Verhandlung vor dem Wermelskirchener Amtsgericht Mit der Trillerpfeife ins Ohr geblasen – Verfahren eingestellt

Dabringhausen · Ein eskalierter Nachbarschaftsstreit in Dabringhausen landete vor dem Wermelskirchener Amtsgericht. Wegen Geringfügigkeit gab es aber kein Urteil.

 Vor dem Amtsgericht am Brückenweg in Wermelskirchen landete jetzt ein kurioser Nachbarschaftsstreit.

Vor dem Amtsgericht am Brückenweg in Wermelskirchen landete jetzt ein kurioser Nachbarschaftsstreit.

Foto: Tim Kronner

Eine Trillerpfeife, das ist die eine wichtige Erkenntnis dieser Verhandlung vor dem Amtsgericht, kann zu einer Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung führen. Nicht jedoch, weil sie als Waffe gelten würde, sondern vielmehr, weil sie ein „gefährliches Werkzeug“ ist. Das erklärte die Richterin der 49-jährigen Angeklagten am Ende der Verhandlung, weil diese fragte, ob sie ihre Trillerpfeife denn nun behalten dürfe oder ob sie unter das Waffengesetz fiele.

Der Fall an sich war indes mindestens ebenso kurios wie diese – zum Schluss geklärte – Frage. Die Frau, die mittlerweile in Remscheid lebt, musste sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten, weil sie am 19. Oktober 2020 im Treppenhaus ihrer damaligen Wohnung in Dabringhausen ihrem 73-jährigen Nachbarn lautstark mit der Pfeife ins Ohr geblasen hatte. Hintergrund war ein offensichtlich schon seit Beginn des Nachbarschaftsverhältnisses, wenn man das so nennen wollte, schwelender Konflikt der Angeklagten mit dem 73-Jährigen und seiner Frau. Die Angeklagte räumte zwar ein, die Trillerpfeife benutzt zu haben. „Aber ich wurde von meinem Nachbarn drangsaliert, seitdem ich 2019 in das Haus gezogen war“, fügte sie an. So sei er mit der Gestaltung ihres Balkons unzufrieden gewesen, habe über den Sonnenschutz geschimpft, sie fotografiert und ihr im Hausflur aufgelauert. Sie sei gehbehindert und daher von der Bewegung her eingeschränkt. „Deswegen brauche ich im Treppenhaus auch etwas mehr Platz“, sagte sie.

An besagtem Tag sei sie im Treppenhaus auf dem Weg zur Wohnung ihrer Eltern gewesen, die ein Stockwerk unter ihr wohnten. „Wegen Corona waren alle damals ja auch schon besonders sensibel. Er kam dann mit Einkaufstüten in der Hand auf mich zu, hat mich angerempelt – und das war dann einmal zu viel“, sagte die Angeklagte. Die Trillerpfeife habe sie immer bei sich – „weil ich damit um Hilfe rufen kann, und weil meine Katzen darauf hören“ – und in diesem Augenblick habe sie dann nur noch reagiert und in die Trillerpfeife geblasen. Die Angeklagte schluchzte während der gesamten Verhandlung, die sie offensichtlich sehr mitnahm. Sie sagte auch, dass sie nicht die einzige Mieterin sei, die von dem 73-Jährigen letztlich aus dem Haus geekelt worden sei. Der sah das im Anschluss im Zeugenstand ganz anders. Die Angeklagte sei „aus dem toten Winkel“ urplötzlich auf die Treppe gekommen und rücksichtslos auf das Ehepaar zugekommen. Im Vorbeigehen habe sie dann neben ihm in die Pfeife geblasen, habe „hämisch gegrinst“ und sei dann direkt in die Wohnung der Eltern gegangen, die offen gestanden sei.

„Haben Sie die Angeklagte berührt oder angerempelt?“, wollte die Richterin wissen. „Sie hat gegen meine Einkaufstasche getreten. Wir waren zuerst auf der Treppe – sie hätte oben warten müssen“, sagte der 73-Jährige. Seine Frau, die anschließend als Zeugin gehört wurde, bestätigte den Vorfall und ergänzte: „Ich bin ja hinter meinem Mann gestanden, aber von dem Gepfeife wäre mir beinahe das Ohr weggeflogen.“ Doch wie sollte man in einem solchen Fall von offensichtlichem Nachbarschaftsstreit entscheiden? Mit einer geständigen Angeklagten, die zwischenzeitlich weggezogen war, einem Geschädigten, dessen Folgen durch die Tat schon am nächsten Tag wieder abgeklungen waren und laut Ohrenarztgutachten keine bleibenden Schäden verursacht hätten – und letztlich zwei Aussagen, die einander gegensätzlich waren?

Die Staatsanwältin schlug deshalb vor, das Verfahren nach Paragraph 153 wegen Geringfügigkeit einzustellen. Das fanden zwar weder die Angeklagte noch die Geschädigten gut, nahmen das Angebot jedoch an.

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