Film-EckWermelskirchen Eine Liebe ohne Happy End

Wermelskirchen · Jutta Seifert und Karl Hartmann liefern sich im Film-Eck romantische Wortgefechte.

 Szene aus dem Stück „Der letzte Vorhang“ mit Jutta Seifert und Karl Hartmann

Szene aus dem Stück „Der letzte Vorhang“ mit Jutta Seifert und Karl Hartmann

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Theater im Theater – das Konzept, ein Publikum mit hinter die Kulissen zu zwei Schauspielern zu nehmen, ist so interessant wie vielfältig. Zum Auftakt in die neue Saison im Film-Eck gab es am Donnerstagabend das Stück „Der letzte Vorhang“ der niederländischen Autorin Maria Goos in einer Inszenierung von Rainer Muxfeldt zu sehen, in dem genau das passiert.

Lies (Jutta Seifert) und Richard (Karl Hartmann) sind zwei Schauspieler, die einst ein Traumpaar waren, an dem der Zahn der Zeit aber genagt hat. „Wir sind die emotionale Elite“, sagt Richard. „Wir sind dressierte Affen“, kontert Lies. Zehn Jahre nach der letzten gemeinsamen Arbeit treffen sich die beiden wieder, um noch einmal mit dem Stück, das seinerzeit ihr Durchbruch war, die Bühnen zu erobern.

Diese Konstellation birgt Potenzial – im Guten wie im Schlechten. Denn während sich Richard vor allem dem Alkohol hingegeben hat – „mit Durst hat das doch schon lange nichts mehr zu tun“, sagt Lies dazu – lebt Lies mittlerweile in Südfrankreich, ist dort verheiratet und zumindest nach außen hin glücklich. Allerdings ist da natürlich aufgrund der langen gemeinsamen Vergangenheit ein ganzer Sack voller Emotionen, der im Lauf der Geschichte zum Vorschein kommt. Vor allem in Form von mitreißenden Dialogen zwischen Lies und Richard, die eine unterschwellige Spannung transportieren, die überaus deutlich macht, dass nichts jemals wirklich beendet ist.

Dazu kommt dann das zumindest zu Beginn etwas verwirrende Konstrukt des Zeitsprungs. Denn nur der Haupterzählstrang liegt in der Gegenwart. Und da genießen Lies und Richard nicht nur ihre gegenseitige Anziehungskraft, die fraglos noch vorhanden ist, sondern stellen ganz ironisch und sarkastisch auch ihre jeweiligen Lebensentwürfe auf den Prüfstand. Was letztlich Hand in Hand geht, denn irgendwo ist da immer die Frage, warum es nicht miteinander gegangen ist, warum aber scheinbar auch nicht ohne. Und auch in die Vergangenheit geht es, was dann Einblicke in das besagte Theaterstück bietet, das an „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“, das große Gesellschafts-Dramas von Edward Albee erinnert.

Das Duo Seifert/Hartmann agiert dabei nicht nur sehr souverän, die Dialoge sitzen, die Spitzen und Pointen ebenfalls. Auch die Chemie der Rollen stimmt. Und es hat auch durchaus etwa Melodramatisches, wenn Lies und Richard nach einem Spaziergang im Regen im durchsichtigen Regencape und in melancholischer Erinnerung an ältere, gemeinsame Zeiten versunken, den Jazz-Klassiker „Autumn Leaves“ ansingen. Letztlich geht es in diesem abwechslungsreichen Kammerstück nämlich um vertane Chancen, um das „Was-wäre-wenn?“ und die Frage, warum man es denn nur einfach nicht zusammen hat schaffen können.

Am Ende scheint alles ganz einfach: „Du darfst nie wieder weg gehen“, sagt Richard. Aber die Tragik gewinnt. „Ich lasse mir mein Leben nicht wieder von Dir bestimmen“, sagt Lies, im sichtbaren Hadern ihrer Gefühle gefangen. Und doch, gänzlich desillusioniert sind beide nicht. „Wenn wir es Liebe nennen würden, würde es etwas ändern?“, fragt Richard noch. Dann wird noch Ernest Hemingway zitiert: „Für zwei Menschen, die sich lieben, gibt es kein Happy End.“ Und so verschwindet Richard nach der gelungenen Premiere. Zurück bleibt eine dieser beiden Liebenden ohne Happy End. „Ich wünschte, ich könnte dir mehr bieten“, sagt Lies‘ Mann Wouter noch. „Es ist genug, es ist genug“, antwortet sie.

Ja, ein Happy End sieht wirklich anders aus. Aber für Jutta Seifert und Skale Hartmann gibt es doch eines – in Form langen und dankbaren Applauses des Publikums.

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