Zum Welthebammentag Psychologin, Pflegerin, Motivationstrainerin

Wermelskirchen · Die Wermelskirchener Hebamme Ramona Berkey spricht aus Anlass des Welthebammentags am morgigen Dienstag, 5. Mai, über ihren Beruf. Sie arbeitet seit 16 Jahren in ihrem Beruf und findet auch Erfüllung darin.

 Ramona Berkey ist Hebamme seit 16 Jahren. Sie liebt ihren Beruf und findet in der Tätigkeit auch Erfüllung.

Ramona Berkey ist Hebamme seit 16 Jahren. Sie liebt ihren Beruf und findet in der Tätigkeit auch Erfüllung.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Frau Berkey, wie lange sind Sie schon Hebamme?

Ramona Berkey Ich bin seit 16 Jahren Hebamme – und das in dritter Generation. Schon meine Mutter und meine Großmutter haben diesen Beruf ausgeübt.

War das für Sie auch der Grund, sich damals für den Beruf zu entscheiden?

Berkey Ja, denn ich bin schon als kleines Kind mit meiner Mutter im Kreißsaal gewesen und wurde von den Nonnen im Marienhospital in Hückeswagen in der Teeküche versorgt. Die Nähe zum Krankenhaus und dem ganzen Thema war für mich von klein auf ganz normal.

Wie wird man zur Hebamme ausgebildet?

Berkey Tatsächlich ist es seit diesem Jahr nur noch über ein Studium möglich. Über viele Jahre hinweg waren wir in Deutschland die einzigen, wo man in der Ausbildung zur Hebamme wurde. International ist es schon lange ein Studiengang. Jetzt kann man den Beruf auch bei uns nur noch in Form eines dreijährigen Bachelorstudiums an speziellen Fachhochschulen erlernen, man kann auch einen Masterabschluss dranhängen. Die nächstgelegenen Möglichkeiten sind in Bochum und Köln.

In welcher Form kann man dann später arbeiten?

Berkey Man hat ein wirklich großes Spektrum an Arbeitsfeldern. Ich selbst bin mit einer Teilzeitstelle im Sana-Klinikum in Remscheid fest angestellt und betreue im Schichtsystem im Kreißsaal die Geburten. Es gibt aber auch viele freiberufliche Möglichkeiten, etwa bei der Geburtsbegleitung, in der Nachsorge oder der Vorsorge bei der Frau. Wir decken im Grunde die gesamte Schwangerschaft ab – und dürfen das von Seiten der Krankenkassen aus und in Zusammenarbeit mit den Gynäkologen. Sogar bei sogenannten glücklosen Schwangerschaften dürfen wir die Frauen begleiten. Damit sind Fehlgeburten und Aborte gemeint. Denn gerade hier benötigen sie oft viel psychologische Betreuung und Unterstützung - wissen aber oft nicht, dass ihnen diese Leistung zusteht.

Können Sie sich noch an Ihre erste Geburt erinnern?

Berkey Ja, sogar bis ins Detail. Das war am 29. Juni 1999, damals war ich mit 17 Jahren im Krankenhaus in Wermelskirchen und habe dort ein Praktikum gemacht. Ich habe zu dieser Zeit überlegt, dass ich jetzt entweder mein Fachabitur mache und Hebamme werde oder das Abitur und dann Medizin studiere. Ich wollte zwar eigentlich immer Hebamme werden – aber wie so eine Geburt ist, das wusste ich damals natürlich nicht. Ich habe diese spezielle Geburt dann mit einer ganz tollen Hebamme erlebt – die heute eine liebe Kollegin ist – und danach war ich von diesem Erlebnis total weggeblasen. Ich erinnere mich noch, dass ich danach irgendetwas in den Krankenhauskeller bringen sollte und immer noch völlig fasziniert war. Das hat sich übrigens bis heute nicht geändert. Es ist wunderbar, so oft bei so einem unbeschreiblich schönen Moment dabei sein zu dürfen. Das gibt es wohl in wenigen Berufen.

Was sind Ihre Aufgaben bei einer Geburtenbegleitung?

