Tradition in Dhünn Bandwebermeister sticht Kirmesfass an

Wermelskirchen · Markus Causemann arbeitet in Dhünn noch mit „Barmer Bandstühlen“ und stellt damit ein ­Traditionsprodukt her, das es so woanders nicht gibt.

 Markus Causemann zeigt, dass die „Barmer Bandstühlen“ keine Sitzgelegenheiten, sondern Maschinen sind.

Markus Causemann zeigt, dass die „Barmer Bandstühlen“ keine Sitzgelegenheiten, sondern Maschinen sind.

Foto: Stephan Singer

Es ist eine Tradition, auf die der Dhünnsche „Bürgermeister“ und Vorsitzende des Verkehrs- und Verschönerungsvereins (VVV) als Ausrichter der Kirmes im Dorf, Frank Jäger, besteht: Zur Dhünner Kirmes schlägt stets ein Handwerksmeister aus dem Dorf das erste Fass – den „Großkopferten“ überlässt der VVV zur Eröffnung der drei Festtage das Reden schwingen. In diesem Jahr, zur wegen der Corona-Pausen ersten Dhünnschen Kirmes nach 2019, ist die Wahl auf Markus Causemann gefallen.

Ob das wohl gut geht ? Denn der 49-Jährige, den viele unter seinem Spitznamen „Causi“ kennen, ist einst im „Konkurrenz“-Dorf, genau in Dabringhausen-Linde, aufgewachsen. Er lebt allerdings seit mittlerweile 20 Jahren im Dorfkern mit bester Balkon-Aussicht auf die Dhünner Kirche. „Ein wenig aufgeregt bin ich schon, denn ich will mich natürlich nicht blamieren. Der Hammer soll treffen und das Bier schnell gezapft werden“, blickt Markus Causemann im Gespräch mit unserer Redaktion auf die Kirmeseröffnung am Samstag, 20. August, um 15 Uhr aus.

Markus Causemann ist seit 24 Jahren Bandwebermeister, genauer Industriemechanikermeister, Fachrichtung Textil. Um seinen Meistertitel zu erlangen, belegte er einst einen Kurs in Wuppertal. „Obwohl es fast ein Vierteljahrhundert her ist, bin ich der bislang letzte Textilmechaniker aus dem Dorf, der einen Meister gemacht hat“, erläutert Markus Causemann, den mit der Schwebebahnstadt nicht nur der dort absolvierte Meisterkurs verbindet. Der Grund: In seinem Betrieb an der Schulstraße arbeitet Markus Causemann mit sogenannten „Barmer Bandstühlen“, die nichts mit einer Sitzgelegenheit zu tun haben. „Diese Maschinen fertigen ein Ergebnis wie aus einem Handwebrahmen. Die Binden haben zwei gewebte Kanten – bei modernen Maschinen ist es eine gewebte und gehäkelte Kante“, erläutert Markus Causemann: „Es gibt keine Maschine, die das so kann.“ Zwei gewebte Kanten sorgten für höhere Stabilität und Haltbarkeit.

 Das Endergebnis am Ende der Produktion ist ein Nischenprodukt: Binden mit zwei gewebten Kanten, die für hohe Stabilität sorgen.

Das Endergebnis am Ende der Produktion ist ein Nischenprodukt: Binden mit zwei gewebten Kanten, die für hohe Stabilität sorgen.

Foto: Stephan Singer

Mit seinen 14 in Betrieb befindlichen „Barmer Bandstühlen“ stellt Causemann Verbandstoff her. Dieser dient als Trägermaterial für Zinkleimbinden, mit denen Halbstarrverbände entstehen, die zum Beispiel zur Therapie eines „Tennisarms“ zum Einsatz kommen. „Das ist ein Nischenprodukt, mit dem wir am Markt bestehen können“, sagt Markus Causemann, dessen Firma mit vier Vollzeit-, drei Aushilfskräften sowie einer Teilzeitkraft funktioniert und sich gegen industrielle Großfertigung behaupten muss.

22 Mitarbeiter und eine Filiale in Neuenweg hatte einst der Betrieb, den Markus Causemanns Vater Hubert im Jahr 1985 von der Familie Funke übernahm, nachdem er zuvor dort jahrelang beschäftigt war. Markus Causemann erinnert, was sein 82-jähriger Vater, der bis heute im Betrieb mithilft, ihm erzählte: „Diese Bandstühle wurden 1958 gekauft. Eine Hälfte gebraucht, die andere Hälfte neu.“

Sein Vater habe sein Leben lang an der Schulstraße „geplockert“, bemerkt Markus Causemann nicht ohne spürbaren Stolz: „Durch Um- und Anbauten ist der Standort an der Schulstraße über die Jahrzehnte gewachsen.“ Und die nötigen Tricks und Kniffe für die betagten Maschinen habe er auch durch seinen Vater kennengelernt: „Solche Bandstühle haben mit Logik nicht viel zu tun. Um die am Laufen zu halten, muss schon mal an einer Stelle ein Stückchen Pappe drunter, hier mal geschoben, dort mal gedreht werden.“

Obwohl er feststellt, dass er mit seiner Art der Produktion „quasi Steinzeit“ sei, freut es Markus Causemann, dass sich sein Betrieb in die Historie des Dhünnschen Dorfes einfügt: „Nicht umsonst ist das Weberschiffchen im Wappen von Dhünn zu finden.“ Einst war es Gang und Gäbe, dass die Bewohner von Dhünn tagsüber in der Landwirtschaft arbeiteten und sich abends für einen Zusatzerwerb noch an den Webstuhl setzten.

Für Markus Causemann ist unterdessen klar, dass über die Zeit des Kirmes-Wochenende im eigenen Betrieb nicht so viel gearbeitet wird: „Ich habe mega Bock auf die Kirmes, die in den vergangen Jahren gefehlt hat. Das ist für Dhünn ein ganz spezielles Wochenende. Da muss sich niemand verabreden, weil eh jeder da ist.“ Markus Causemann, der bereits am Freitag, 19. August, vor der Eröffnung am darauffolgenden Samstag beim Aufbau hilft, beobachtet mit Freude: „Nachdem das Dorf beinahe mal auszusterben schien, blüht es in den vergangenen zehn Jahren sichtbar auf. Es sind wieder junge Leute und junge Familien mit Kindern da. Das tut mit Sicherheit auch der Dhünnschen Kirmes gut.“

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