Psychologische Beratungsstelle der Stadt Wermelskirchen „Die Tendenzen gehen eindeutig in Richtung Depression“
Wermelskirchen · Die Corona-Pandemie wirkt sich in Form starker psychischer Belastungen besonders auf junge Menschen aus. Immer mehr Kinder und Jugendliche brauchen Hilfe. Deshalb erweitert die städtische Beratungsstelle ab kommender Woche das Angebot um Telefonsprechzeiten.
Nach dem ersten Lockdown waren die Reaktionen der Menschen, die Kontakt mit der Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene der Stadt Wermelskirchen aufgenommen haben, sogar noch positiv: „Da hieß es oft, dass die Entschleunigung auch gut getan hat“, sagt Manfred Bartos, Leiter der Beratungsstelle. Das hat sich jedoch komplett gewandelt. „Wir haben in den vergangenen Monaten leider verstärkt gesehen und erlebt, dass die Auswirkungen der Pandemie deutliche Spuren hinterlassen hat“, sagt Bartos besorgt. „Es gibt kaum noch Beratungsanliegen, die nicht mit Corona zu tun haben.“
Für ihn und sein Team ist deshalb ganz klar: Vor allem Kinder und Jugendliche brauchen jetzt ein niedrigschwelliges Angebot, um bei Bedarf schnell aufgefangen zu werden. Deshalb bietet die Beratungsstelle der Stadt Wermelskirchen ab kommendem Montag, 14. Februar, telefonische Sprechzeiten an. Vorerst bis zu den Osterferien werden an drei Tagen in der Woche die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstelle für Fragen, Sorgen und Nöte ansprechbar sein. „So wollen wir gerade Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, ihre Fragen schnell loszuwerden“, sagt Manfred Bartos. „Wir bieten allen ein offenes Ohr für ihre Belastungen an. Wir hören zu und können ihnen so unkompliziert eine erste Unterstützung geben, die sie in diesem Moment brauchen.“
Oder auch den Eltern Hilfe anbieten, denn viele Kinder haben in der Corona-Pandemie beispielsweise Zwangsverhaltensstörungen entwickelt. „Weil wir in einer unvorhersehbaren Welt leben, ordnen viele Kinder ihre Welt eben selbst, in dem sie eine eigene Ordnung durch ein dysfunktionales Verhalten herstellen“, erklärt der Diplom-Psychologe. „Erste Anzeichen dafür sind, dass alles immer gleich aussehen muss im Kinderzimmer, die Spielsachen geordnet werden und in einer Reihe stehen oder alles kontrolliert wird. Die Kinder setzen den unsicheren Zeiten so eine Illusion von Ordnung entgegen.“
Bei Jugendlichen hingegen sind durch die Pandemie verstärkt Zeichen von Vereinsamung aufgetreten, so die Beobachtung der Beratungsstelle. „Die Tendenzen gehen eindeutig in Richtung Depression und da wollen wir gegensteuern“, sagt Manfred Bartos. Der schnelle Griff zum Telefon, um unkompliziert mit jemandem vom Team der Beratungsstelle zu sprechen, soll das möglich machen. „Jugendliche müssen schnell fragen können, ob das, was sie spüren, normal ist“, so Bartos, der festgestellt hat, dass die psychischen Belastungen durch die Pandemie in allen Altersgruppe zugenommen haben.
Aber auch Eltern, Erzieherinnen und Erzieher oder Lehrer können die telefonischen Sprechzeiten der Fachberater selbstverständlich nutzen: „Es geht aber nicht darum, den Wust an Coronaregeln zu transportieren“, stellt der Leiter der Beratungsstelle klar. „Sondern darum, dass wir uns die Probleme und Belastungen anhören und überlegen, wie wir die Anrufenden unterstützen können.“
Ganz wichtig sei außerdem: Anrufe und auch persönliche Termine in der Beratungsstelle der Stadt sind immer freiwillig, kostenfrei und alle Gespräche unterliegen der Schweigepflicht. Und: „Keine Frage ist falsch“, betont Manfred Bartos.