Telefonseelsorge im Bergischen Land Seelsorger vorbereitet für Weihnachten

Wermelskirchen / Remscheid / Solingen · Nicht nur die Telefonseelsorge ist an den Weihnachtsfeiertagen besetzt, um mit Menschen zu reden, die durch die Corona-Krise in diesem Jahr alleine feiern. Auch der Kirchenkreis Lennep hat ein „Weihnachts-Telefon“ eingerichtet.

Foto: dpa/Sina Schuldt

Für viele Menschen wird dieses Weihnachtsfest ein einsames und trauriges. Denn statt sich auf Freunde und liebe Verwandte zu freuen, die zu Besuch kommen und mit einer Umarmung Trost und Halt spenden, oder das Fest mit Geschwistern, Kindern und Enkeln zu feiern, werden einige an diesen Tagen alleine feiern. Oder vor dem Fernseher versuchen, nicht an das Familienfest zu denken. „In diesem Jahr ist kein Weihnachten“, haben sich einige schon gesagt, um keine depressive Verstimmung oder Traurigkeit aufkommen zu lassen. Und um einen Versuch zu unternehmen, die ganz eigenwillige Stille, die die Weihnachtstage und vor allem den Heiligabend ab nachmittags stets umgibt, zu verdrängen. Um all jenen Menschen, die vor allem zu Weihnachten trauriger, alleine oder einsam beizustehen, ist die Telefonseelsorge rund um die Uhr erreichbar. Dass auch an den Festtagen die Telefone und Internet-Chats besetzt sind, war schon immer so.

Doch die Corona-Krise sorgt für mehr Nöte: „Seit Anfang November bekommen wir vermehrt Anrufe“, sagt Hans Frantzen, Vorsitzender der Telefonseelsorge Solingen. „Die Menschen sind verzweifelt, weil sie nichts unternehmen können und sie sehr einsam sind. Sie sind froh, dass sie jemanden haben, mit dem sie reden können und der ihnen zuhört. Und das tun wir.“ Die Kontaktbeschränkungen verhindern es, dass Menschen nachmittags einen Spaziergang unternehmen und in einem Café einen Plausch mit anderen halten zu können.

Diese kurzen, innigen Gespräche, ein freundlicher Gruß, ein Lächeln und das heimelige, vertraute Gefühl in ihren Kirchen wird auch vielen fehlen. Die Gottesdienste zum Weihnachtsfest sind fast alle aufgrund der steigenden Corona-zahlen abgesagt worden. „Es ist das erste Mal, dass kein Präsenzgottesdienst zum Fest stattfindet“, sagt Superintendentin Antje Menn, die deshalb für den Evangelischen Kirchenkreis Lennep ein „Weihnachts-Telefon“ organisiert hat.

„Als die Idee im Raum stand, haben alle Kollegen sofort zugesagt, an den Weihnachtstagen am Telefon zu sitzen, damit wir zumindest über diesen Weg mit unseren Gemeindegliedern in Kontakt bleiben können“, erzählt sie auf Anfrage dieser Redaktion. 22 Pfarrerinnen und Pfarrer und zwei Diakoninnen aus Wermelskirchen, Radevormwald, Hückeswagen und Remscheid teilen sich die Zeiten von Heiligabend, Donnerstag, 24. Dezember, bis Samstag, 27. Dezember, auf. An allen Tagen wird jeweils von 10 bis 22 Uhr jemand unter der Telefonnummer 02191 - 9681 - 777 erreichbar sein. „Es wird bestimmt für viele Menschen ein traurigeres Fest als üblich, weil ihnen das Vertraute und Tröstliche vom Gottesdienst in ihren Kirchen fehlen wird und viele in diesem Jahr nicht mit den Kindern und Enkeln feiern können“, weiß Antje Menn, der die Emotionalität der kommenden Tage sehr bewusst ist.

„Und viele werden es auch vermissen, mit ihrem Pfarrer oder ihrer Pfarrerin vor der Kirche zu reden und Weihnachtsgrüße auszutauschen. Deshalb möchten wir am Telefon sein, damit alle anrufen können und sich niemand hilflos oder alleine fühlen muss.“ Der Telefonseelsorge, deren Träger die evangelische und katholische Kirche ist, wollen sie keine Konkurrenz machen, sondern: „Wir wollen unseren Gemeindegliedern zeigen, dass wir auch in dieser Situation für sie da sind und ein offenes Ohr haben. Auch, wenn jemand uns nur Fröhliche Weihnachten wünschen will“, erklärt sie die Herzens-Aktion, mit der sie ein Zeichen setzen wollen, das Trost und Halt sein kann.

Auch die Telefonseelsorge Solingen, die auch für Wermelskirchen zuständig ist, wird an den Feiertagen mit mehreren ehrenamtlichen Beratern besetzt sein, die am Telefon, über ein Chatforum im Internet oder auch per Mail Hilfe anbieten. Die Ehrenamtlichen sind anonym und haben alle 190 Stunden Ausbildung absolviert. Dazu gehören Themen wie Gesprächsführung und auch, wie sie mit Depressionen umgehen können. Depressive Stimmungen verstärken sich erfahrungsgemäß bei vielen Betroffenen in der dunklen Jahreszeit und vor allem zum Weihnachtsfest. Im Kirchenkreis Lennep findet normalerweise die „Feier der Alleinstehenden“ statt. Das sind, so Superintendentin Antje Menn, 150 Menschen, die dann gemeinsam feiern. „Das mussten wir in diesem Jahr absagen“, sagt sie.

Was ihr ein wenig Hoffnung schenkt ist, „dass im Corona-Jahr viele Menschen gelernt haben, noch mehr auf andere zu achten“, sagt Antje Menn. „Auf den Dörfern hat das immer schon gut funktioniert, aber auch in den Städten kann man beobachten, dass man mehr auf den Nachbarn achtet, der ganz alleine ist. Das wird in diesem Jahr nicht leicht.“ Für diejenigen kann es ein Trost sein, wenn ihnen jemand mit einem Lächeln eine gefühlte Begegnung schenkt. Ansonsten helfen die Berater der Telefonseelsorge, deren Motto ist: „Sorgen kann man teilen.“

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