Sommer in Wermelskirchen Im Kleingarten herrscht Erntezeit

Wermelskirchen · In diesem Monat genießen sie die Früchte ihrer Arbeit: Die Kleingärtner am Drosselweg haben alle Hände voll zu tun. Das gilt für Gerlinde und Nikolaus Ehling genauso wie für Ingeburg Fettke, die älteste Gärtnerin der Anlage.

 Ingeburg Fettke ist mit 87 Jahren noch immer aktiv in ihrem Kleingarten vom KGV Laubenpieper Am Drosselweg. Hier sitzt sie bei ihren Fuchsien.

Ingeburg Fettke ist mit 87 Jahren noch immer aktiv in ihrem Kleingarten vom KGV Laubenpieper Am Drosselweg. Hier sitzt sie bei ihren Fuchsien.

Foto: Jürgen Moll

Der Mittagstisch ist reich gedeckt. Gerlinde Ehling hat einen bunten Salat gemacht – mit Tomaten, die gerade noch am Strauch hingen, mit Paprika und grünen Blättern. Dazu gibt es frisch geerntete Kartoffeln, mit Zwiebeln angebraten, die vergangene Woche noch in der Erde steckten. Nikolaus Ehling hat den Tisch gedeckt, auf der gemütlichen Terrasse im Kleingarten geht ein leichter Wind. „So viel Freude wie dieses Jahr hat uns der Garten vorher noch nie gemacht“, sagt Nikolaus Ehling. Das liegt auf der einen Seite an der reichen Ernte, die das Ehepaar seit Anfang des Monats einfährt. Vor allem aber liegt das an der Corona-Krise, die viele Menschen in ihre eigenen vier Wände verbannte.

Gerlinde und Nikolaus Ehling sind seit den ersten Sonnenstrahlen im März fast jeden Tag im Garten gewesen. Sie haben hier gefrühstückt, den Morgen dann in den Beeten verbracht – gewerkelt, gepflegt und gehegt, schließlich geerntet. Mittags trafen sie sich dann zum Essen wieder auf der Terrasse. Später kamen Kinder und Enkelkinder dazu. „Und manchmal haben wir auf unsere Bank gesetzt, die Beine hoch gelegt und uns an die vielen Jahren hier in unserem Garten erinnert“, erzählt Nikolaus Ehling. Das sei Liebe auf den ersten Blick gewesen:

Beim Einkaufen hatten sie die Gärten entdeckt, die am Hang hinter dem Drosselweg liegen. Und als sie schließlich lasen, dass eine Parzelle frei geworden war, riefen sie sofort an. „Als wir zum ersten Mal in den Garten kamen, hat es in Strömen geregnet“, erzählen die beiden, „aber wir wussten trotzdem sofort: Das ist er.“ Der letzte Garten am Weg, direkt am Wald, wurde vor 27 Jahren zu ihrem Refugium. Sie kannten das Sähen, Pflanzen und Ernten beide aus ihrer Kindheit. Sie wussten, wie Gemüse und Obst gedeiht. Und sie verwandelten das kleine Stückchen Garten in ihr eigenes Refugium, veränderten es jedes Jahr ein bisschen mehr. „Jetzt ist es fertig und genau so, wie wir es uns wünschen“, sagt Nikolaus Ehling. Bohnen, Erbsen, Paprika, Peperoni, Zucchini, Gurken und Frühsalat, Erdbeeren, Himbeeren, Quitten und Äpfel: Die Beete sind reichlich gefüllt. „Nur das Wasser wird mal wieder knapp“, sagt Ehling. 1200 Liter sammelt er eigentlich in den Regentonnen, in der vergangenen Woche nutzte er den letzten Rest. „Es muss wieder regnen“, sagt er. Und dann setzen sich die beiden zum Mittagessen zusammen.

Ein paar Gärten weiter inspiziert gerade Ingeburg Fettke ihre Tomaten. Die 87-Jährige ist die älteste Kleingärtnerin der Anlage. Das meiste macht sie selbst, nur wenn die Hecke geschnitten werden muss, packen die jungen Nachbarn mit an. „Als ich anfing, war das eine Brachlandschaft“, sagt sie. Das war 1974 und Ingeburg Fettke und ihr Mann träumten von einem eigenen Garten. „In meiner Kindheit hatte mein Vater mir eine Rose geschenkt“, erzählt sie, „viel mehr Erfahrung hatte ich nicht.“ Aber dann lernte die Hobbygärtnerin, fragte sich durch, las und recherchierte. „Ich höre gar nicht mehr auf zu lernen“, sagt sie und lacht. Heute gedeihen Waldbeeren und Tomaten, Kräuter, Kartoffeln, Salate und Gurken. „Es ist viel Arbeit“, sagt Ingeburg Fettke, „aber ich bin gerne an diesem Ort und ich freue mich, wenn alles wächst“.

Dann beobachtet sie die Bienen, die Vögel und den Frosch, der in ihrem kleinen Brunnen lebt. Sie zupft Unkraut, das sie entlang des Weges entdeckt. Und sie erntet Kräuter wie Thymian und Majoran, Zitronenmelisse und Oregano: Dann kocht die 87-Jährige Tees oder bereitet Gewürze zu. „Früher kamen die Kriegerwitwen in die Kleingärten, um nicht zu verhungern“, erzählt sie, „heute wird viel gegrillt.“

Währenddessen weiß Ingeburg Fettke die Früchte ihres Gartens zu schätzen: Als Allergiker seien die Lebensmittel aus dem eigenen Garten ein Geschenk. Und neulich erst habe ihr der Arzt gesagt, sie solle den Garten nach Möglichkeit noch weiter führen: Er habe sie fit gehalten. Gleich vorne am Zaun blüht übrigens eine Rose – wie damals in ihrer Kindheit. „Da freue ich mich auch heute noch dran“, sagt sie. Und dann setzt sie ihre Arbeit fort.

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