Gemeindeleben in Wermelskirchen Burg trotzt Stürmen seit halbem Jahrhundert

Wermelskirchen / Hilgen · Die Evangelische Kirchengemeinde Hilgen-Neuenhaus feiert am Wochenende den 50. Geburtstag des Stephanus-Gemeindezentrums. Das Gebäude ist auch ein Symbol für das Gemeindeleben.

 Das Gemeindezentrum wird immer mehr zur Kirche im Quartier.

Das Gemeindezentrum wird immer mehr zur Kirche im Quartier.

Foto: Meuter, Peter (pm)

Es gibt keinen rechten Winkel. Wer sich im Stephanus-Gemeindezentrum in Neuenhaus auf die Suche nach 90 Grad macht, sucht vergebens. Das gilt für die Konfirmanden, die im Jugendbereich unterwegs sind. Für die Gottesdienstgemeinde, die rund um den Altar feiert. Und das gilt für die vielen Menschen, die sich zum Kaffeetrinken und Singen, zum Rummicub-Spielen, Beten und Beraten im Saal treffen. Sie finden keinen rechten Winkel.

„Der Architekt hat damals eine Burg entworfen“, erzählt Dorothea Hoffrogge, Vorsitzende des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Hilgen-Neuenhaus. Er hatte Luthers Liedzeilen im Kopf: „Ein feste Burg ist unser Gott“. Und er wünschte sich für das Gemeindehaus eine architektonische Aussage. „Dem Presbyterium gefiel die Idee damals“, sagt Dorothea Hoffrogge. Und auch heute noch sei das besondere Gebäude das Zuhause der Gemeinde.

Deswegen feiern die Menschen in Neuenhaus am Wochenende auch gemeinsam den 50. Geburtstag des Stephanus-Gemeindezentrums – mit Musik und einem bunten Fest rund um das Haus. Dabei wird sich einmal mehr der große Pluspunkt des Gebäudes beweisen: seine Flexibilität. Dann wird der Gottesdienstraum zum Festsaal, die Terrasse zur Verlängerung des Hauses. „Alles unter einem Dach“, sagt die Presbyterin, „das entspricht unserem Gemeindekonzept“. Feiern und Beten, die Jüngsten und die Ältesten. Gott sei im Alltag gegenwärtig. Diese klare Botschaft wolle auch das Haus erzählen.

 Richtfest in Neuenhaus: Anfang der 1970er Jahre baute die Gemeinde ihr Stephanus-Gemeindezentrum.

Richtfest in Neuenhaus: Anfang der 1970er Jahre baute die Gemeinde ihr Stephanus-Gemeindezentrum.

Foto: Gemeinde Hilgen-Neuenhaus

Bevor 1972 das Gemeindehaus gebaut wurde, trafen sich die Menschen in der alten Kirche. Aber die Mauern waren in die Jahre gekommen, ein Umbau in den 1920er Jahren mit der heißen Nadel gestrickt worden: Die Wände mussten gestützt werden, die Glocke durfte nicht mehr läuten. Für die Gemeinde war es ein Neubeginn, den sie 1972 am Stephanus-Gemeindezentrum feierte. „Und weil die Putzkolonne damals ausfiel, packte die Gemeinde selbst mit an – säuberte das Gebäude nach den Bauarbeiten, packte Stühle aus und machte alles bereit für die Einweihung“, erinnert sich Dorothea Hoffrogge. Von Anfang an sei das Gemeindezentrum so ein Ort der Gemeinde gewesen. „Die Menschen sind sofort angekommen“, erzählt sie.

Das hat sich nicht verändert – anders als das Gebäude selbst. Vor 22 Jahren wurde umgebaut: Es wurden Toiletten für Menschen mit Behinderung eingerichtet, ein Aufzug eingebaut, unter dem Gottesdienstraum entstanden weitere Kellerräume. „Damals haben die Ehrenamtlichen mitentschieden“, erzählt Dorothea Hoffrogge. Spätestens die Pandemie veränderte das Leben im Stephanus-Gemeindezentrum dann erneut: Seitdem bleibt die Trennwand im Gottesdienstraum offen, im hinteren Teil des Raumes hat sich ein Platz für Kinder entwickelt. „Die Dynamik ist eine andere“, sagt Dorothea Hoffrogge. „Das gefällt uns gut.“

Gleichzeitig hat sich die Nutzung des Gebäudes weiter entwickelt: 2021 investierte die Gemeinde dank Fördergelder in einen digitalen Ausbau, der nicht nur Licht und Ton regelt, sondern auch Videoübertragungen aus dem Gottesdienstraum möglich macht. Ein kleines Tonstudio ist entstanden. „Dabei kommt uns die Architektur des Gebäudes entgegen“, erklärt die Presbyterin.

Und wie geht es weiter ? „Ökologisch gesehen ist das Gebäude eine Katastrophe“, sagt Dorothea Hoffrogge und deutet auf den Beton. Das sei die große Herausforderung der Zukunft: Das Gebäude müsse energetisch saniert werden. „Da stehen wir aber noch am Anfang“, erklärt sie und erinnert auch an die finanzielle Lage der Gemeinde. Allerdings setze man auf Fördertöpfe. „Und wir sind sehr dankbar, dass so viele Menschen in der Gemeinde zu einer finanziellen Stütze geworden sind“, sagt Dorothea Hoffrogge. So blickt die Gemeinde trotzdem hoffnungsfroh in die Zukunft: Das Stephanus-Gemeindezentrum werde immer mehr zur Kirche im Quartier. „Genau so verstehen wir uns, das Gebäude und das Gelände: Es ist offen für alle Menschen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort