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Kneipen in Wermelskirchen „Durststrecke“ am Tresen bis zum Frühjahr

Wermelskirchen · Bundesweit werden einige Kneipen die Corona-Krise nicht überstehen, sagen Experten. In Wermelskirchen sind die Betreiber noch optimistisch. Die Wirte wollen die Situation aussitzen. Ans Aufgeben denkt keiner.

 Seit Wochen dürfen Gäste nicht in die „Centrale“ in Wermelskirchen. Die Inhaber hoffen auf Lockerungen im Frühjahr.

Seit Wochen dürfen Gäste nicht in die „Centrale“ in Wermelskirchen. Die Inhaber hoffen auf Lockerungen im Frühjahr.

Foto: Kathrin Kellermann

Der Begriff „Kneipen-Sterben“ war schon vor Corona landauf und landab in alle Munde. Alteingesessene Gaststätten wie die „Wustbach-Klause“, der „Keil“ an der Remscheider Straße oder die Dabringhausener „Zur Ecke“ schlossen ihre Pforten, als noch niemand das Covid-19-Virus kannte. Die Sorge vieler Fans der Gastro-Szene und der Kneipen-Kultur: Befeuert die Pandemie diese Entwicklung zusätzlich? Die gute Nachricht mitten im zweiten Lockdown: Keiner denkt daran, die Flinte ins Korn zu werfen. Das sagen zumindest die Wermelskirchener Wirte einstimmig, die unsere Redaktion befragt hat. Gemeinsam haben die Gastronomen außerdem, dass ihnen die sprichwörtliche Decke auf den Kopf fällt und sie sich danach sehnen, wieder die Zapfhähne zu ziehen. Um die unfreiwillige Freizeit zu verbringen, machen die einen lange Fahrradtouren, andere ausgiebige Spaziergänge mit dem Hund.

„Wenn ich mich noch mehr ärgere, bringt es ja auch nichts. Fakt ist: Die Leute dürfen nicht hinein, wir dürfen nicht öffnen. Viel schlimmer geht es nicht“, fasst Kosta Tirekoglou die Situation aus seiner Sicht zusammen. Der 50-Jährige, der gemeinsam mit Ioannis „Jani“ Tsiomos die „J+K Sportsbar“ am Busbahnhof betreibt, steht nicht nur seit Jahrzehnten am Zapfhahn in Wermelskirchener Gaststätten, sondern auch und wie kaum ein anderer für das Kneipen-Treiben in der Stadt: „Nicht nur in bei uns geht gerade eine ganze Kulturbranche den Bach herunter“, sagt er. Kneipen gehörten zum gesellschaftlichen Leben. „Und in Wermelskirchen gibt es ja schon nicht mehr viele Kneipen. Um jede weitere, die schließen muss, wäre es schlimm“, sagt Kosta Tirekoglou, aber: „Wir geben nicht auf.“ Inzwischen ist Kosta Tirekoglou mehrfach mit dem Fahrrad von Wermelskirchen nach Köln und wieder zurück geradelt, „um irgendetwas zu tun“. Für ihn ist klar: „Die zugesagten November- und Dezember-Hilfen müssten dann auch mal kommen.“ Er erwarte nicht, dass die Durststrecke schnell beendet sei: „Vor April wird es keine Öffnungen in der Gastronomie geben.“ Diese Einschätzung teilt auch Jens Koriandt vom Bistro in der Kattwinkelschen Fabrik, der mit seinem Hamburger Dialekt konstatiert: „Das ist Schiete. Ich sehe keine Öffnung vor April, Mai.“

Er habe noch nie so wenig gearbeitet, wie im vergangenen Jahr. Er bleibe aber optimistisch: „Wir können und werden die Situation aussitzen.“ Der 53-jährige Bistro-Katt-Wirt beobachtet die Entwicklung täglich: „Die Corona-Zahlen sind gruselig. Wir brauchen die Impfung für alle, damit wir das überstehen.“ Mit Ungewissheit blickt Jens Koriandt auf einen erneuten Start des Geschäfts nach dem Lockdown: „Tatsächlich habe ich im Frühjahr und Sommer viele Termine für geschlossene Gesellschaften, die aus 2020 um ein Jahr verschoben wurden.“ Ob die stattfinden und ob die Gäste das mit den begleitenden Einschränkungen mitmachen, stehe jedoch in den Sternen. Ähnlich sehe es bei den Veranstaltungen der Kattwinkelschen Fabrik aus, die er gastronomisch betreut: „Die müssen ja auch immer wieder verschoben werden – was davon übrig bleibt, kann derzeit niemand mit Gewissheit sagen.“ Aufgeben käme für ihn nicht in Frage: „Das mag sich wohl niemand vorstellen. Wenn das jeder macht, gäbe es nach Corona nichts mehr – die Gastro wäre kaputt.“

