ADFC in Wermelskirchen Klage auf gegenläufigen Radverkehr in Einbahnstraße scheitert an zwei Zentimetern

Wermelskirchen · Das Verwaltungsgericht lehnt die Klagen von Frank Schopphoff ab, die Telegrafenstraße wieder für den gegenläufigen Radverkehr zu öffnen. Er hatte gegen die Stadt geklagt. Laut ADFC fehlen zwei Zentimeter, damit sich Bus und Radfahrer gefahrlos begegnen könnten.

 Frank Schopphoff zeigt, wo der Engpass ist und wo zwei Zentimeter fehlen, um die nötige Fahrbahnbreite für Rad-Gegenverkehr zu haben.

Frank Schopphoff zeigt, wo der Engpass ist und wo zwei Zentimeter fehlen, um die nötige Fahrbahnbreite für Rad-Gegenverkehr zu haben.

Foto: Udo Teifel

Das Thema „gegenläufiger Radverkehr“ auf der Telegrafenstraße ist erst einmal Geschichte. Das Verwaltungsgericht Köln hat jetzt die Klage von Frank Schopphoff gegen die Stadt abgewiesen. Der Wermelskirchener und frühere ADFC-Sprecher wollte erreichen, dass das Radfahren gegen die Einbahnstraße wieder zugelassen wird. Für den ADFC ist dieses Urteil von bundesweiter Bedeutung.

Unter dem damaligen Bürgermeister Eric Weik wurde 2011 die Telegrafenstraße für das Radfahren entgegen der Einbahnstraße auf Antrag von Schopphoff zugelassen. Damals – leider – ohne einen deutlichen (Schutz-)Streifen für die Radfahrer, so dass Fußgänger, Autofahrer und Radfahrer oft orientierungslos durch die Straße irrten. Autofahrer parkten den linken Fahrbahnrand zu, so dass Radfahrer mitten auf der Straße fahren mussten. Nur jeweils am Anfang und Ende der Straße befand sich ein kleines Hinweisschild.

 Gegenläufiger Radverkehr auf der Telegrafenstraße: Das wird es weiterhin nicht geben.

Gegenläufiger Radverkehr auf der Telegrafenstraße: Das wird es weiterhin nicht geben.

Foto: Teifel/Teifel, Udo (tei)

Zu schweren Unfällen war es nicht gekommen. Wohl aber machte die Stadt ihre Entscheidung 2013 nach Druck aus der Politik rückgängig. Argumentation der Stadt damals: Es sei seit der Öffnung zu einer Unfallhäufung gekommen. Frank Schopphoff verfolgte aber sein Begehren weiter und beantragte im Jahr 2017 erneut die Zulassung des gegenläufigen Radverkehrs. Die Stadt lehnte dies ab, weil es durch die Öffnung der Einbahnstraße für Radfahrer in beiden Richtungen zu einer Gefahrenlage kommen würde. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und unter anderem laut Verwaltungsgericht Köln vorgetragen, die Führung des Radverkehrs durch die Telegrafenstraße entgegen der Fahrtrichtung sei sicherer als über Alternativstrecken. Schopphoff: „Das hat ein Behördentermin festgestellt.“ Die vorhandene Fahrbahnbreite sei ausreichend und entspreche den maßgeblichen Richtlinien und Regelwerken.

Aus einer Unterlage des Fachausschusses aus Juni 2012 zitiert der ADFC jetzt in einer Stellungnahme zum Urteil. Da heißt es: „Alle Erfordernisse für den gegenläufigen Radverkehr sind erfolgt. Der Parkdruck bleibt freilich hoch. Die Polizei sah die Situation nach einem Jahr unproblematisch an. Das Ordnungsamt sah keine negativen Auswirkungen.“ Ende 2018/Anfang 2019 dann beauftragte der Stadtrat nach einer knappen Mehrheitsentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung den Bürgermeister, gegen die Klage von Schopphoff vorzugehen. Rainer Bleek hatte damals dieser Klage wenig Erfolgschancen eingeräumt. Ebenso wie die beauftragte Kanzlei. Christian Klicki (CDU), damals Fraktionsvorsitzender und Sprecher der größten Gruppe gegen den gegenläufigen Radverkehr, meinte im Januar 2019: Die Klage Schopphoffs sei zum jetzigen Zeitpunkt ungünstig, da erst die Entwicklung der Verkehrssituation nach dem Loches-Platz-Umbau abgewartet werden sollte. Er erwarte ein Urteil des Richters, damit bei dem kontrovers diskutierten Thema Frieden einkehrt.

