Das Montagsinterview in Wermelskirchen: Heute mit Henning Rehse „Ich gehe bei Facebook-Posts überlegter vor“

Wermelskirchen · Kommunalpolitiker Henning Rehse (WNKUWG) hat mit seinem Post auf Facebook zum Flüchtlingsthema Diskussionen ausgelöst.

 Der Stadtrat wird sich nach der Sommerpause mit einem neuen Antrag von Jochen Bilstein(SPD) auseiandersetzen.

Der Stadtrat wird sich nach der Sommerpause mit einem neuen Antrag von Jochen Bilstein(SPD) auseiandersetzen.

Foto: Solveig Pudelski

Herr Rehse, haben Sie damit gerechnet, dass Sie mit Ihrem Facebook-Post zum Thema „Flüchtlingspolitik und Seenotrettung“ einen so großen Wirbel auslösen? Es war Ihr Satz: „Es geht (bei dem Einsatz von Rettungsschiffen, Anmerk. der Red.) ausschließlich darum, dass bestimmte Kreise Menschen um jeden Preis nach Deutschland holen wollen, um hier und in Europa in ihrem Sinne die Zusammensetzung der Bevölkerung zu verändern.“?

Rehse Geahnt, besser gesagt gewusst habe ich das schon. Denn es war ja von bestimmten Leuten ankündigt, dass man gegen mich vorgehen will.

Sie sind sehr aktiv in den sozialen Medien. Welche Bedeutung hat Facebook für Sie?

 Henning Rehse im Redaktionsgespräch.

Henning Rehse im Redaktionsgespräch.

Foto: Guido Radtke

Rehse Auf der einen Seite ist man Kommunalpolitiker, auf der anderen Seite ist man ein politisch interessierter Mensch, wenn es um die große Politik geht. Facebook oder die eigene Homepage sind dann Medien, wo man sich mit wichtigen Themen beschäftigen kann, die oberhalb der kommunalen Ebene sind. Nichtsdestotrotz habe ich dazu meine eigene Meinung. Ich bin nicht zimperlich damit, was ich von bestimmten bundespolitischen Themen halte. Und wenn andere sagen, wir teilen deine Meinung nicht, wir finden sie nicht gut, gehe ich damit sportlich um. Ich kann nicht austeilen und dann jammern, wenn ich etwas einstecken muss.

Wenn man etwas äußert, ist man auf der einen Seite Mandatsträger, auf der anderen Seite Privatmann. Wie versuchen Sie, diese Abgrenzung hinzubekommen?

Rehse Gar nicht. Ich stehe dazu, was ich als Mandatsträger sage und als Privatmann. Eine gespaltene Persönlichkeit gibt es bei mir nicht.

Also keine Trennung zwischen Privat-Post und Mandatsträger-Post?

Rehse Das kann man nicht trennen. Da bin ich im Übrigen mit Jochen Bilstein (Anmerk. der Red.: SPD-Fraktionsvorsitzender) darüber einig: Man ist nur eine Person, die hat eine Meinung als Mandatsträger und die hat eine Meinung als Privatperson. Das wäre ja eine Situation, die Bilstein als Dr. Jekyll und Mr. Hyde beschreibt. Ich glaube aber, dass die Intensität der Beiträge damit zusammenhängt, um welche Themen es geht. Kommunalpolitik ist zwar wichtig, aber sie ist zu 99 Prozent immer kuschelig. Es gibt auch mal Themen, bei denen man sich böse ist. Sie kennen das Beispiel Loches-Platz, zu dem wir eine andere Meinung hatten. Da warf man uns vor, wir wären korrupt. Da muss man dann durch. Oder als es um unsere Anfrage geht, welche Kosten für Flüchtlinge in Wermelskirchen entstehen, hieß es: Die Anfrage ist einfach nur igitt.

Glauben Sie denn, der Bürger unterscheidet, was Sie als Politiker und was Sie als Privatmann posten?

Rehse Nein, für mich gehört das zusammen. Die Bürger sollen wissen, welche kommunalpolitische Arbeit ich mache. Sie sollen aber auch wissen, für welche bundes- und europapolitischen Positionen ich stehe.

SPD-Fraktionsvorsitzender Jochen Bilstein hat im Ältestenrat vorgeschlagen, dass sich Mandatsträger freiwillig auf bestimmte Regeln einigen, auch was den Auftritt in den Sozialen Medien angeht. Politiker hätten eine Vorbildfunktion. Wie sehen Sie das?

