Bildung in Wermelskirchen Von Aufbruchstimmung in Krisenzeiten

Wermelskirchen · Armin Himmelrath hat ein neues Buch herausgegeben: „Das Schuljahr nach Corona“ soll Impulse setzen. Der Wissenschaftsjournalist aus Wermelskirchen will die Aufbruchstimmung nutzen, statt sich dem Frust zu ergeben.

 Welche Kriterien machen eine gute Schule aus? Armin Himmelrath hat selbst sein Abitur am Städtischen Gymnasium in Wermelskirchen gemacht. Jetzt hat der Journalist ein Buch herausgegeben: „Das Schuljahr nach Corona. Was sich nun ändern muss“ ist als Handbuch konzipiert.   Foto: Jürgen Moll

Welche Kriterien machen eine gute Schule aus? Armin Himmelrath hat selbst sein Abitur am Städtischen Gymnasium in Wermelskirchen gemacht. Jetzt hat der Journalist ein Buch herausgegeben: „Das Schuljahr nach Corona. Was sich nun ändern muss“ ist als Handbuch konzipiert. Foto: Jürgen Moll

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Drei Tage vor dem ersten Lockdown war Armin Himmelrath an einem Gymnasium in Kerpen zu Gast. Für das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte der Wissenschaftsjournalist aus Wermelskirchen einen Termin im größten Gymnasium in NRW vereinbart. Mögliche Schulschließungen waren da schon im Gespräch. Damals habe ihn die Schulleiterin angesehen und gesagt: „Wir sind bereit.“

Keine Vorgaben des Landes: Das würde viel Spielraum für die Schule bedeuten. „Die Schulleitung hatte schon einen digitalen Stundenplan entwickelt und es hatte Mikrofortbildungen für die Lehrer gegeben, um auf die technischen Herausforderungen des Digitalunterrichts vorbereitet zu sein“, erzählt Himmelrath. Das war Anfang März 2020. Als der 53-Jährige später auf dem Rückweg im Zug saß, da ließ er sich seinen Besuch noch einmal durch den Kopf gehen. „Ich war begeistert“, sagt er, „da war so viel Schwung und Gelassenheit.“

In den Monaten darauf erlebten Lehrer, Eltern und vor allem Schüler allerdings viel Frust – beim Homeschooling, gelegentlichem Präsenzunterricht, Schulöffnungen und -schließungen. Aber Armin Himmelrath vergaß den Termin in Kerpen nicht und die Aufbruchsstimmung, der er dort begegnet war. Stattdessen setzte er sich mit Kollegin Julia Egbers zusammen und beschloss, diesen Schwung zu nutzen und ein Buch herauszubringen – die Krise als Chance zu begreifen.

„Eigentlich leben wir Journalisten davon, dass Dinge schief laufen“, sagt Himmelrath. Aber dieses Mal wollte er Menschen zusammenbringen, die die gleiche Aufbruchsstimmung mitten in der Krise wahrnehmen und Ideen für die Gestaltung von Schule nach Corona mitbringen. „Wir haben das Buch als Handbuch konzipiert“, erklärt der Wermelskirchener, „wohlwissend, dass es kein Rezeptbuch für Schule nach Corona gibt.“ Die beiden Herausgeber schrieben Experten an: Schulforscher, Psychologen, Eltern und Lehrer. 10.000 Zeichen Platz hatte jeder von ihnen, um Tipps für das nächste Schuljahr zu geben. „Wir haben keine einzige Absage bekommen“, sagt Himmelrath, „offensichtlich gab es ein Bedürfnis, den Blick auf dieses Thema zu richten.“

Und so treffen in dem Buch „Das Schuljahr nach Corona“ große strategische Überlegungen auf den Blick aus der Praxis, die gesellschafts-psychologische Ebene begegnet pädagogischen Einschätzungen und Herausforderungen der Organisation. Die Autoren nehmen die Bedürfnisse der Kinder ebenso in den Blick wie digitale Möglichkeiten und neue Unterrichtsideen.

Innerhalb weniger Monate lag das Buch frischgedruckt auf dem Tisch – es war inzwischen Herbst 2020. „Es ist jetzt genauso aktuell wie damals“, sagt Himmelrath. Denn wieder treffen sich Kinder, Eltern und Lehrer im digitalen Klassenraum – statt in der Schule. „Viele Menschen reden von dem Wunsch, endlich zur Normalität zurückzukehren“, sagt Armin Himmelrath, „aber diese Normalität wird es nicht mehr geben.“

Die Krise werde die Schule verändern – und das sei gut so. Schule könne besser werden. „Und das kommt eher nicht aus der Politik als aus der Praxis“, sagt der Journalist. In der neuen Schule könne es dann auch möglich sein, Kinder mit gebrochenem Bein per Homeschooling in den Unterricht einzubeziehen oder während einer hartnäckigen Krankheit mit Bildung zu versorgen.

Bei Himmelrath klingt die Begeisterung mit, wenn er über dieses Thema spricht – und über die Möglichkeiten. Schon früher hat er diese Energie bei Bildungsthemen empfunden. Nicht umsonst hat er dort früh seinen beruflichen Schwerpunkt gesetzt. „Vor 2001 war das ein ruhiger Bereich“, erinnert er sich. Aber dann kam die erste Pisa-Studie. Und plötzlich habe sich die Wahrnehmung völlig gedreht – innerhalb weniger Wochen. Plötzlich wurde die Bildung zum Mega-Thema. Und nicht nur, weil damals gerade sein ältester Sohn eingeschult wurde und er selbst auf Lehramt studiert hatte, widmete sich Himmelrath dem Bildungsthema als Journalist. „Für mich war und ist der Widerspruch interessant: Kreative Prozesse und Individualität treffen beim Thema Bildung auf Systeme zur Organisation“, sagt Himmelrath, „bleibt die große Frage: Wie lässt sich dieser Widerspruch zugunsten der Kinder lösen?“ Antworten darauf will auch das neue Buch geben.

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