Stadtführung in Wermelskirchen „Man sieht die Stadt mit ganz anderen Augen“

Wermelskirchen · Die Vorsitzende von „Die Stadtführer“ spricht über ihre erste Stadtführung – und warum man sich die Gäste auch mal erziehen muss.

 Sie sind Profis, wenn es um die Geschichte und Anekdoten von Wermelskirchen geht: Marianne Hürten, Axel Heumann und Petra Ammon, die Vorsitzende der Interessengemeinschaft „Die Stadtführer“ ist und Interessierte nach der Corona-Pandemie wieder durch die Stadt führen wird.

Sie sind Profis, wenn es um die Geschichte und Anekdoten von Wermelskirchen geht: Marianne Hürten, Axel Heumann und Petra Ammon, die Vorsitzende der Interessengemeinschaft „Die Stadtführer“ ist und Interessierte nach der Corona-Pandemie wieder durch die Stadt führen wird.

Foto: Jürgen Moll

Frau Ammon, was genau sind denn „Die Stadtführer“?

Petra Ammon Wir wollen den Menschen erzählen, was Wermelskirchen ist und ausmacht. Wermelskirchen ist zwar schon ein Stadt-Dorf, aber es gibt dennoch sehr viel aus der Geschichte zu erzählen. Denken Sie etwa nur an die Tuchindustrie oder die Schuhindustrie von früher. Wir sind im Moment acht aktive Mitglieder und ein passives. Wir haben auch zwei neue Führerinnen, die aber wegen Corona noch keine Stadtführungen machen konnten.

Wann und wieso wurden „Die Stadtführer“ gegründet?

Ammon Wir haben uns 2009 als Interessensgemeinschaft gegründet. Der ausschlaggebende Grund war, dass die Volkshochschule damals einen Kursus angeboten hat, in dem man lernen konnte, wie man Stadtführungen macht. Zu diesem Kursus haben sich 15 Teilnehmer angemeldet. Finanziell unterstützt wurden wir für die Kursteilnahme damals übrigens von der WiW. Geleitet hat den Kursus Herr Buse vom Geschichtsverein und Frau Holtschneider.

Welche Arten von Führungen bieten Sie an?

Ammon Wir haben die historische Stadtführung, die normalerweise einmal im Monat am ersten Sonntag des Monats angeboten wird. Die übernehmen alle Stadtführer im Wechsel, so dass jeder mal drankommt. Und dann hat jeder so seine Spezialführungen – unsere Stadtführerin Uschi Hackstein etwa, die ja selbst in Dabringhausen wohnt und dort eine Führung anbietet, oder die Stadtführerin Marianne Hürten, die sich sehr gut mit dem Themenbereich der Schuhindustrie auskennt und dazu eine Führung im Programm hat. Meine Spezialführung führt vom Galgenplatz bis zur Tuchfabrik und beschäftigt sich mit alten Familien aus Wermelskirchen.

Haben Sie durch die Arbeit als Stadtführerin Neues über Ihre Heimatstadt kennengelernt?

Ammon Das kann man schon so sagen. Ich gehe auf jeden Fall mit einem ganz anderen Blick auf die Stadt durch Wermelskirchen. Immer wieder denke ich an die Geschehnisse aus der Stadtgeschichte, wenn ich an den unterschiedlichen Örtlichkeiten vorbeigehe. Man sieht die Stadt mit anderen Augen – etwa die Bürgerhäuser, den Marktplatz oder das Hotel zur Eich.

Wie bereitet man sich auf die Stadtführungen vor?

Ammon Natürlich sind einem die Führungen irgendwann in Fleisch und Blut übergegangen, wenn man eine Weile dabei ist. Aber ansonsten habe ich mich so vorbereitet: lesen, lesen, lesen. Ich habe mir die ganzen Informationen angelesen und dann in Form von Stichpunkten auf Karteikarten zusammengefasst. Und dann ging es rein ins kalte Wasser…

Können Sie sich noch an Ihre erste Stadtführung erinnern?

