In Wermelskirchen Karneval wird im Corona-Jahr gekippt

Wermelskirchen · Gesundheitsminister Spahn hatte es angedeutet: „Ich kann mir Karneval in diesem Winter nicht vorstellen.“ Das können die beiden Chefs der Vereine in Wermelskirchen auch nicht. Aber der Festausschuss schmiedet schon Plan B.

 So ein schönes buntes Bild wie mit den Frauen von „Noch Löher bei Kölle“ wird es 2020 nicht geben.

So ein schönes buntes Bild wie mit den Frauen von „Noch Löher bei Kölle“ wird es 2020 nicht geben.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die Aussage von Gesundheitsminister Jens Spahn: „Ich war selbst Kinderprinz und komme aus einer Karnevalshochburg. Ich weiß also, wie wichtig Karneval für viele Millionen Deutsche ist. Aber: Ich kann mir Karneval in diesem Winter, mitten in der Pandemie schlicht nicht vorstellen. Das ist bitter, aber so ist es“ hat unter Karnevalisten erstmal für einen Schock gesorgt. Viele Karneval-Fans hatten den ganzen Sommer über gehofft, dass die Zahlen der Corona-Infizierten zurückgehen und es bis zum 11.11. zu weiteren Lockerungen der Maßnahmen bei Großveranstaltung kommen würde.

Doch die Chancen, Karneval in gewohnter Manier zu planen und zu feiern, schwinden immer mehr. „Am besten wäre es, wenn der Bund Deutscher Karneval und die Politik den Karneval für dieses Jahr tatsächlich absagen“, sagt Mayk Dinstühler, Vorsitzender des Karnevalsvereins Dhünnsche Jecken. „Es kann doch gar nicht stattfinden, weil zum Karneval nunmal gehört, dass Menschen eng zusammenstehen, tanzen, feiern. Das Fest lebt davon, dass Menschen zusammen fröhlich sind, und wie soll das in Corona-Zeiten funktionieren?“

Auch Peter Eickhoff, Vorsitzender vom Dabringhausener Festausschuss, begrüßt den Vorstoß von Spahn, die Jecken in NRW schonmal auf ein „Aus für den Karneval“ vorzubereiten: „Das sagt einem doch schon der gesunde Menschenverstand, dass Karneval unter diesen Bedingungen keinen Sinn macht“, sagt er. „Wir haben normalerweise 1200 Leute bei der Sitzung in der Halle, 700 bei der Proklamation. Wenn wir das mit den Abstandregelungen durchziehen, lohnt sich der Aufwand doch gar nicht.“ Außerdem denkt er an die Gesundheit der Dawerkuser: „Wir haben viele ältere Gäste, die gerne zum Feiern kommen. Und die wären gefährdet, wenn viele Menschen auf engem Raum zusammensitzen.“

Beide Karnevals-Chefs wollen tunlichst vermeiden, dass ihr Verein in einem Atemzug mit einem weiteren Lockdown genannt werden würde. „Um Himmels Willen“, sagt Dinstühler entsetzt. „Auf diesen zweifelhaften Ruhm wollen wir gerne verzichten.“ Ohnehin halte er viel davon, in diesem Jahr auf Karneval zu verzichten „und dafür im nächsten Jahr wieder voll durchzustarten“, weil derzeit niemand trainieren könne. Männerballett und Tanzgarde können nicht in den Hallen üben. „Die Tanzgarde hält sich draußen fit“, sagt er, „aber sie dürfen ja nicht eng zusammenstehen, wie sie es für echte Proben müssten.“

Eine offizielle Absage wäre nur vernünftig, so der Dhünnsche Jecke. „Das würde auch vielen Karnevalsvereinen helfen, weil sie dann aus Verträgen rauskämen, die schon mit Künstlern abgeschlossen worden sind.“ Überhaupt: „Erfahrungsgemäß fallen beim Karneval viele Hemmungen. Und ich möchte es nicht verantworten, wenn sich das Corona-Virus in Dhünn ausbreitet.“

Beiden Vereinen würde eine Absage jedoch finanziell schaden. „Die Einnahmen fehlen natürlich“, so Dinstühler. Sorgen machen sich die Vereine jedoch noch nicht: „Wir haben genug Rücklagen“, so Eickhoff. „Einnahmen fehlen, aber es tut uns nicht weh.“ Auch der Karnevals-Haushalt in Dhünn ist gesichert: „Wir haben immer gut gehaushaltet und von daher schaffen wir es durch dieses Jahr. Was danach ist, wird sich zeigen.“ Nach Spenden für den Verein fragen wolle er in diesem Jahr nicht, bekennt Dinstühler, „weil viele Dhünner für den Fußballplatz spenden, wo auch jeder Euro gebraucht wird.“

Auch Sorgen um abgeschlossene Verträge macht sich Peter Eickhoff nicht: „Da wir zum Karneval alles selbst machen, müssen wir auch keine Verträge auflösen“, sagt er und verrät, dass viele Dawerkuser Karnevalfans traurig sind, dass kein Karnevalstrubel geplant ist. „Aber die meisten haben Verständnis für die Situation.“ Zumal der Dabringhausener Festausschuss natürlich noch einen Plan B in der Hinterhand hat: „Wir denken zumindest darüber nach, Karneval online zu feiern“, verrät Eickhoff. „Dafür brauchen wir aber Sponsoren und die Vorbereitungen nehmen viel Zeit in Anspruch, aber es wäre zumindest eine Möglichkeit, im kommenden Jahr einen Hauch von Karneval zu spüren.“

Erfahrungen mit Online-Festen hat Dabringhausen ja schon: Bereits das Dorffest im Juni wurde unter dem Motto „Dawerkuser Fernsehgarten“ als Live-Übertragung via Internet-Stream organisiert.

In einer vorherigen Version war bei der Bildzeile von den „Jecken Wievern“ gesprochen worden. Auf dem Bild zu sehen sind aber die Frauen von „Noch Loher bei Kölle“.

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