Krötenwanderung in Wermelskirchen Krötenretter auf dunklen Straßen

Wermelskirchen · Jeden Abend sind sie im Eschbachtal im Einsatz: Die Ehrenamtlichen des Bergischen Naturschutzvereins helfen den Kröten über die Straße. Die Population wird trotzdem sinken. Ein Ortsbesuch bei Ulrich Schott und Petra Meier.

 Mit Eimern und Lampen unterwegs: Petra Meier und Ulrich Schott retten Kröten im Eschbachtal und bringen sie in Eimern zum Laichgewässer.

Mit Eimern und Lampen unterwegs: Petra Meier und Ulrich Schott retten Kröten im Eschbachtal und bringen sie in Eimern zum Laichgewässer.

Foto: Theresa Demski

Es ist stockdunkel. Hin und wieder rast ein Auto vorbei, in der Ferne bellen die Hunde im Tierheim. Ulrich Schott wandert an der dunklen Straße entlang. In der einen Hand hält er den weißen Eimer, in der anderen eine große Lampe. Sein konzentrierter Blick wechselt zwischen Straßenrand und Fahrbahn. „Da sitzt einer“, sagt er plötzlich, und dann kniet er sich in seinen grünen Gummistiefeln an den Straßenrand, greift vorsichtig zu und befördert die kleine, männliche Kröte in den Eimer. Wieder ein Leben gerettet. „Wenn die Tiere aus dem Wald kommen, dann machen sie hier im feuchten Gras oft erstmal eine kleine Pause“, sagt Ulrich Schott. Das ist die große Chance für die Krötenretter. Wenn sie diesen Moment kurz nach der Dämmerung abpassen, dann haben die Tiere den gefährlichen Weg über die Straße im Eschbachtachtal noch nicht angetreten. „Aber die Tiere warten natürlich nicht, bis wir vorbeikommen“, sagt Schott.

Und deswegen gilt sein Blick genauso der Fahrbahn. Wieder lässt er den Lichtkegel wandern. Aus dem Eimer klingt ein leises Quaken. Dort sitzen acht kleine, männliche Kröten. „Ich überlege schon manchmal, was sich die Tiere in dieser Situation denken“, sagt Schott. Sie ahnen wohl nicht, dass sie die Reise im Eimer direkt zu ihrem Ziel führen wird – dem Laichgewässer, von dem sie nach getaner Arbeit in einigen Wochen zurückkehren werden. Der Weg dorthin ist gefährlich. Die Tiere haben die kalten Monate in Winterstarre unter dem Laub im Wald verbracht. „Wenn die Temperaturen dann auf sechs Grad steigen, machen sie sich kurz nach der Dämmerung bis in den späten Abend hinein auf den Weg zum Wasser“, erklärt Schott. Dabei halten die Männchen Ausschau nach den deutlich größeren Weibchen. Haben sie eines gefunden und passt die Chemie, lassen sich die männlichen Kröten den Rest des Weges tragen – huckepack.

„Bisher haben wir nur sehr wenige Weibchen angetroffen“, sagt Schott. Die kleinen Kröten sind also noch alleine auf dem Weg, in der Hoffnung, dass sie am Laichgewässer fündig werden und die nächste Generation der Kröten sichern können. Die ist noch aus anderen Gründen in Gefahr: „Früher haben wir mehr als 2000 Tieren im Jahr über die Straße geholfen“, sagt Schott. Im vergangenen Jahr, nach dem ersten heißen Sommer, waren es noch 1100. „Ich fürchte, in diesem Jahr werden es noch weniger“, sagt der Naturschützer, „der letzte Sommer war so trocken, dass sogar der Teich hier im Tal ausgetrocknet ist.“ Die niedrigen Zahlen deuten sich schon an. In den ersten Wochen, seit die Naturschützer die Zäune und Eimer im Eschbachtal aufgestellt haben, um den Tieren den Weg auf die gefährliche Straße zu versperren, ist die Zahl der Wanderer niedrig – trotz warmer Temperaturen und Regen.

Ulrich Schott hält auf seiner Wanderung entlang der Straße kurz inne. In der Ferne hört er ein Auto heranfahren. Er leuchtet dem Fahrzeug entgegen, um sich bemerkbar zu machen. Der Autofahrer reduziert die Geschwindigkeit kaum und fährt vorbei – einen Blick für die Kröten auf der Straße hat er nicht. Anders als Ulrich Schott: In diesem Moment entdeckt er eine große, weibliche Kröte mitten auf der Straße. Ulrich Schott sammelt das Tier ein und weist ihm einen Platz im Eimer zu, wo inzwischen auch ein Frosch sitzt. „Viele Tiere wandern am Zaun vorbei und landen am Ende doch auf der Straße“, sagt Ulrich Schott und deutet betrübt auf eine überfahrene Kröte auf der Fahrbahn. Umso wichtiger sei es, dass die Ehrenamtlichen jeden Abend und auch morgens zur Kontrolle der Eimer im Eschbachtal unterwegs sind – bis zu 700 Kröten haben sie in der Vergangenheit bereits an einem Abend gerettet. An der Kreuzung grüßt Ulrich Schott kurz seine Vereinskollegin Petra Meier, die ebenfalls Kröten aufsammelt. Meistens sind die Ehrenamtlichen zu zweit unterwegs.

Wer Ulrich Schott nach seiner Motivation fragt, der bekommt eine klare Antwort: „Wir haben den Kröten eine Straße durch ihren Garten gebaut“, sagt er, „wir Menschen würden uns das nicht gefallen lassen, die Kröten haben aber keine Chance, sich zu wehren.“ Deshalb trägt er abends zwei, auch mal drei oder vier Stunden lang die Tiere über die Straßen. „Hinzu kommt, dass wir hier im Eschbachtal ein besonderes Stückchen Erde haben“, sagt er und erinnert an die Moose aus der Eiszeit, an das Quellmoor, in dem heute wieder seltene Pflanzen und Tiere leben. „Hier können wir wirklich etwas schaffen, in dem wir Natur schützen und erhalten“, sagt Schott.

Und dann spaziert er mit seinem Eimer zum Teich und hilft den Tieren ins Wasser. Ein Männchen hat seinen Platz auf dem einzigen Damenrücken im Eimer gefunden. Ein glücklicher Abend für die Kröten.

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