Serie Mein Instrument und ich „Musik ist für mich etwas sehr Persönliches“

Wermelskirchen · Dietmar Paulig hat Musik studiert, aber das Klavier aufgegeben. Als sein Sohn die Musikschule schwänzte, fand er zurück zu dem Instrument.

 Das Klavier von Dietmar Pauligs Großvater ist ein Instrument, das zugleich auch ein schönes Möbel- und Erinnerungsstück ist.   Foto: Jürgen Moll

Das Klavier von Dietmar Pauligs Großvater ist ein Instrument, das zugleich auch ein schönes Möbel- und Erinnerungsstück ist. Foto: Jürgen Moll

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Wer Dietmar Paulig zu einem kleinen Klavierkonzert überreden will, der bekommt einen Korb. Freundlich, aber bestimmt. Nein, er spiele nicht vor. Nie. Schüler zu begleiten, das sei keine große Sache. Und mal im Beisein seiner Frau dem Klavier eine Melodie entlocken, das mache er auch. Aber ein Klavierkonzert – nein. „Musik ist für mich etwas sehr Persönliches“, sagt er. Das gilt für die Melodien von Beethoven und Bach, für Jazz und Pop. Umso wichtiger sind ihm diese Momente an dem alten Klavier seines Großvaters, das gleichzeitig Möbel- und Erinnerungsstück ist. Dann legt er die Finger auf die Tasten, improvisiert und zaubert, und manchmal greift er auch zu den Klassikern und spielt nach Notenblatt. Für sich.

Dabei hatte er den Draht zum Klavier schon fast verloren. „Ich war nie ein begabter Musiker“, sagt er. Und doch habe Musik in seinem Leben immer eine Rolle gespielt. Sein Vater spielte Klavier, seine Mutter sang im Kirchenchor. Den Kindern lagen die Melodien im Blut. Mit zehn bekam er den ersten Klavierunterricht, gab ihn schnell auf und widmete sich der Posaune. Als er sich neben dem Sport- auch für das Musikstudium entschied, um Lehrer zu werden, widmete er der Posaune das Hauptfach, dem Klavier aus alter Gewohnheit das Nebenfach. Stundenlange Übungseinheiten an den Tasten gehörten zur Vorbereitung auf die entscheidenden Prüfungen. Als er dann mit Ehefrau Jutta Kinder bekam, genoss er es, Schlaflieder und Kindermelodien spielen zu können, dachte sich zu den Geburtstagen fröhliche Rhythmen aus und spielte sie für die Kinder – auf dem alten Klavier des Großvaters, der einst beseelt war von den Tönen des Instruments.

Die Kinder wuchsen, das Klavier geriet in Vergessenheit. Vor 15 Jahren klingelte dann das Telefon. „Der Klavierlehrer meines Sohnes fragte: Wo ist Michael?“, erzählt Paulig und schmunzelt. Der Junge hatte lieber Keyboard statt Klavier lernen wollen und den Musikschulunterricht schließlich nicht mehr besucht. Und weil der Vertrag für das laufende Schuljahr nicht mehr gekündigt werden konnte, ging eben Dietmar Paulig selbst zum Unterricht – und traf dort auf Klavierlehrer Andreas Kämmerling.

„Das war so krass“, sagt er heute. Der Lehrer wurde wieder zum Schüler. Wenn er nicht genug übte, würde er gerügt. „Aber dieses Mal wollte ich etwas lernen“, sagt Paulig. Improvisation und Liedbegleitung vereinbarten der Klavierlehrer und sein Schüler als gemeinsames Ziel. Und Dietmar Paulig wurde eine neue Welt eröffnet: 15 Jahre lang blieb er in der Musikschule – seit Ostern macht er eine Pause. Er begann mit leichten Stücken von den Beatles, improvisierte zu „Yesterday“ und setzte sein theoretisches Wissen in den Kontext, machte Musik daraus. Seitdem begleitet er Lieder in der Schule, improvisiert alleine am Klavier und lässt die Finger fliegen.

„Da setzte sich etwas in meinem Kopf fest“, sagt er, „das ist ein faszinierender Prozess – auch weil ich nicht mehr der Jüngste bin.“ Und dieser Prozess sei noch nicht am Ende. Deswegen stehe für ihn fest, dass er nochmal zurückkehren will in den Musikschulunterricht. Bis dahin allerdings übt er wieder Schlaf- und Kinderlieder – für das erste Enkelkind.

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