Philosophisches Café im Haus Eifgen Philosophisches Café diskutiert die Grenzen der Toleranz

Wermelskirchen · Rund 40 Besucher nehmen an einem gepflegtem Gespräch im Haus Eifgen teil. Laut wird die Forderung nach einem Verbot, anonym in den Netzwerken „zu poltern“.

 Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) wurde auf Facebook beschimpft.:  Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) wurde auf Facebook beschimpft.: Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

(resa) Es gibt Gesprächsbedarf. Das ist offensichtlich, als Joachim Schulte und Uwe Christoph in der großen Runde im Haus Eifgen Platz nehmen. Mehr als 40 Diskussionswillige sind gekommen, um über das Thema Toleranz zu sprechen. In Zeiten, in denen Menschen mit mehr oder weniger viel Macht gerne über Twitter kommunizieren, haben die Wermelskirchener offensichtlich den Wunsch, ins Gespräch zu kommen. Seit dem Beginn der Veranstaltungsreihe wächst die Zahl der Teilnehmer des Philosophischen Cafés. Und mit dem Thema „Toleranz“ scheinen Joachim Schulte und Uwe Christoph einen Nerv getroffen zu haben. 

Anlass schließlich gebe es genug, über dieses Thema ins Gespräch zu kommen, stellt Schulte dann auch während seiner Einführung ins Thema fest. Ob AfD-Gründer Bernd Lucke, der in Hamburg daran gehindert wird, eine Vorlesung zu halten oder der umstrittene Nobelpreis für Peter Handke, ob das Künast-Urteil oder die Diskussion im Wermelskirchener Stadtrat über Sprachregelungen in sozialen Netzwerken und die anschließende Ablehnung des SPD-Antrags: „Was ist tolerierbar?“ fragt Schulte. Und bevor er dann die Runde zur Diskussion öffnet, nachdem er in seinem Vortrag bereits Philosophen und Fachleute zu Wort hat kommen lassen, gibt er den Besuchern noch eines auf den Weg: „Toleranz ist die Bürde unserer Freiheit.“ 

Die Diskussion fällt dann trotz des oft hitzig bedachten Themas gepflegt aus – zumindest überwiegend. Die Besucher kommen über den Begriff ins Gespräch, diskutieren über Grenzen und Haltung. Toleranz sei doch eher etwas Stilles, sagt einer. Und der Widerspruch folgt auf den Fuß: Schließlich gehe es darum zu prüfen, was man persönlich nicht mehr hinnehmen könne, sagt Schulte. „Wir müssen deutlich machen, was wir hinnehmen und was nicht“, appelliert er. Und ein anderer betont: Nur, wer seiner Toleranz eine Stimme gebe, eröffne damit auch die Möglichkeit eines Dialogs mit dem Gegenüber.  

Und so kommen die Besucher schnell zu einer Einsicht: Toleranz darf nicht Faulheit bedeuten, sondern muss Haltung voraussetzen. „Und deswegen ist sie auch anstrengend und ein aufwändiges Geschäft“, sagt einer. Schließlich setze sie voraus, das der Mensch reflektiere, bedenke und entscheide. Und: Intoleranz dürfe nicht toleriert werden.

Ein Paradoxon, das die Besucher eine Weile beschäftigt. Und das sie schließlich auch zu den Shit-Storms und Twitter-Nachrichten dieser Tage führt: Wer anonym in sozialen Netzwerken poltere, der überschreite die Grenze des Tolerierbaren, sind sich die Teilnehmenden einig. Die Forderung nach einem Verbot wird laut. Denn nur, wer auf Augenhöhe miteinander ins Gespräch käme, den Mut aufbringe, sich zu begegnen, erweise dem anderen Respekt.

Einer befürchtet: Die Toleranz der Gesellschaft sei in Gefahr. Denn kaum äußere sich jemand zu einem Thema, eröffne ein anderer einen Shit-Storm. Meinungen würden nicht toleriert, man falle übereinander her.

Die politische Diskussion vermeiden Joachim Schulte und Uwe Christoph bewusst und ersticken sie im Keim. Schließlich gehe es um ein gepflegtes philosophisches Gespräch, erinnern die Gastgeber.

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