Katholisches Familienzentrum in Wermelskirchen Medienpädagoge rät, Kinder beim Medienkonsum zu begleiten

Wermelskirchen · Medienpädagoge Tobias Schmölders informierte im Pfarrzentrum St. Michael über die Faszination, die Medien auf Kinder und Jugendliche ausübt – und gab Eltern Tipps für den Alltag.

 Medienpädagoge Tobias Schmölders rät die Zeit für Computerspiele zu begrenzen und empfiehlt, die Regeln wie Zeiteinschränkungen auch zu erklären.

Medienpädagoge Tobias Schmölders rät die Zeit für Computerspiele zu begrenzen und empfiehlt, die Regeln wie Zeiteinschränkungen auch zu erklären.

Foto: dpa/Tobias Hase

Eigentlich besucht Tobias Schmölders Schulklassen und Jugendgruppen. Regelmäßig ist er im Jugendarrest in Remscheid zu Gast. Dann macht sich der Medienpädagoge mit den Kindern und Jugendlichen auf eine Reise in die digitale Welt – ohne pädagogischen Zeigefinger. Er teilt ihre Begeisterung für die digitalen Möglichkeiten, aber er zeigt ihnen auch die Gefahren, die in der Welt von Smartphone, Computerspielen und Chatgruppen lauern. Regelmäßig gibt er diese Möglichkeit auch Müttern und Vätern bei Elternabenden – häufig mit einem neuen Blick auf die Faszination digitaler Welten und mit wertvollen Tipps im Gepäck. Jetzt war er auf Einladung des katholischen Familienzentrums im Pfarrzentrum St. Michael zu Gast – um mit Eltern ins Gespräch zu kommen.

Was macht die Faszination von digitalen Medien aus?

„Hinter der Begeisterung für Computerspiele und digitale Medien stecken Grundbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen“, sagt Tobias Schmölders. Computerspiele und digitale Kommunikationsplattformen brächten die Möglichkeit mit, etwas zu erleben. „Vor allem begegnen sie aber dem Wunsch der Kinder und Jugendlichen nach Zugehörigkeit“, weiß der Medienpädagoge. Apps wie WhatsApp würden dafür sorgen, dass man virtuell nicht mehr von seinen Freunden getrennt werde. Außerdem würden die digitalen Möglichkeiten dem Wunsch der Kinder und Jugendlichen nach der Entwicklung einer eigenen Identität begegnen. „Sie wollen erkannt werden, am liebsten so, wie sie sich auch selber sehen“, weiß Schmölders. Diese Möglichkeit biete ihnen das Netz an vielen Stellen. Es gebe fast zu jedem Thema eine Community.

Ab wann ist ein Smartphone für Kinder sinnvoll?

„Ab zwölf“, sagt der Medienpädagoge. Aber so kategorisch wie die Empfehlung klinge, sei sie nicht. Er wisse um den Wunsch von Eltern, dass ihre Kinder immer erreichbar seien. Auch deswegen hätten viele Jungen und Mädchen deutlich früher ein eigenes Smartphone – und um die Kinder nicht auszugrenzen. „Ich empfehle in diesen Fällen, das Handy gezielt für diese Zwecke der Kommunikation zu nutzen“, sagt Schmölders. Denn das Smartphone sei ein mächtiges Gerät – es sei wichtig, die Möglichkeiten einzuschränken und dann langsam mit den Kindern wachsen zu lassen.

Welche Gefahren bergen soziale Netzwerke?

Aus seinem Freundebuch aus den 1980er Jahren habe er eine Seite einfach rausgerissen, die ihn verletzt habe, berichtet Tobias Schmölders. Diese Möglichkeit allerdings gebe es in der digitalen Welt nicht. Die Gefahr von Cybermobbing sei groß: Eine fiese Bemerkung werde von anderen geteilt, eine eigene Dynamik entstehe. Dazu kämen private Fotos, die in Chatgruppen leichtfertig gepostet würden. „Und in Klassen berichten mir Schüler auch immer wieder davon, dass sie ziemlich genervt seien von der Klassen-Whatsapp-Gruppe“, berichtet der Medienpädagoge. Mehrere hunderte Nachrichten am Tag kämen bei vielen nicht gut an. Außerdem bestehe die Gefahr des Cybergroomings: Dann suchen Ältere bewusst Kontakt zu Jüngeren – häufig mit dem Ziel sexueller Belästigung.

Was empfiehlt er Jugendlichen in größeren Chatgruppen?

Schulklassen sollten sich selbst Regeln für die Nutzung der großen Klassen-Whatsapp-Gruppen geben, findet der Medienpädagoge. Darin könnten sie etwa festlegen, dass keine persönlichen Fotos oder brutale Gewaltbilder verschickt würden, Kettenbriefe unerwünscht und Informationen des persönlichsten Lebensbereichs besser im Privatchat aufgehoben seien.

Wie bewertet der Medienpädagoge Computerspiele?

„Ich bin selbst Gamer“, erklärt Schmölders. Während Mädchen das Smartphone deutlich öfter zur Kommunikation nutzen würden, seien Jungs häufig eher für Computerspiele zu begeistern. „Mir ist wichtig: Spiele machen nicht automatisch süchtig“, sagt der Medienpädagoge und erinnert an die soziale Komponente von Spielen. Aber: Es müsse eine zeitliche und inhaltliche Begrenzung geben. Jedes Spiel habe eine Alterskennzeichnung. Und Eltern könnten sich online über die Gründe für diese Kennzeichnung informieren. Wer Unterstützung für die Einschätzung suche, werde etwas unter www.spieleratgeber-nrw.de fündig.

Welche Regeln können im Familienalltag helfen?

„Sprechen Sie mit Ihren Kindern“, ermutigt der Medienpädagoge die Eltern. Die Kinder und Jugendlichen bräuchten dringend das Gefühl, dass sie im Zweifelsfall ihre Mutter und/oder ihren Vater fragen können – wenn zum Beispiel plötzlich Unbekannte in Chatgruppen auftauchen oder auch persönliche Fotos kursieren. Außerdem sollten Eltern jüngerer Kinder mit Beginn der Smartphonenutzung darauf hinweisen, dass sie regelmäßig gemeinsam in das Handy schauen. „Nicht heimlich“, betont der Experte. Und er empfiehlt, Regeln wie Zeiteinschränkungen oder App-Einschränkungen zu erklären. „Aber wir können nicht alles durch Verbote lösen“, sagt er, „wir sollten uns den Kindern und Jugendlichen stattdessen anbieten.“

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