Trotz Konkurrenz großer Städte und Onlinehandel Wermelskirchen verliert wenige Geschäfte

Wermelskirchen · Das Einzelhandelskonzept soll fortgeschrieben werden. Es fließt Kaufkraft aus Wermelskirchen ab.

 Die Telegrafen-Passage wird derzeit umgebaut. Hier soll auch ein Bioladen einziehen. Das Kaufkraftpotenzial ist da. Denn Wermelskirchener kaufen auch außerhalb ihrer Stadt Lebensmittel

Die Telegrafen-Passage wird derzeit umgebaut. Hier soll auch ein Bioladen einziehen. Das Kaufkraftpotenzial ist da. Denn Wermelskirchener kaufen auch außerhalb ihrer Stadt Lebensmittel

Foto: Udo Teifel

Im Idealfall bleibt die Kaufkraft der Bürger dort, wo sie wohnen – in ihrer Stadt. Doch gerade Kleinstädte können nicht das Spektrum an Waren anbieten, mit dem die großen Zentren aufwarten. So wandern Kunden in Mittel- (zum Beispiel Remscheid) und Oberzentren (Köln) ab. Außerdem ist eine mächtige Konkurrenz durch den Onlinehandel entstanden. Demnach fließt Kaufkraft ab. Wermelskirchener kaufen zum Beispiel Elektrogeräte in Nachbarstädten, weil hier das Angebot fehlt.

Was können Städte wie Wermelskirchen unternehmen, um Kaufkraft zu halten? Die Städte können steuernd eingreifen, wenn in Ortsteilen ein Angebot fehlt – insbesondere was Waren des täglichen Bedarfs anbelangt. An zwei Stellen haben Stadt und Politik nachgesteuert: indem eine neue Einzelhandelsfläche in Dabringhausen ausgewiesen wurde und durch den Verkauf des Loches-Platzes an einen Investor, der einen Gebäudekomplex mit Einzelhandelsschwerpunkt errichtet. Den Experten zufolge fließt hier sogar Kaufkraft in der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel ab. Die sogenannte Handelszentralität liegt nicht bei 100, sondern nur bei 77. Mit zwei neuen Schwerpunkten wird sich das ändern.

Was ist die Grundlage solcher Entscheidungen? Eine Richtschnur für Entscheidungen über neue Standorte für Einzelhandel liefert das Einzelhandelskonzept. Das ist eine Art Gutachten mit Untersuchungen des Ist-Zustands. Die Bezirksregierung Köln hatte in Gesprächen über die geplante Ansiedlung des großflächigen Edeka-Markts in Dabringhausen darauf hingewiesen, dass das Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2014 überholt ist und dringend fortgeschrieben werden sollte. Dafür hat die Stadt 2018 die „CIMA Beratung + Management“ beauftragt. Sie hat inzwischen nach einer umfangreichen Bestandsaufnahme den Entwurf der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts vorgelegt. Der Stadtrat entscheidet darüber.

Was wurde im Vorfeld untersucht? Im Zeitraum Oktober/November 2018 erfolgte durch die CIMA eine Vollerhebung aller Einzelhandelsnutzungen im Wermelskirchener Stadtgebiet, dazu gehörte unter anderem eine Aufnahme der Betriebe nach Standort, Verkaufsfläche, Branche und Betriebstyp.

Was gibt es an Einzelhandel in Wermelskirchen? Insgesamt gibt es 190 Betriebe, die auf einer Verkaufsfläche von 44.230 Quadratmetern Waren verkaufen und einen jährlichen Gesamtumsatz in Höhe von 138,9 Millionen Euro erzielten. An der Spitze lag dabei die Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel in 58 Betrieben mit 60,9 Millionen Euro. Sie dominiert die Einzelhandelsstruktur. Die CIMA legt 31 Einzelbranchen zugrunde.

Wie sieht die Entwicklung in Wermelskirchen aus? Dr. Wolfgang Haensch, Büroleiter der CIMA in Köln, stellte der Politik jetzt den Entwurf des Konzepts vor. Anders als andere Städte vergleichbarer Größe sei der Einzelhandelsstandort noch recht stabil. „Sie sind in den vergangenen zehn Jahren gut durchgekommen“, urteilte Haensch. Damit meinte er die weitgehend stabile Anzahl der Geschäfte und die Größe der Verkaufsflächen. Auch wenn die Verkaufsflächendichte etwas unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Für das Wermelskirchener Stadtgebiet kann seit 2014 ein Rückgang der Betriebszahlen (-17) bei einem gleichzeitigen Anstieg der Gesamtverkaufsfläche (+2610 m²) festgestellt werden. Der Umsatz war annähernd stabil.

Wer kauft in Wermelskirchen ein? Das Institut für Handelsforschung Köln hat im Jahr 2018 bundesweit eine Passantenbefragung mit dem Titel „Vitale Innenstädte 2018“ durchgeführt. Auch Wermelskirchen hat an dieser Befragung teilgenommen. Bei einer Stichprobengröße von insgesamt 446 Befragten in der Innenstadt gaben über 85 Prozent aller Befragten Wermelskirchen als Wohnort an. Besucher von außerhalb spielen demnach lediglich eine untergeordnete Rolle für den Standort Wermelskirchen als Handelsstandort. Es seien deshalb nur geringe Kaufkraftzuflüsse in das Wermelskirchener Stadtgebiet zu erwarten.

Wie hoch ist die Kaufkraft? Die Kaufkraft liegt vier Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Jeder Einwohner hat nach Berechnungen der Fachleute eine durchschnittliche Kaufkraft von 5602 Euro im Jahr.

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