Amtsgericht in Wermelskirchen Kuriose Geschichte schützt nicht vor Strafe

Wermelskirchen · 50-Jährige aus Remscheid soll in Arnzhäuschen Unfall verursacht haben – mit 2,06 Promille im Blut.

 Der Richter am Wermelskirchener Amtsgericht hörte von der Angeklagten eine höchst außergewöhnliche Geschichte.

Der Richter am Wermelskirchener Amtsgericht hörte von der Angeklagten eine höchst außergewöhnliche Geschichte.

Foto: Tim Kronner

Alkohol ist nie ein guter Problemlöser. Schon gar nicht, wenn man einen Autounfall hat. Dabei einen weiteren Wagen so sehr beschädigt, dass 18.000 Euro Schaden entstehen, um dann mit einer Flasche Wodka im Gepäck durch die Nacht spaziert, diese mehr oder weniger leert und von der Polizei mit einem Blutalkoholwert von 2,06 Promille aufgegriffen wird. So unglaublich, so wahr. Der Fall einer 50-Jährigen aus Remscheid wurde vor dem Amtsgericht verhandelt.

Die Frau soll mit ihrem Wagen in Arnzhäuschen einen Unfall mit einem parkenden Pkw verursacht, dabei ein Verkehrsschild umgerollt und verletzt den Unfallort verlassen haben. Sie selbst, anwaltlich vertreten, tischte dem Gericht eine abenteuerliche Geschichte auf. Die 50-Jährige beharrte darauf, dass man ihr den Wagen gestohlen hatte, als sie kurz am Wegesrand gehalten hatte, um auszutreten. Ursprünglich sei sie auf dem Weg zu einer Party in Wermelskirchen gewesen, weshalb sie auch den Wodka bei sich hatte. Als sie vom Austreten zurückgekommen sei, sei der Wagen verschwunden gewesen. „Ich habe mich dann auf den Weg nach Remscheid gemacht, und weil ich so verzweifelt war, habe ich angefangen zu trinken. Dabei bin ich mehrfach gestürzt, weil ich so betrunken war“, sagte die Angeklagte. Irgendwann sei sie von der Polizei aufgefunden und mitgenommen worden. Wer mit ihrem Wagen den Unfall gehabt hatte, könne sie nicht sagen.

Die Geschichte war so haarsträubend, dass das Nachfragen des Richters einer gewissen Komik nicht entbehrte. „Haben Sie gepinkelt?“, fragte er. „Ja“, antwortete sie. „Wo?“ – „In die Büsche.“ Angeblich sei sie dafür eine Viertelstunde weggewesen, in der das Auto gestohlen worden sei. „Sie wollen mir erzählen, dass Sie aussteigen und dann noch sieben Minuten zum Pinkeln gehen?“ fragte der Richter. Ja, sagte die Angeklagte. „Um Mitternacht, zwischen Arnzhäuschen und Kreckersweg am Waldrand“, hielt der Richter fest. Was sie denn glaube, was mit dem Auto passiert sei, wollte er wissen. „Na, gestohlen, was denn sonst?“, kam postwendend die Antwort. Und dann sei sie zwei Stunden durch die Dunkelheit gewandert und habe Wodka getrunken, sagte die 50-Jährige. „Ich habe schon viel gehört, aber das gehört zu den interessantesten Einlassungen“, sagte der Richter. Einer der beiden Polizisten berichtete dem Gericht von Airbag-Pulver, das an der Hand der Angeklagten gefunden worden sei. Der Airbag war beim Aufprall aufgeplatzt.

Die Staatsanwältin sah die Schuld der Angeklagten als erwiesen an und plädierte wegen des hohen Schadens, der unglaubwürdigen Aussage und der Uneinsichtigkeit auf eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je zehn Euro sowie einer Führerscheinsperre von zehn Monaten. Der Anwalt forderte einen Freispruch. „Wir haben nur eine ungeklärte Fahrt und eine Mandantin mit einer sicherlich außergewöhnlichen Geschichte. Es muss aber der Grundsatz ‚In dubio pro reo‘ gelten.“

Der Richter schloss sich der Staatsanwältin an. „Ihre Geschichte ist voller Widersprüche. Ich glaube Ihnen kein Wort, Ihre Einlassung war von vorne bis hinten erlogen. Aber wir müssen das Gegenteil belegen – und da kommen die Polizeibeamten ins Spiel, die anhand des Airbag-Pulvers an Ihren Händen beweisen können, dass sie beim Unfall am Steuer saßen.“

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