Berkey Man muss immer auf die individuellen Bedürfnisse der Frau eingehen, denn jede ist anders. Die eine will die ganze Zeit getätschelt werden, die andere darf man besser gar nicht angucken. Es ist eine große Herausforderung, dabei auch den Mann mit einzubeziehen und ihm das Gefühl der Nutzlosigkeit zu nehmen. Sie sind es nämlich nicht, auch wenn manchmal die bloße Anwesenheit reicht. Die Geburt ist kein einfacher Weg, aber wenn man den Weg begleitet, kann man ihn einfacher machen. Die Hebamme ist in diesem Fall Psychologin, Pflegerin und Motivationstrainerin gleichzeitig. Wir haben eine große Verantwortung. Und daher finde ich es schade, dass wir aus Personalgründen oft für mehrere Geburten gleichzeitig da sein müssen. Eigentlich bräuchte die werdende Mutter eine Eins-zu-Eins-Betreuung.

Wie intensiv ist die Beziehung, die man zu der werdenden Mutter aufbaut?

Berkey Besonders intensiv ist sie im Moment der Geburt. Die Frau muss der Hebamme vertrauen, wir arbeiten dann ganz nah aneinander. Wenn man eine Frau natürlich von Beginn der Schwangerschaft über die Geburt bis zum Wochenbett betreut, dann ist die Beziehung eine andere, als wenn man nur bei der Geburt selbst dabei ist. Wenn ich beispielsweise heute nach 13 Jahren eine Mutter mit ihrem Kind treffe, die ich damals über die Schwangerschaft betreut habe, dann weiß ich den Namen des Kindes, den der Frau, wir kennen uns. Es ist eine sehr intime und vertrauensvolle Beziehung, bei der sich beide öffnen müssen.

Wie vielen Kindern haben Sie bereits auf die Welt geholfen?

Berkey Ich habe zwar irgendwann aufgehört zu zählen – es müssten so um die 600 sein. Das ist aber auf 16 Jahre gerechnet nicht sehr viel. Das liegt daran, dass ich viel als Beleghebamme gearbeitet habe, wenn man im Krankenhaus in Vollzeit arbeitet, dann sind das wesentlich mehr Geburten. Ich habe eher wenige Frauen begleitet, die dafür aber sehr intensiv.

Kann man eigentlich während der Schwangerschaft bereits absehen, ob die Geburt leicht oder eher schwieriger wird?

Berkey Nein, das kann man nicht, und das ist auch das Schöne daran. Eine Geburt kann man einfach nicht planen. Denn jede Frau ist unterschiedlich, und damit auch jede Schwangerschaft und jede Geburt. Nach einem halben Jahr als Hebamme habe ich aufgehört, irgendwelche Prognosen zu stellen. Es funktioniert einfach nicht. Jede Geburt ist anders.

Stillen die Mütter in der Regel nach der Geburt?

Berkey Zum Glück ist die Tendenz zum Stillen wieder höher. Das liegt an einer guten Aufklärung der Mütter. Denn Stillen ist unbeschreiblich gesund – für die Mutter und natürlich auch für das Kind. Wenn man etwa die Inhaltsstoffe von Muttermilch und Kunstnahrung vergleicht, dann liegen da Welten dazwischen. Wir nennen sie auch „Goldmilch“. Stillen ist das gesündeste für Mutter und Kind – aber es darf auch nicht über der Harmonie in der Familie stehen.

Bekommen Hebammen die Anerkennung, die sie Ihrer Meinung nach verdienen?

Berkey Das ist leider viel zu wenig. Unsere Arbeit betrifft nur ein Zeitfenster im Leben einer Familie. Diejenigen, die von uns betreut werden, bringen uns extrem hohe Wertschätzung entgegen, vor allem die Mütter. Aber wir arbeiten eben in einem wirtschaftlich unwichtigen Bereich, weshalb wir ansonsten leider untergehen. Wir haben leider keine besonders große Lobby, obwohl wir uns um das Wichtigste unserer Gesellschaft kümmern – um die Kinder und die Familie.

Wie wichtig ist hierfür ein Anlass wie der Welthebammentag?

Berkey Das ist sehr wichtig, auch für uns selbst. Denn es gibt Phasen, in denen man keine Lust mehr hat. Wir geben in unserem Beruf sehr viel, da ist es wichtig, auch durch solche Tage für Motivation zu sorgen.

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