Konzert in Wermelskirchen Gitarren-Klangkunst für pures Wohlbefinden

Wermelskirchen · Vier musikalische Hochkaräter waren mit ihren Gitarren am Mittwochabend zur neuesten Ausgabe der International Guitar Night in die sehr gut besuchte Kattwinkelsche Fabrik gekommen.

 Sophie Chasseé begeisterte das Publikum mit ihrer warmen und voll klingenden Stimme und modernen Herangehensweise ans Songwriting.

Sophie Chasseé begeisterte das Publikum mit ihrer warmen und voll klingenden Stimme und modernen Herangehensweise ans Songwriting.

Foto: Christian Olschina

So richtig erinnern konnten sich weder Achim Stollberg noch Peter Finger, die wievielte „International Guitar Night“ es in der Kattwinkelschen Fabrik tatsächlich war. „Irgendwann nach dem Krieg“, mutmaßte Finger selbstironisch, dürfte er erstmals in Wermelskirchen gewesen sein. Das Jahr Zwangspause wegen Corona sei jedenfalls zu lange gewesen. „Junge, seid ihr groß geworden“, sagte er, ehe er die einzige schlechte Nachricht des Abends verkündete.

Weil sie sich nicht hätten impfen lassen wollen, seien die georgischen Brüder Nick und David Kvaratskhelia nicht mit auf Tour gekommen – da sie bei den zahlreichen 2G-Veranstaltungen nicht hätten auftreten können. In der Katt galt am Mittwoch indes noch die 3G-Regel. Doch das war es dann auch schon an Trübsal – der Rest des Abends war reine Klangkunst.

Zum einen hatte Finger es geschafft, mit dem Franzosen Michel Haumont für mehr als gleichwertigen Ersatz zu sorgen. Und zum anderen sorgten auch die anderen Künstler dafür, dass die Gitarrenliebhaber in der sehr gut besuchten Katt mehr als nur zufrieden in die Herbstnacht gehen konnten.

Da war etwa Dylan Fowler, Typ distinguierter Gentleman von der britischen Insel, der sich nicht nur mit seiner Begrüßung in die Herzen der Besucher schlich: „Ich komme aus Wales – and that is the end of my German.“ Im Anschluss verzauberte er sein Publikum mit einer hochvirtuos dargebotenen Mischung aus keltischen Melodien, sphärischen Klängen und zu Tönen gewordenen Bildern aus seiner Heimat. Die Stücke, bei denen jede Nuance ein hingehauchter Klangtupfer war, waren ein wohlig-warm temperiertes Bad für die Seele.

Ganz ähnlich war das Spiel des Franzosen Haumont. Der betrat die Bühne mit seiner Akustikgitarre, stöpselte sie ein, setzte sich und begann zu spielen. Ein rund vierminütiges Stück, frisch wie der junge Morgen, temperamentvoll und leicht. Oder ein Schlaflied für eine seiner vier Enkelinnen, das das Publikum indes eher verzückte als müde machte. Haumont, ein liebenswerter und zurückhaltender Mann, sagte auf durchaus respektablem Deutsch, dass ihm das Sprechen schwer falle – „mit der Gitarre ist es leichter“. Und damit servierte er die nächste Wahrheit des Abends: Musik ist die universelle Sprache.

Anders, aber genauso eindrucksvoll, war dann Sophie Chasseé aus Deutschland. Die Musikerin war nicht nur die einzige Frau des Abends, sondern auch mit Abstand die jüngste Künstlerin. Mit ihrem perkussiven Spiel, bei dem sie an ihrer Gitarre nicht nur die Saiten, sondern auch den Korpus bearbeitete, mit ihrer warmen und voll klingenden Stimme und der modernen Herangehensweise ans Songwriting, sorgte sie für große Begeisterung. Die sie wohl selbst sogar ein wenig überrascht. Was sie wiederum noch sympathischer erscheinen ließ – und was bei der großen Klasse von Songs wie „November“ oder „I Should Have Known Better“ durchaus etwas heißen mochte.

Man kam nicht umhin, Peter Finger für sein einmal mehr großartiges Händchen bei der Auswahl seiner Mitmusiker zu gratulieren. Dabei sorgte aber auch er für Staunen und Begeisterung mit seinem virtuosen Spiel, das zwischen den Polen Klassik, Jazz und Weltmusik so selbstverständlich hin und her changierte, dass man von Grenzüberschreitung gar nicht mehr sprechen wollte, sondern vielmehr vom Verschwimmen selbiger. Zu einem großen Ganzen. Vielleicht sogar zum Ursprung der Musik überhaupt. Zumindest aber zu einer sehr, sehr gut gespielten Version davon.

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