Ammon Meine erste war tatsächlich eine Galgenplatzführung. Zuvor hat eine Kollegin mich abgehört, wir sind die Führung einmal durchgegangen. Sie meinte: Ja, das passt, das ist in Ordnung – und dann habe ich die Stadtführung gemacht. Die Leute wissen ja auch nicht, was ich ihnen sagen will – das macht es natürlich schon ein wenig leichter, wenn man mal was vergessen sollte. Ich habe aber mal erlebt, das ist jetzt vielleicht zwei oder drei Jahre her, da war der mittlerweile verstorbene Herr Kattwinkel bei einer Führung dabei. Und er hat mich immer korrigiert. Irgendwann habe ich dann gesagt: Herr Kattwinkel, Sie wissen ganz viel. Wollen Sie die Führung nicht für mich weitermachen? Danach war Ruhe. Manchmal muss man sich seine Gäste eben auch ein wenig erziehen.

Wer ist Ihre hauptsächliche Zielgruppe?

Ammon In erster Linie die älteren Menschen. Jüngere gibt es zwar auch, aber eher selten. Kinder sind manchmal dabei und die sind immer sehr interessiert. Wir hatten auch schon Führungen mit Klassen aus der Waldorfschule. Da wussten wir im Vorfeld auch nicht, wie viele Kinder das sein würden. Als wir uns dann am Treffpunkt versammelt hatten, habe ich mich tatsächlich erschreckt, wie viele Kinder das waren. Ich habe dann eine Kollegin angerufen und wir haben die Kinder auf zwei Gruppen aufgeteilt. Je mehr Teilnehmer es sind, umso schwieriger ist es.

Bieten Sie auch fremdsprachige Stadtführungen an?

Ammon Ja, das haben wir auch im Programm. Unsere Stadtführer Frank Schopphoff und Heike Frankrone bieten französischsprachige Führungen an, während Stadtführer Axel Heumann auch Führungen auf Englisch im Angebot hat.

Wie groß ist die Nachfrage nach Stadtführungen?

Ammon Das ist ganz unterschiedlich. Ich bin auch schon mal alleine dagestanden. Aber sobald auch nur eine Person da ist, mache ich die Führungen. Das habe ich tatsächlich schon erlebt. Und dann wiederum sind auch mal ganz viele Teilnehmer dabei. Die optimale Anzahl sind bis zwölf Teilnehmer. Dann kann man sich auch mit den Leuten unterhalten.

Arbeiten Sie in irgendeiner Form mit der Stadt Wermelskirchen zusammen?

Ammon Vor Corona hatten wir in Zusammenarbeit mit dem damaligen Bürgermeister Rainer Bleek Führungen für Neubürger angeboten. Ich hoffe, dass das unter seiner Nachfolgerin Marion Lück auch der Fall sein wird. Wir hatten anfangs immer zweimal pro Jahr diese Führungen für Neubürger angeboten. Das hat sich ein wenig reduziert. Neubürger bekommen nun Gutscheine für die regulären Führungen. Wir haben Flyer und Interessierte finden unser Angebot auf unserer Internetseite.

Seit wann können Sie wegen Corona keine Führungen mehr anbieten?

Ammon Unsere Saison geht in der Regel von April bis November. Als wir dann im April 2020 wieder anfangen wollten, ging das natürlich wegen der Kontaktbeschränkungen nicht. Ich gehe mal davon aus, dass es auch in diesem Jahr keine Führungen geben wird. Vielleicht einige im September und Oktober. Aber wir müssen nun einfach abwarten und auf die Entwicklung der Infektions- und Impfzahlen sehen. Mehr können wir da einfach nicht machen.

Nutzen Sie die Zeit, um neue Konzepte und Angebote zu erarbeiten?

Ammon Nein, weil einfach irgendwann bei einer relativ kleinen Stadt auch Schluss mit den Möglichkeiten ist. Natürlich macht jeder Stadtführer seine historische Führung anders – der eine geht hierhin, der andere legt den Schwerpunkt auf etwas anderes. Dadurch unterscheidet es sich. Aber wir können uns eben nur innerhalb dieses Rahmens bewegen und variieren.

Sind Ihnen aus Ihren Führungen irgendwelche besonderen Anekdoten im Gedächtnis geblieben?

Ammon Besonders schön finde ich immer, wenn den Leuten die teils skurrilen Geschichten der Stadt und Geschichtchen aus der Historie Wermelskirchens so gut gefallen. Damit kriegt man die Teilnehmer und man merkt dann immer, dass alle ganz besonders aufmerksam zuhören.

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