Eigenheim in Wermelskirchen Bauen soll wieder sozialer werden

Wermelskirchen · Vor 30 Jahren entstand der erste Bauabschnitt im Neubaugebiet Braunsberg. Dort ebnete ein besonders soziales Modell vielen jungen Familien den Weg zum Eigenheim. Etwas, das die Stadt auch heute wieder fördern will – nur anders.

 So sieht der erste Bauabschnitt des Baugebiets Braunsberg heute aus. Ein Blick auf die Straße Jagdfeld, nebenan liegen Fuchsbau und Hasenpfad.

So sieht der erste Bauabschnitt des Baugebiets Braunsberg heute aus. Ein Blick auf die Straße Jagdfeld, nebenan liegen Fuchsbau und Hasenpfad.

Foto: Meuter, Peter (pm)

Alois Göpfert erinnert sich noch genau daran, wie er und seine Frau im Jahr 1989 eine bezahlbare Wohung in Wermelskirchen suchten. Zu dem Zeitpunkt wohnte die kleine Familie in Burscheid, er arbeitete in Wermelskirchen. „Und dann war das zweite Kind unterwegs, die Wohung wurde zu klein“, sagt Göpfert. Doch zur Miete fanden sie nichts, schon damals war das Wohnen teuer. Also ein Grundstück kaufen und selbst bauen? „Das konnten wir uns nicht leisten.“ Die Lösung ihrer Probleme fanden sie im damaligen Neubaugebiet Braunsberg.

Dort baute die Firma Runkel als Generalunternehmer Ein- und Zweifamilienhäuser, erinnert sich Göpfert. Das Besondere daran: Die Firma hatte mit dem Eigentümer der Fläche, Landwirt Eugen Biesenbach, einen sogenannten Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen. Was das bedeutet? „Wer dort bauen wollte, musste das Grundstück nicht selbst kaufen“, erklärt Göpfert. Stattdessen blieb der Boden unter den neuen Häusern im Besitz des Eigentümers. Der räumte den Bauherren ein Wohnrecht von (mindestens) 99 Jahren ein und kassierte dafür jährlich einen Betrag als Pacht. „So haben wir uns viel Geld gespart“, sagt Göpfert. Geld, das die Familie damals nicht so einfach hätte aufbringen können. „Ohne dieses Erbbaurechts-Modell hätten wir den Sprung ins kalte Wasser nicht gewagt“, sagt Göpfert.

 Alois Göpfert hat vor 30 Jahren am Braunsberg gebaut und wohnt heute noch dort.

Alois Göpfert hat vor 30 Jahren am Braunsberg gebaut und wohnt heute noch dort.

Foto: Meuter, Peter (pm)

Heute ist der 64-Jährige froh, dass es diese Möglichkeit gab. Denn genau wie die Göpferts nutzten viele junge Familien das vergleichsweise kostengünstige Angebot. „So haben wir uns von Anfang an wohl gefühlt. Alle waren im gleichen Alter. Viele Freundschaften sind entstanden – sowohl unter den Kindern als auch unter den Eltern“, sagt Göpfert. „Dieses Modell hatte auch einen großen sozialen Aspekt, der genau das ermöglicht hat.“

Etwas, das er 30 Jahre später in Wermelskirchen vermisst. Dafür kritisiert er vor allem die Stadtverwaltung. „Klamme Städte treiben vielerorts die Preise“, sagt Göpfert. Etwa dann, wenn Grundstücke in Neubaugebieten höchstbietend versteigert werden. „Dann wird es schwierig für junge Familien“, sagt Göpfert, „aber will man nicht genau die hier haben?“

 Eine Archivaufnahme zeigt den ersten Bauabschnitt des Braunsberg zur Bauzeit im Jahr 1989.

Eine Archivaufnahme zeigt den ersten Bauabschnitt des Braunsberg zur Bauzeit im Jahr 1989.

Foto: Hans Dörner

Die Antwort der Stadt kurz zusammengefasst: ja. In der Verwaltung ist bekannt, dass die Preise für Einfamilienhäuser längst nicht mehr jeder stemmen kann. „Das hat sich über den Markt leider nicht geregelt“, sagt Florian Leßke, Leiter des Amts für Stadtentwicklung. Soziale Aspekte seien beim Schaffen von Bauland bisher kein Thema gewesen, sollen es aber zukünftig sein. „Wir müssen mehr steuern, wer Wohnbauland bekommt“, sagt Leßke. Deshalb hat die Politik schon im Dezember die sogenannte „Wohnbaulandinitiative Wermelskirchen“ beschlossen. Ziel ist, dass Menschen hier passende Wohnungen, Häuser und Baugrundstücke finden.

Jetzt sagte Leßke erstmals, wie sich die in der Planung befindliche Initiative das vorstellt: „Wir werden bei privaten und unseren eigenen Flächen nur noch Baurecht schaffen, wenn bestimmte Regeln erfüllt werden.“ Etwa, dass eine bestimmte Häuseranzahl zu einem gedeckelten Preis verkauft werden muss oder bestimmten Personengruppen vorbehalten ist. Nach dem Sommer werden die Pläne detailliert vorgestellt.

Ob auch das Braunsberger Modell des Erbbaurechts dann eine Rolle spielen wird, ist noch offen. Die Stadt sei seit den 1930er Jahren vielfach als Verpächter aufgetreten, sagt Leßke. „Zuletzt war das Modell nur weniger gefragt. Nach jetzigem Stand ist das Erbbaurecht für die Zukunft weder ausgeschlossen noch fest eingeplant“, sagt Leßke.

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