Thema Leader-Region  Bergisches Wasserland Die guten Ideen sollen belohnt werden

Bergisches Land · 20 Leader-Projekte im Bergischen werden seit 2016 unterstützt. Martin Deubel gab auf einer Busrundfahrt dem Programm ein Gesicht.

 Draisinenfahrt in Dahlhausen: Damit auch Gehbehinderte oder Menschen im Rollstuhl die Fahrt auf den Schienen ermöglicht werden kann, wurden behindertengerechte Draisinen mit den Fördergeldern finanziert.

Draisinenfahrt in Dahlhausen: Damit auch Gehbehinderte oder Menschen im Rollstuhl die Fahrt auf den Schienen ermöglicht werden kann, wurden behindertengerechte Draisinen mit den Fördergeldern finanziert.

Foto: Theresa Demski

Am Anfang der Geschichte steht ein voller Fördertopf. 2,4 Millionen Euro hat die Europäische Union der Leader-Region Bergisches Wasserland zur Verfügung gestellt: Wer eine gute Idee für die Region hat, aber nicht genug Geld, der soll Unterstützung erhalten. Das Programm heißt „Leader“, was aus dem Französischen übersetzt so viel bedeutet wie „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft“. Sperrig. Und auch deshalb werde es Zeit, dass das Projekt ein Gesicht bekomme, sagt Regionalmanager Martin Deubel. Also hat er eingeladen: Vertreter aus Verwaltung, Politik und Vereinen und den Leader-Vereinsvorstand. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, um zu sehen, wo Leader bereits wirkt.

1,3 Millionen Euro, also 54 Prozent der möglichen Fördergelder, seien bereits reserviert. Insgesamt 20 Projekte würden damit gefördert, sieben seine schon in der Umsetzung. Häufig sind Vereine die Projektträger, aber auch Privatleute, Unternehmen oder Kommunen können von dem Programm profitieren. Allerdings: Im Fokus darf nie der eigene Gewinn, sondern muss immer die Stärkung der ländlichen Region stehen. Und genau die nehmen die Teilnehmer der Bustour nun unter die Lupe. Hermann Immer und Guido Forst von der Bezirksregierung, an der bei jedem Antrag die endgültige Zustimmung hängt, sind dabei. Freunde aus benachbarten Leader-Regionen, auch einige Vertreter aus den Rathäusern wie Yvonne Kuhl aus Wermelskirchen, die im Amt für Stadtentwicklung arbeitet.

Ihre Reise beginnt in Blecher beim Turnverein. Rund 100.000 Euro bekommen die Sportler für ihre Idee aus dem Leader-Topf – und damit die höchstmögliche Förderung eines Projektes von 60 Prozent. Hier hat Leader bereits Spuren hinterlassen: Die barrierefreien Sanitäranlagen nehmen Gestalt an. „Unsere Tartanbahn war alt“, sagt Vereinsvorsitzender Bernd Pugell. Und erste Vereinsmitglieder seien abgewandert. Nun also das Geld der EU. „Dafür sind wir dankbar“, sagt er, „jetzt können wir uns für die Zukunft aufstellen.“

In Wermelskirchen lässt Udo Wasserfuhr an der RVK-Niederlassung bereits den Anhänger des Fahrradbusses vorfahren. Der Prokurist der Verkehrsbetriebe ist ein Pionier auf dem Gebiet der Leader-Projekte. Der von Leader geförderte Fahrradbus fährt seit vergangenem Jahr und die Zahlen der Gäste steigen. 2000 Einsteiger zählt der RVK in den ersten vier Monaten 2017, in diesem Jahr geht Wasserfuhr von 4000 Passagieren aus. Reservierungswünschen muss er allerdings auch den Besuchern mit den Fördergeldern abschlagen: Das sei nicht zu organisieren und auch nicht im Sinne des Öffentlichen Nahverkehrs.

 Guido Forst erinnert daran, dass der viel kritisierte bürokratische Aufwand auch seinen Sinn habe. So müssen Antragssteller zum Beispiel mindestens drei Angebote für jedes Gewerke einholen – um Vetternwirtschaft zu verhindern. Es geht am Ende um Steuergelder, die in der Region für die Umsetzung besonderer Ideen eingesetzt werden. Und Forst glaubt fest an das Programm: „Wir wollen schlummerndes Potential wecken“, sagt er noch, „und wir haben die Fährte aufgenommen.“

Gefunden haben sie es auch in Dabringhausen. Dominik Roenneke, Vorsitzender des Betreibervereins des Freibads, erwartet die Gruppe bereits. Und während im Hintergrund die Wakeboarder, die die Anlage nach der Saison gemietet haben, ihr Können zeigen, präsentiert Roenneke die Idee des Vereins: Aus Restholz, das die Forstbetriebsgemeinschaft zur Verfügung stellt, werden erst Hackschnitzel und dann Energie gemacht. 15.000 bis 20.000 Euro Heizkosten will der Verein damit künftig im Jahr sparen. Und die Ideen sprudeln weiter: „Wenn wir dieses Projekt umgesetzt haben, wollen wir die Stromkosten angehen“, sagt Dominik Roenneke. 150 Euro pro Tag zahlt der Verein im Moment – vor allem für die Umwälzung des Wassers. Photovoltaik könnte das Problem lösen. Aber das sei noch Zukunftsmusik. „Unser Ziel ist es, Geld zu sparen und so wieder längere Öffnungszeiten zu ermöglichen“, erklärt Roenneke den Besuchern. Und die freuen sich sichtlich über die Idee.

Die nächste Etappe ist lang: Rund 30 Kilometer chauffiert die Busfahrerin die Gäste durchs Bergische Land. Vor allem jene Teilnehmer, die selten in der Region zu Gast sind, kommen ins Staunen. Über Talsperren und Flüsse, über Aussichten und Schleichwege. Am Ende des Weges wartet schon Armin Barg vom Verein Wuppertrail. Er hat extra eine Ausflugsgruppe mit den Draisinen angehalten, um den Besuchern die neuen Schmuckstücke zu zeigen, die nun auch Menschen mit Gehbehinderung oder im Rollstuhl die Fahrt auf den Schienen ermöglicht.

Er schwärmt so leidenschaftlich von dem Projekt, dass die Besucher gar nicht anders können, als ihm die gleiche Aufmerksamkeit und Begeisterung entgegenzubringen, wie den ersten Projektträgern. Er führt die beiden neuen behindertengerechten Draisinen vor, die mit Leader-Geldern angeschafft wurden, träumt von mehr Gastronomie an der Strecke und verspricht, bald auch die Zuwegung umgesetzt zu haben.

Die drei anderen Projekte, die sich in der Region bereits in der Verwirklichung befinden, passten an diesem Tag nicht mehr unter den Hut. Aber es soll eine nächste Tour geben – und dann könnten auch bereits neue Projekte in den Blick genommen werden, wie das Wermelskirchener Juca-Konzept „Youthnited“, das bereits eine Zusage hat.

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