Drohungen gegen Bürgermeister Ruhe bewahren und als Vorbild agieren

Wermelskirchen · Bürgermeister Rainer Bleek registriert, dass verbale Drohungen gegenüber Amtsträgern zunehmen.

 Der Wermelskirchener Bürgermeister Rainer Bleek behält die Ruhe.

Der Wermelskirchener Bürgermeister Rainer Bleek behält die Ruhe.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Rainer Bleek erinnert sich an eine Situation, in der er mit Drohungen und verbaler Aggression hautnah zu tun hatte. „Das war vor einigen Jahren nach einem Anschlag in Frankreich. Da wurde ich gefragt, warum ich die Fahnen am Rathaus nicht auf Halbmast hängen würde. Ich habe gesagt, dass es schwer ist, eine Grenze zu ziehen, wann die Fahnen tiefergehängt werden und wann nicht. Die Folge waren Beschimpfungen und Plakate gegen mich“, sagt der Bürgermeister. Da kommen Assoziationen zum SPD-Bürgermeister von Kamp-Lintfort, Christoph Landscheidt, hoch, der mit seinem Antrag auf einen großen Waffenschein Schlagzeilen machte. Der Grund für Landscheidt: Er fühlt sich bedroht und wollte die Waffe zum Selbstschutz haben.

Bleek glaubt nicht, dass diese Maßnahme zielführend ist. „Ich kann das nachvollziehen, wenn es das eigene Sicherheitsgefühl verstärkt. Und die Situation ist überall unterschiedlich.“ Er habe auch von einer Amtskollegin im Rhein-Sieg-Kreis gehört, die Anfeindungen und Bedrohungen bis hin zu zerstochenen Reifen erlebt habe. „Es gibt auch bei uns Drohungen, aber in einem solchen Ausmaß habe ich das hier nicht erlebt“, sagt er. Beschimpfungen und Drohungen würden hauptsächlich in den sogenannten sozialen Netzwerken unter dem Deckmantel der vermeintlichen Anonymität des Internets geäußert. „Dass jemand persönlich zu mir kommt und mich beschimpft, kommt eher selten vor“, berichtet Bleek. Überhaupt seien die Beschimpfungen ihm gegenüber seit 2015/2016 rückläufig. „Damals, als viele Flüchtlinge zu uns kamen, war das schon sehr viel mehr.“ Die Beschimpfungen und Drohungen würden im Müll landen. Allerdings gebe es in gleichbleibend hohem Maße Anfeindungen gegen Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Interessanterweise nicht nur im Ordnungsamt. „Politessen werden immer wieder angegangen, aber es ist ein Phänomen, das sich quer durch die Verwaltung vom Bauamt bis zum Sozialamt zieht“, sagt Bleek.

Die Ordnungsamtsmitarbeiter, vor allem jene, die auf der Straße unterwegs seien, sind mit dieser Art von „Bürgerkontakt“ recht gut geschult. Als Grund für zunehmende Unmutsäußerungen gegenüber Kommunalpolitikern und Verwaltungsmitarbeitern sieht Bleek zum einen einen gestiegenen Egoismus in der Gesellschaft. „Man hat kein Verständnis mehr für Fehler. Viele Menschen fühlen sich aber auch eingeengt von der Bürokratie.“ Dazu käme die zunehmende Grenzverschiebung durch die AfD. „Diese Partei hat die Grenzüberschreitung salonfähig gemacht, das ist klar.“ Im Stadtrat gehe es zwar noch recht gesittet zu, das würde aber vermutlich nur daran liegen, dass es dort nur einen relativ moderaten Vertreter der AfD gebe. „Fraglich ist, wie es aussehen würde, wenn sie in Fraktionsstärke vertreten wäre“, sagt Bleek.

Angst habe er keine, auch nicht das Gefühl, nicht mehr für das Bürgermeisteramt kandidieren zu können. Dennoch bleibe die Frage, wie man auf diese Form der Kommunikation angemessen reagieren sollte. „Ruhig bleiben und normale Formen des Miteinanders bewahren. Wir Politiker sind letztlich Vorbilder – auch in der Art, wie wir in den sozialen Medien reagieren“, sagt er.

Hierzu habe es auch eine Diskussion im Stadtrat gegeben. „Diese Art der Auseinandersetzung zu diesem Thema finde ich auch sehr wichtig“, betont Bleek. Ebenso begrüße er die mediale Thematisierung. Vielleicht könne so eine grundsätzliche Sensibilität der Menschen geweckt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort