Montagsinterview in Wermelskirchen „Loches ist einfach schön“

Wermelskirchen · Klaus Flanhardt ist seit fünf Jahren Vorsitzender des Vereins „Städtepartnerschaft Wermelskirchen – Loches". Im Interview spricht er über seine Verbindungen zur Stadt an der Loire – auch in Zeiten der Corona-Krise.

 2019 kam ein neues Schild für die Städtepartnerschaft. Mit dabei (v.l.): Klaus Flanhardt, Stefan Görnert und Jean-Pierre Grangeret.

2019 kam ein neues Schild für die Städtepartnerschaft. Mit dabei (v.l.): Klaus Flanhardt, Stefan Görnert und Jean-Pierre Grangeret.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Herr Flanhardt, seit wann leiten Sie das Partnerschaftskomitee?

Klaus Flanhardt Ich bin seit 5 Jahren 1. Vorsitzender des Vereins "Städtepartnerschaft Wermelskirchen – Loches e.V.", seit seiner Gründung. Davor war es ja ein Arbeitskreis, den ich zuletzt auch für sieben Jahre geleitet habe, die ersten drei davon zusammen mit Heide Engels, insgesamt bin ich also bald zwölf Jahre Vorsitzender. Wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen? Flanhardt Seit 1984 bin ich Mitglied im Arbeitskreis. Heide Engels hat ihn zusammen mit ihrem Mann geleitet, bis es ihm gesundheitlich nicht mehr so gut ging. Zunächst habe ich die Finanzen übernommen, und bin so nach und nach in die Aufgaben hineingewachsen. Warum wurde erst über 40 Jahre nach der Einrichtung der Städtepartnerschaft ein Verein gegründet? Flanhardt Irgendwann kam von den Mitgliedern der Wunsch auf, einen Verein zu gründen. Ich habe immer gefragt: Warum brauchen wir einen Verein? Die Begründung lautete: Damit wir Spendenquittungen ausstellen können. Bei der Gründerversammlung des Vereins am 9. März 2016 waren 31 Personen anwesend. Nun sind wir ein Verein und haben derzeit gut 90 Mitglieder. Welche Aufgaben hat das Partnerschaftskomitee? Flanhardt Die Hauptaufgabe ist, das Verhältnis zwischen Wermelskirchen und Loches zu pflegen - in kultureller Hinsicht, zwischen den Vereinen und auch zwischen den Privatpersonen beider Städte. Welche Aktionen und Veranstaltungen planen Sie in diesem Rahmen? Flanhardt Corona mal beiseite gelassen - jedes Jahr zu Himmelfahrt kommen im jährlichen Wechsel die Bürger aus Loches zu uns nach Wermelskirchen und umgekehrt, die Wermelskirchener fuhren nach Loches. Bei Jubiläen gab es einige Jahre auch weitere zusätzliche Besuche und Gegenbesuche. Das haben wir aber dann irgendwann sein gelassen - weil es auch insgesamt eine zu hohe finanzielle Belastung für beide Seiten wurde. Jubiläen werden jetzt während der regulären Besuche gefeiert. Wir arbeiten jetzt schon auf unser 50-jähriges Bestehen im Jahr 2024 hin. Außerdem veranstalten wir im Laufe des Jahres verschiedene Aktivitäten, etwa die Teilnahme an Stadtfesten, ein literarisches Frühstück, Weinverkostungen oder Musikveranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Kulturinitiative Wermelskirchen im Haus Eifgen. Haben Sie selbst Verbindungen zur französischen Partnerstadt? Flanhardt Ja, privat wie auch durch die Partnerschaft offiziell. Wann sind Sie zum ersten Mal dort gewesen? Flanhardt Das war zur Feier des 10-jährigen Bestehens der Partnerschaft im Jahre 1984. Mittlerweile haben wir einige private Verbindungen nach Loches. Ich sage immer: Ich kann mich ins Auto setzen und nach Loches fahren - und habe dort immer ein Bett. Mich kennen dort viele Menschen. Meine Frau und ich haben dort wirklich gute Freunde gefunden. Und wann bis lang zum letzten Mal? Flanhardt Das war im Vorjahr. Seit einigen Jahren werden wir zum EU-Treffen - das immer um den 14. Juli, den französischen Nationalfeiertag, stattfindet, eingeladen. Dort waren wir auch schon einmal mit der Tanzgruppe der "Dhünnschen Jecken", was ganz besonders gut angekommen ist. Auch weil man diese Art der Gardetänze in Frankreich nicht kennt. Im Vorjahr wurden