Palliativmedizin in Wermelskirchen Neues Netzwerk begleitet Sterbenskranke

Wermelskirchen · Ärzte, Pfleger und der Hospizverein haben in Wermelskirchen ein Team für die sogenannte Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) gegründet. Gemeinsam versorgen sie Sterbende – wenn nötig auch nachts.

 Neues Palliativnetzwerk in Wermelskirchen (vorne von links): Dr. Dilek Kalkan, Thomas Schwitalla. Hinten von links: Katharina Lindinger, Andrea Gerhards, Annette Gennart, Cindy Seifert und Sabine Straßburger.

Neues Palliativnetzwerk in Wermelskirchen (vorne von links): Dr. Dilek Kalkan, Thomas Schwitalla. Hinten von links: Katharina Lindinger, Andrea Gerhards, Annette Gennart, Cindy Seifert und Sabine Straßburger.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Es beginnt mit dem Moment, in dem die Ärzte ihrem Patienten erklären müssen, dass sie nichts mehr tun können. Dass alle Behandlungen und Versuche, die Krankheit aufzuhalten und zu besiegen, gescheitert sind. Dass der letzte Wegabschnitt beginnt. „Aber wenn nichts mehr zu machen ist, gibt es noch viel zu tun“, zitiert Annette Gennat vom Hospizverein ein geflügeltes Wort. Das betrifft vor allem Menschen, deren Krankheit schwere Schmerzen und Symptome mit sich bringt. Um diese Patienten dann nicht alleine zu lassen und Angehörigen eine Stütze zu geben, ziehen Mediziner, Pfleger und der Hospizverein in Wermelskirchen künftig an einem Strang.

Hausarzt Thomas Schwitalla, Onkologin Dilek Kalkan und Sabine Straßburger mit ihrem Pflegedienst haben gemeinsam mit dem Hospizverein ein Netzwerk für Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) gegründet. „Jetzt gibt es die komplette Versorgung aus einer Hand“, erklärt die Onkologin.

Das bedeutet konkret: Wenn Menschen entscheiden, dass sie Zuhause sterben möchten und entsprechende Symptome haben, kontaktieren Krankenhaus oder Hausarzt das Netzwerk. „Dann findet ein erstes Gespräch mit Arzt und Pflegedienst am Krankenbett statt“, erklärt Thomas Schwitalla. Was brauchen die Angehörigen in dieser Extremsituation? Welche Hilfsmittel sind nötig? Wie wird der Alltag organisiert? Und möchten der Sterbende und seine Familie vom Hospizverein begleitet werden? „Wir zeigen den Ehepartnern oder Kindern dann zum Beispiel, wie sie Hilfsmittel selbst bedienen können“, erklärt Sabine Straßburger und denkt etwa an die Reaktion auf Atemnot oder die Gabe spezieller Medikamente. Und die Ärzte hinterlassen ihre Handynummer – und sind dann rund um die Uhr erreichbar. Ab da an gilt: Im Notfall ist schnell Hilfe im Haus. „Das zu wissen, ist meistens das Wichtigste für die Menschen“, sagt Schwitalla. Das Netzwerk ermöglicht Menschen mit speziellen Bedürfnissen noch mehr Rückhalt. „Natürlich bleibt der Kontakt zum Hausarzt“, sagt Dilek Kalkan, „und jeder kann selbst entscheiden, welcher Pflegedienst ins Haus kommt.“ Das SAPV-Team ergänzt deren Arbeit.

Einmal in der Woche gibt es ein Netzwerktreffen, Sabine Straßburger und ihr Team halten täglich Kontakt mit den Patienten und ihren Familien – und die Ärzte erkundigen sich mindestens einmal in der Woche nach der Entwicklung der Symptome. Treten Änderungen auf oder Notfälle ein, fährt schnell einer der beteiligten Netzwerkpartner raus. „Früher musste in diesen Momenten oft der Krankenwagen oder der ärztliche Notdienst kommen“, wissen die Netzwerkpartner. „Nun kann in vielen Fällen das SAPV-Team helfen, das den Patienten schon kennt.“

Der Bedarf in Wermelskirchen sei noch überschaubar, das Pensum im bestehenden Team also noch zu schaffen. Unterstützung allerdings sei willkommen. Vor der Gründung des Netzwerks saßen die Wermelskirchener Mediziner an einem Tisch, um über Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu sprechen. „Allerdings bedarf es in diesem Bereich besonderer Qualifikationen“, sagt Dilek Kalkan. Nicht jeder Arzt ist Palliativmediziner und für SAPV ausgebildet, nicht jeder Pflegedienst kann diese Aufgaben leisten. Und auch nicht jeder Akteur im medizinischen Bereich will das – denn der zeitliche Aufwand ist groß, der persönliche Einsatz auch.

„Aber das ist uns die Sache wert“, betont Schwitalla. Denn so könne Angehörigen oft die Ohnmacht genommen und den Patienten ihr Wunsch nach einem Sterben im eigenen Zuhause erfüllt werden.

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