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Tag der Zahngesundheit „Von Karies sind 98 Prozent der Bevölkerung betroffen“

Interview | Wermelskirchen · Dr. Erling Burk ist Mitglied des Vorstands der Zahnärztekammer Nordrhein und spricht im Interview unter anderem über die Zahngesundheit.

Oft wird nicht gründlich genug geputzt, weil nicht alle Flächen mit der Bürste erreicht oder die Zähne zu kurz geputzt werden. Außerdem ist es wichtig, dass die Zähne ‚von Rot nach Weiß‘ geputzt werden, sagt Zahnarzt Burk.

Oft wird nicht gründlich genug geputzt, weil nicht alle Flächen mit der Bürste erreicht oder die Zähne zu kurz geputzt werden. Außerdem ist es wichtig, dass die Zähne ‚von Rot nach Weiß‘ geputzt werden, sagt Zahnarzt Burk.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Herr Dr. Burk, wie oft sollte Erwachsene und Kinder täglich die Zähne putzen?

Dr. Erling Burk Die Zähne sollten mindestens zweimal am Tag nach den Mahlzeiten geputzt werden. Außerdem sollte man die Zahnzwischenräume mindestens einmal am Tag mit Zahnseide oder einer Interdentalbürste reinigen. Zu einer guten Mundhygiene gehört auch der Besuch in der Zahnarztpraxis und eine Beratung durch Zahnärztin, Zahnarzt oder das Prophylaxeteam. Nur so erfahren Patienten, welche Pflege für ihre Zähne und ihr Zahnfleisch am besten geeignet ist und bekommen die richtige Technik von einem Prophylaxe-Profi gezeigt.

Warum ist die Regelmäßigkeit wichtig?

Dr. Erling Burk ist selbst Zahnarzt in Wesel.

Dr. Erling Burk ist selbst Zahnarzt in Wesel.

Foto: Zahnärztekammer Nordrhein

Burk Wenn die Zähne nicht regelmäßig gereinigt werden, entstehen hartnäckige Beläge, in die sich Bakterien einnisten. Das kann zu Zahnstein und Erkrankungen von Zähnen und Zahnfleisch führen.

Gibt es auch eine falsche Art, wie man sich die Zähne putzen kann?

Burk Oft wird nicht gründlich genug geputzt, weil nicht alle Flächen mit der Bürste erreicht oder die Zähne zu kurz geputzt werden. Außerdem ist es wichtig, dass die Zähne ‚von Rot nach Weiß‘ geputzt werden, also vom Zahnfleisch startend in Richtung Mundinnenraum, um Bakterien nicht unter das Zahnfleisch zu putzen. Häufig wird beim Putzen zu viel Druck ausgeübt, was dem Zahnschmelz schadet. Das gilt auch für die Verwendung abrasiver Zahncremes, die oft zur Aufhellung verwendet werden. Sie sollen mit Schleifpartikeln die Zahnverfärbungen entfernen, machen den Zahnschmelz aber dadurch auch anfälliger für Erkrankungen. Bei zu harten Zahnbürsten besteht Verletzungsgefahr des Zahnfleischs.

Welche Krankheiten im Mund kann man bei mangelnder Zahnhygiene bekommen?

Burk Wer seine Zähne vernachlässigt, riskiert nicht nur Verfärbungen, sondern auch Erkrankungen wie Karies oder Zahnfleischentzündungen. Ebenso kann durch mangelnde Zahnhygiene Mundgeruch entstehen. Eine Parodontitis, also eine Zahnbettentzündung, hat auch Auswirkungen auf Allgemeinerkrankungen: Das Risiko einer Herzkreislauferkrankung, wie zum Beispiel einem Infarkt, verdreifacht sich. Eine Diabeteserkrankung kann entgleisen, Atemwegserkrankungen können ausgelöst oder verschlimmert werden und das Risiko einer Frühgeburt versiebenfacht sich bei Schwangeren.

Wie genau entsteht Karies?

Burk Durch schlechte Zahnpflege und falsche Ernährungsgewohnheiten bilden sich am unteren Zahnrand entlang des Zahnfleischs Beläge aus Mundschleimhautzellen und Speiseresten. Dort nisten sich verschiedene Bakterien ein und verdauen den Zucker aus der Nahrung zu Säure, die den Zahn entkalkt und langsam auflöst. Es kommt zum fauligen Verfall der Zahnsubstanz und damit zu einem kariösen Defekt, dem „Loch im Zahn“. In Deutschland sind etwa 98 Prozent der Bevölkerung betroffen. Doch Karies ist nicht angeboren, sondern kann durch gute Mundhygiene, zahngesunde Ernährung und das Putzen mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta eingedämmt werden.

Und wie kommt es zu Parodontitis?