wir von der Band des jungen Wermelskircheners Daniel Steiner begleitet. Was macht das besondere Flair der Stadt für Sie aus? Flanhardt Das macht besonders die Freundlichkeit der Einwohner aus. Von einer gewissen, in anderen Regionen vorhandenen, Zurückhaltung gegenüber Deutschen merkt man dort gar nichts. Loches ist eine kleine gediegene Stadt mit einem schönen Schloss aus dem 14. oder 15. Jahrhundert und einem mittelalterlichen Stadtkern. Im Sommer ist das Städtchen mit zahllosen Blumen geschmückt. Loches strahlt eine ganz besondere Ruhe aus, die einfach nur schön ist. Wenn man dort ist, hat man auch einen guten Ausgangspunkt um weitere Loire-Schlösser zu besuchen. Ich mache bei jedem Besuch Witze darüber, ob die jetzt wieder ein neues Schloss ausgegraben haben… Loches ist einfach schön. Haben Sie derzeit Kontakt zu den Menschen vor Ort? Flanhardt Wir telefonieren regelmäßig und stehen per E-Mail und Facebook in Verbindung. Mit unserem befreundeten Ehepaar von 1984 haben wir immer noch Kontakt, leider ist vor zwei Jahren der Mann verstorben. Wir konnten zwar nicht bei der Beerdigung sein, weil wir damals in Urlaub waren. Eine Woche später waren wir aber dort zu einem Kondolenzbesuch. Der Verlust geht mir heute noch nahe. Die Familie war oft bei uns. Manchmal riefen sie an: "Seid ihr zu Hause? Wir kommen!" Und dann kamen sie tatsächlich mit bis zu fünf Personen. Können Sie die Situation in Corona dort kurz beschreiben? Flanhardt Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie waren in Frankreich ja ein gutes Stück härter als bei uns. Die Menschen durften zeitweise nur eine Stunde aus dem Haus. Wenn sie angehalten wurden und die Zeit überschritten hatten, wurden sie bestraft. Jetzt dürfen sie sich bis zu 100 Kilometer von ihrem Zuhause entfernen. Unsere Freundin, die ich gerade erwähnte, lebt allein, auch wenn die Kinder in der Nähe von Loches wohnen. Sie hat keinen Führerschein und sagt immer: "Ich bin eingesperrt und komme nirgendwo hin. Das ist schon eine schwierige Situation. Aber zum Glück ist von all unseren Freunden in Loches bislang kein Mensch infiziert. Welche Bedeutung messen Sie dem Thema Städtepartnerschaft allgemein bei? Flanhardt Das ist sehr wichtig, weil es der Völkerverständigung dient. Wir wären in diesem Jahr bei dem schon erwähnten EU-Treffen Hauptredner gewesen - Grund: 30 Jahre Wiedervereinigung. Jemand aus Wermelskirchen hätte in Frankreich eine Rede halten dürfen. Das ist schon eindrucksvoll, wenn man sich der Dimension dieser Freundschaft bewusst ist. Können Sie helfen Populismus und Nationalismus zu bekämpfen? Flanhardt Das kann ich tatsächlich nicht sagen. Ich bin parteilos und das ist gut so. In der Partnerschaft geht es um Frieden und Freundschaft zwischen den Völkern. Dazu passt eine schöne Anekdote: Mein vor zwei Jahren verstorbener Freund, und das habe ich erst im Nachhinein erfahren, ist mit militärischen Ehren begraben worden. Über seinem Sarg war die Trikolore, also die französische Flagge, gespannt. Zahlreiche Veteranen waren gekommen. Ich habe dann gefragt, warum das so war – und habe dann erfahren, dass er im Algerien-Krieg gedient hatte. Und wissen Sie was? Ich wusste das nicht – weil wir NIE über Politik gesprochen haben. Das ist letztlich ein deutliches Zeichen dafür, dass wir nicht in Grenzen, sondern in Freundschaften denken. Wolfgang Weitzdörfer führte das Interview Info Städtepartnerschaft besteht seit 1974 Partnerschaft offiziell gegründet zwischen Wermelskirchen und der Kleinstadt an den Flüssen Loire und Indre 1974 Organisation: Um die Belange der Partnerschaft kümmert sich das Partnerschaftskomitee, dessen Vorsitzender ist Klaus Flanhardt Kontakt Geschäftsstelle Telegrafenstraße 29-33, Tel. 02196 710105, E-Mail: staedtepartnerschaft@wermelskirchen.de

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