Ausgiebige Gassi-Runden mit dem Hund sorgen dafür, dass Mona und Dirk Götz von der „Centrale“ an die frische Luft kommen. „Während des Lockdowns im Frühjahr konnte man ja noch im Garten arbeiten. Im Moment kann man nicht wirklich etwas machen. Das ist ein bisschen wie ein vorgezogenes Rentner-Dasein“, sagt Dirk Götz mit einem Lachen und beschreibt: „Die Überbrückungshilfen sollen beim Decken der laufenden Kosten helfen – für das Private bleibt da nichts.“ Da könne sicherlich manch einem Gastronomen die Luft ausgehen, denn Leben müssten die von Rücklagen. Die staatlichen Hilfsmaßnahmen würden nicht ausreichend und passgenau greifen. „Ich hätte aber im Januar einen noch härteren Lockdown für richtig gehalten“, betont Dirk Götz: „Die Corona-Zahlen müssen herunter, und alle müssen sich an die Einschränkungen halten, damit wir alle schnellstmöglich da heraus kommen. Das gilt für gesundheitliche und wirtschaftliche Aspekte.“ Ein Diskutieren über die Zahlen oder gar Demonstrieren helfe nicht weiter. Dirk Götz setzt darauf, dass der Lockdown auf die Gastronomie im ländlichen Wermelskirchen weniger gravierende Folgen hat, als in Tourismus-Gebieten oder in Großstädten: „Bei uns sind die laufenden Kosten nicht so hoch, die man aus eigener Tasche berappen muss. Es ist ein Unterschied, ob man monatlich 300 Euro zu den Hilfen zuschießen muss oder 3000 Euro.“

Bloß, weil jemand in der Vergangenheit mehr Umsatz gemacht habe, hätte er ja nicht automatisch mehr Rücklagen. Er rechne damit, dass sich die Lage für die Gastronomie bessert, sobald das Wetter besser werden und die Leute sich wieder mehr draußen aufhalten können: „Ich habe jedoch nicht das Gefühl, dass wir vor März oder April öffnen können.“ Bestimmt werde die Politik auf jeden Fall die Karnevals-Tage abwarten, um auf „Nummer Sicher“ zu gehen. Genauso wie er selbst, würden auch seine Mitarbeiter mit den Hufen scharren, beschreibt der 53-Jährige: „Wir freuen uns alle darauf, wieder arbeiten zu dürfen.“ Dirk Götz sieht die wirtschaftlichen Einschnitte auch bei seinem Team: „Die Angestellten sind in Kurzarbeit, die Aushilfen haben nichts. Und das Trinkgeld fehlt. Also müssen die Mitarbeiter gerade auch die Gürtel enger schnallen.“

 „Centrale“-Betreiber Dirk Götz hofft, dass die Corona-Krise den Kneipen im ländlichen Raum nicht so sehr schadet.

„Centrale“-Betreiber Dirk Götz hofft, dass die Corona-Krise den Kneipen im ländlichen Raum nicht so sehr schadet.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)
 Jens Koriandt, Pächter des Katt-Bistro gibt sich kämpferisch im zweiten Lockdown: „Wir können und werden die Situation aussitzen.“

Jens Koriandt, Pächter des Katt-Bistro gibt sich kämpferisch im zweiten Lockdown: „Wir können und werden die Situation aussitzen.“

Foto: Michael Schütz/Schütz, Michael (msch)

Der „Centale“-Wirt sieht erst für die zweite Sommer-Hälfte des Jahres eine Entspannung: „Dann zeigen sich hoffentlich die ersten Ergebnisse der Impfungen.“ Und weiter: „Im Moment fehlt uns Gastronomen und unseren Mitarbeitern total der Kontakt zu den Gästen.“

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