Burk Die Parodontitis ist eine entzündliche Erkrankung des zahnumgebenden Gewebes. Auch sie wird durch die Bakterien in den Zahnbelägen ausgelöst und entsteht, wenn die Immunabwehr nicht mehr ausreicht, weil entweder zu viele oder zu aggressive Bakterien in den Belägen sind oder das Immunsystem geschwächt ist. Etwa 40 Prozent aller Erwachsenen über 35 Jahre haben eine beginnende Parodontitis. Die Krankheit kann individuell sehr unterschiedlich verlaufen und bis zum Zahnverlust führen. Sie ist jedoch selten mit Schmerzen verbunden und schreitet meist nur langsam fort. So wird sie oft nicht bemerkt. Deshalb ist ein regelmäßiger Besuch beim Zahnarzt unerlässlich!

Wie wichtig ist der Tag der Zahngesundheit Ihrer Meinung nach?

Burk Der Tag der Zahngesundheit unterstützt die wichtige Arbeit der Praxisteams, die Patienten über die Bedeutung der Mundgesundheit informieren und so Erkrankungen vorzubeugen. Durch die vielen öffentlichen Veranstaltungen rund um dieses Datum gibt es große Aufmerksamkeit für das Thema – auch in den Medien. Darüber hinaus stellt der Tag der Zahngesundheit jedes Jahr andere Personengruppen in den Fokus, die vielleicht in der allgemeinen Wahrnehmung sonst weniger Beachtung finden.

Das diesjährige Motto ist „Gesund beginnt im Mund – für alle“. Was verbirgt sich dahinter?

Burk Nicht jeder Mensch kann sich selbst aktiv um die eigene Gesundheit kümmern. Dazu zählen Menschen mit Behinderung und Pflegebedürftige. Aber auch Geflüchtete, Wohnungslose und Menschen, die in Armut leben, sind häufig anfälliger für Erkrankungen im Mundraum. Das Motto des diesjährigen Tags der Zahngesundheit soll auf die Bedürfnisse dieser Menschen aufmerksam machen und gleichzeitig ein Bewusstsein dafür schaffen, dass auch Zahngesundheit zur gesellschaftlichen Teilhabe gehört.

Wie kann man gerade Kindern das Zähneputzen „schmackhaft“ machen?

Burk Es gibt Kinderbücher, die spielerisch an das Zähneputzen heranführen und Kinder für die Bedeutung einer guten Zahnpflege sensibilisieren. Außerdem existieren Kinderlieder, die während des Zähneputzens abgespielt werden können. Diese sind genau zwei Minuten lang und entsprechen damit der Zeit, die sich die Kinder für das Zähneputzen nehmen sollten.

Wie kann man ihnen die Angst vorm Zahnarztbesuch nehmen?

Burk Zahnärztinnen und Zahnärzte sind geschult, mit Angstpatienten umzugehen. Bei Kindern wird häufig die Angst vorm Zahnarzt von den Eltern übertragen. Eltern sollten daher vermeiden, den Kindern den Besuch als etwas Unheilvolles anzukündigen, denn das schürt Sorgen. Das beste Mittel gegen Zahnarztangst ist der regelmäßige Besuch, idealerweise, sobald der erste Zahn durchbricht. So werden Kinder an die Situation beim Zahnarzt gewöhnt und lernen, dass ein Besuch nicht wehtut.

Was genau ist die Zahnärztekammer und welche Aufgaben hat sie?

Burk Die Zahnärztekammer Nordrhein vertritt die beruflichen Belange der über 10.000 Zahnärztinnen und Zahnärzte in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf. Sie agiert als berufsständische Aufsicht und ist Ansprechpartner für Patientenfragen und -beschwerden. Die Zahnärztekammer überwacht aufgrund ihres gesetzlichen Auftrages die korrekte Wahrnehmung der Berufspflichten, regelt den zahnärztlichen Notdienst, sichert die fachliche Fort- und Weiterbildung der Zahnärztinnen und Zahnärzte und organisiert die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (ZFA).

Wie ist die Lage in Ihrem Kammerbezirk – plagen Sie Nachwuchssorgen?

Burk Vielen Zahnärztinnen und Zahnärzten fällt es schwer, einen Nachfolger für die eigene Praxis zu finden, da durch Bürokratie und eine Gesundheitspolitik, die auf dem ambulanten Auge blind ist, die Niederlassung in eigener Praxis unattraktiver wird. Da müssen wir gegensteuern, wenn wir eine hochwertige Versorgung – insbesondere im ländlichen Raum – auch in Zukunft garantieren wollen. Darüber hinaus fehlen vielen Praxen Zahnmedizinische Fachangestellte, dort haben wir wie viele andere Branchen auch einen Mangel an Fachkräften.

Wie attraktiv ist heutzutage der Beruf des Zahnarztes?

Burk Der Beruf des Zahnarztes ist nach wie vor ein sehr erfüllender Beruf. Jedoch bedroht, wie erwähnt, die aktuelle Gesundheitspolitik die Existenz vieler Zahnarztpraxen. Dazu zählen der immense Bürokratieaufwand und aktuell vor allem die Budgetierung der so wichtigen Parodontitisbehandlung. Langfristig droht insbesondere in ländlichen Gebieten ein Praxissterben.

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