Rehse Zunächst einmal hat die Verwaltung herausgearbeitet, dass der Antrag, eine Rüge zu erteilen, in kein Rechtssystem reinpasst. Dann stellte sich heraus, dass es mit dem Ehrenkodex auch nicht funktioniert. Und jetzt geht es darum, dass Jochen Bilstein etwas formulieren wird, wo es um Themen wie Vermeidung von Rassismus und Diskriminierung, Achtung der Menschenrechte geht. Das ist doch alles selbstverständlich. Aber dann stellte sich an konkreten Fallbeispielen heraus, dass die Meinungen darüber, was denn Hass und Hetze seien, total auseinander gehen.

Wo ordnen Sie sich denn politisch ein?

Rehse Da gibt es ein Polit-Navi, das ich ausprobiert habe. Da werden 38 Fragen gestellt, die ich beantwortet habe. Danach wird man eingeordnet. Hier schauen Sie mal (zeigt die Grafik mit dem Zuordnungsprofil), der schwarze Punkt bin ich: ganz furchtbar in der Mitte (lacht).

Und wie ordnen Sie sich selber ein, ungeachtet dieser Umfrage?

Rehse Wenn ich in Bayern wohnen würde, wäre ich bei der CSU. Das Christliche, das Ordnungsstaatliche, das Konservative, das Soziale – das ist eigentlich meins.

Aber es gibt auch Themen, bei denen Sie davon etwas abweichen?

Rehse Wenn ich die Programmatik der CSU anschaue, wüsste ich keinen Punkt, von dem ich abweiche. Ich habe immer die Flüchtlingspolitik von Seehofer unterstützt. Beim gesellschaftspolitischen Bild bin ich ganz bei der CSU. Ich bin genauso wenig fremdenfeindlich wie die CSU, aber genauso grünenfeindlich wie die CSU ist.

Sie stehen dann auch zu der Aussage, dass es für Flüchtlinge Grenzen der Aufnahmekapazitäten gibt?

Rehse Ja, natürlich.Es muss eine Begrenzung geben. Wir müssen uns die Frage stellen, wie viel können und wollen wir aufnehmen. Und wie viel Vielfalt wollen wir. Es fehlt in dieser Gesellschaft der Grundkonsens, wo wir eigentlich hin wollen.

Stehen Sie noch zu dem Satz, den Sie gepostet haben?

Rehse Ja, dazu stehe ich. Es ging gar nicht so um das Thema Flüchtlinge, es geht um das Thema des gesamten „Wohin wollen wir?“. Mein Satz ist in dem Zusammenhang mit mit vielen Aussagen der Grünen zu Deutschland zu sehen, die in die Richtung gehen, die Joschka Fischer in seinem Buch „Risiko Deutschland“ schrieb: „Deutschland muss von außen eingehegt, und von innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi verdünnt werden.“

Es ist oft das Problem, dass Zitate aus dem Zusammenhang herausgenommen werden und niemand weiß, wo sie herkommen. Heißt das für Sie, dass Sie beim Posten mehr darauf achten, was und wie Sie posten?

Rehse Ja, wenn Sie mein Profil verfolgen, werden Sie sehen, dass ich seit einigen Wochen zurückhaltender geworden bin, dass ich mehr überlege, wie ich insbesondere im Hinblick auf eigene Kommentierungen poste. Insbesondere weil mir Kollege Klicki (Anmerk. der Red.: CDU-Fraktionsvorsitzender und Jurist Christian Klicki) geraten hat: Passe bei bestimmten Formulierungen auf, dass diese nicht auf einmal justiziabel werden können. Da passe ich mehr auf. Man kann auch mal einen Artikel posten und ihn ohne Kommentar stehen lassen, ohne dass man ihn noch mal durch die Mangel nimmt und mit einem unbedachten Wort auftuned.

Sie sind jetzt vorsichtiger bei Ihren Posts?

Rehse Nein, aber überlegter. Klicki hat darauf hingewiesen, dass Leute auch etwas konstruieren könnten, was dann falsch auslegbar wäre. Und dann hast du einen Riesenärger. Ich überlege also, ob es Formulierungen sind, die unter eine solche Klasse fallen und dann lasse ich sie weg. Klicki hatte mir einige Beispiele genannt, die auch für mich als Nicht-Juristen plastisch waren. Und daran kann man sich dann halten und ist blitzesauber.

Würden Sie sich an Regeln halten, wenn die Ratsmehrheit sie beschließt?

Rehse Ja, denn das, was im Ältestenrat vorgestellt wurde, „wir äußern uns nicht fremdenfeindlich, wir äußern uns nicht rassistisch, wir äußern uns nicht diskriminierend, wir wollen den Gegenüber nicht beleidigen“, sind doch Selbstverständlichkeiten. Aber die Anschlussdiskussion zeigte, dass auch hier der Teufel im Detail und in der subjektiven Wahrnehmung steckt, was Ende des Tages diskriminierend sei.

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