Das Verwaltungsgericht ist nun nicht dem Ansinnen von Frank Schopphoff gefolgt und hat seine Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Stadt Wermelskirchen gehe aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles zu Recht von einer Gefahrenlage aus, bei der die StVO eine Öffnung der Einbahnstraße gegen die Fahrtrichtung für den Radverkehr nicht zulasse, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Insbesondere habe sie durch Vorlage einer sogenannter Schleppkurvenberechnung überzeugend dargelegt, dass ein an der Einmündung der Telegrafenstraße in den Brückenweg abbiegender Bus aufgrund des nach rechts abknickenden Straßenverlaufs der Telegrafenstraße in den Bereich schwenken würde, in dem sich ein in die Telegrafenstraße einfahrender Radfahrer befinden würde.

Auch sei diese an einigen Stellen nicht breit genug, um einen Fahrradschutzstreifen in entgegengesetzter Fahrtrichtung einzurichten. Ferner sei es nicht zu beanstanden, dass die Stadt Wermelskirchen die Verkehrssituation in der Innenstadt unverändert lassen wolle, bis sie darüber entschieden habe, wie der Loches-Platz und gegebenenfalls auch die Verkehrsführung an der Einmündung Telegrafenstraße/Brückenweg umgestaltet werden solle.

Nach Ansicht des ADFC geht es hier um zwei Zentimeter in der Kurve, in der der Brückenweg auf die obere Eich mündet (Höhe Eiscafé Venezia). Hier gebe es einen 32 Zentimeter breiten Randstreifen auf beiden Fahrbahnseiten, so Frank Schopphoff. Bleibt laut ADFC-Rechnung ein Fahrbahnstreifen von 3,48 Meter. Für entgegenkommende Gelenkbusse braucht man 3,5 Meter.

Frank Schopphoff hatte auf eine Signalwirkung durch das Urteil des Verwaltungsgerichtes gesetzt und auch in Wermelskirchen mittelfristig die Öffnung zahlreicher Einbahnstraßen für den gegenläufigen Radverkehr erwartet. „In Nachbarstädten wie Burscheid und Hückeswagen und fast allen Großstädten ist Radverkehr gegen die Einbahnstraße inzwischen selbstverständlich“, so Schopphoff. Für den ADFC sei das Urteil von bundesweiter Bedeutung. Schopphoff: „Es ist das erste, das deutlich macht: Gegenläufiger Radverkehr – fast überall außer in Wermelskirchen eher schon Standard – ist der Regelfall. Der muss nicht begründet werden – wenige örtliche Ausnahmen wegen einer außergewöhlichen Gefahrenlage wird es wohl weiterhin gegen.“

Die Stadt wartet jetzt ab, wie Frank Schopphoff auf das Urteil reagiert und ob er in Berufung geht. Florian Leßke: „Es gab zwei Entscheidungen in 2013 und 2018. Nach dem Urteil bleibt es so, wie es heute ist.“ Bürgermeisterin Marion Lück: „Für mich ist das keine Entscheidung für oder gegen den gegenläufigen Radverkehr, sondern es ist der klare Hinweis, dass man immer die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigen muss. Wir werden abwarten, wie die Verkehrssituation nach dem Umbau des Loches-Platz ist und dann die Lage neu beurteilen.“

Frank Schopphoff gab keinen Kommentar dazu, ob er in Berufung gehen wird. Dennoch ist seine Äußerung gegenüber dieser Redaktion bezeichnend: „Ich habe jetzt zehn Jahre für den gegenläufigen Radverkehr gekämpft. Ich bin jetzt 76 Jahre alt und werde mich nicht weiter mit dem Thema beschäftigen.“ 

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