uns Otto-Normal-Verbraucher bieten Waldbesitzer einen öffentlich zugänglichen Erholungsraum und das begrüßt Robert Schmitz: „Unsere Region ist für Tourismus toll und der soll nach vorne.“ Aber: Freilaufende Hunde und Mountbike-Fahrer mitten im Wald seien für Forstbesitzer nicht „so prickelnd“. Gerade in der Zeit von Mai bis Juli, wenn die Wildtiere ihre Nachzucht groß ziehen, sollten Waldgebiete und insbesondere die Naturschutzgebiete nach Ansicht von Robert Schmitz nur zurückhaltend besucht werden. Die Praxis – verstärkt durch die Corona-Phase – sähe jedoch ganz anders aus. Und in den Augen des FBG-Vorsitzenden treiben auch Naturschutzgesetze widersprüchliche Blüten: „Taucht irgendwo eine bestimmte Vogel-Art auf, darf ich im Umkreis von 300 Meter keinen Baum mehr anfassen, aber im Abstand von weniger als 100 Metern turnen Hundebesitzer mit ihrem nicht angeleinten Vierbeiner herum.“

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