Auftritt in der Katt in Wermelskirchen Pufpaff bleibt cool

Wermelskirchen · Die bitterböse Satire des Kabarettisten Sebastian Pufpaff kam nicht bei allen Besuchern in der Katt an. Doch er ließ sich von einem notorischen Zwischenrufer nicht aus der Fassung bringen.

  Foto: Markus van Offern

Foto: Markus van Offern

Foto: van Offern, Markus (mvo)

War das ein Teil der Show, etwa ein „gekaufter“ Besucher? Nein: Der Mann, der da kurz hintereinander mehrfach Sebastian Pufpaff hörbar missmutig beschimpfte, war echt. Allerdings: Seine Einwürfe konnten den wortgewandten Kabarettisten nicht aus der Fassung bringen – er zog sein neues Programm „Wir nach“ vor der ausverkauften Bogenbinderhalle in der Kattwinkelschen Fabrik durch. Das aber nicht ungerührt, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion nach seinem Auftritt sagte: „Dieser Zwischenrufer war nicht bestellt und dieser Abend schon etwas besonderes – es war ja für alle spürbar, dass danach die Stimmung für einige Minuten absackte.“ Generell spüre er, dass es allerorts zunehmend aggressive Stimmungen im Besucherraum gäbe. Katt-Programm-Macher Achim Stollberg konstatierte mit Blick auf den Zwischenrufer: „Dass sich da jemand so weit aus der Deckung wagt, habe ich in der Katt noch nicht erlebt.“ Pufpaff fügte an: „Ich hätte gerne noch mit dem Zwischenrufer geredet.“ Dazu kam es nach dem Auftritt nicht mehr, ob der Mann die Veranstaltung frühzeitig verließ, konnte niemand ausmachen.

Möglicherweise hatte der erboste Zwischenrufe den Pufpaff aus dem Fernsehen erwartet – den Comedian, der in der „heute Show“ an der Seite von Oliver Welke in eineinhalb Minuten für kurzweilige Polit-Comedy-Schnippsel sorgt. Den gibt Sebastian Pufpaff in seinem neuem Programm nicht. Mit „Wir nach“ entführte der Künstler das Katt-Publikum in den Pufpaff‘schen Satire-Kosmos, führte es wieder und wieder auf‘s sprichwörtliche Glatteis. Bissig-böse nimmt Pufpaff den vermeintlichen Volksmund, der „das Opfer zum Täter macht“, auf‘s Korn, verführt erfolgreich zum Lachen, wo es bei genauerer Betrachtung gar nichts zum Lachen gibt: „So ein Fixer am Bahnhof, so ein Nadel-Uwe, der hätte doch auch saufen können.“ Oder in Richtung Pflegekräfte und deren Gehälter: „Wer ist denn schuld - der Ausbeuter oder derjenige, der das wenige Geld annimmt?“ Allerdings: Sebastian Pufpaff löst seine kabarettistisches Beißen auch wohlwollend auf. Wenn er feststellt. Dass Frauen in Deutschland durchschnittlich 21,4 Prozent weniger Gehalt beziehen als Männer und dem Publikum zuruft „Es ist an ihnen, das Ruder herumzureißen – Männer arbeiten schon mit lustigen Frisuren, um sie darauf hinzuweisen“, ist dieser Aufruf zur Gegenwehr und Veränderung glaubhaft, spürbar ernst gemeint.

Dass ein Kind in Spanien in einen Brunnen fällt und dabei tödlich verunglückt, sei auf mediale Resonanz gestoßen – schließlich sei so ein Vorfall emotional schmerzhaft. „Aber im gleichen Zeitraum sind 14 zweijährige Kinder im Mittelmeer ertrunken, das interessierte niemanden“, sagt Pufpaff: „Vielleicht sollten wir in Zukunft bei so einem Unfall 13 weitere Kinder in das Loch stopfen – vielleicht tut es dann nicht mehr so weh.“

„Wir nach“ erwies sich als geballte Ladung von Satire, Ironie und Kabarett, als eine Wanderung auf rutschigem Untergrund nur um am Ende doch wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. „Wie weit darf Satire gehen – eigentlich überall hin, wenn es eine Aussage hat, wenn ein Gedanke dahinter steckt“, sagte Sebastian Pufpaff nach seinem Auftritt. An dessen Ende rief er dem Publikum zu: „Wermelskirchen, ich komme wieder.“ Ob das der Zwischenrufer noch hörte, ist, wie gesagt, nicht bekannt.

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