Hospizverein in Wermelskirchen Endlich wieder Zeit für die Menschen

Wermelskirchen · Ute Lüttinger übernimmt die Nachfolge von Koordinatorin Annette Gennat im Hospizverein. Die 61-Jährige ist keine Unbekannte.

 Neue Aufgabe, viele Pläne (v.l.): die neue Koordinatorin Ute Lüttinger mit Annette Gennat und Anke Stolz.

Neue Aufgabe, viele Pläne (v.l.): die neue Koordinatorin Ute Lüttinger mit Annette Gennat und Anke Stolz.

Foto: Jürgen Moll

Wenn beim Hospizverein in Wermelskirchen das Telefon klingelt, dann nehmen die hauptamtlichen Koordinatorinnen ab. Am anderen Ende sind dann häufig Menschen, die sich für ihre Angehörigen eine Begleitung auf dem letzten Stück des Lebensweges wünschen. Oder Mitarbeiter aus Pflegeeinrichtungen, die für Bewohner eine stützende Hand im Sterben erfragen. Bisher waren im Büro unterhalb des Krankenhauses dann Annette Gennat und Anke Stolz im Einsatz – um erste Termine mit Angehörigen zu vereinbaren und den ehrenamtlichen Sterbebegleitern einen starken organisatorischen Rahmen zu bieten. Nach zehn Jahren im Amt geht Annette Gennat zum 30. Juni in den Ruhestand. Für sie übernimmt Ute Lüttinger.

Annette Gennat schließt damit ein Kapitel ihres beruflichen Weges, das geprägt war von einer inneren Überzeugung. Als Krankenpflegerin im OP-Bereich im Krankenhaus hatte sie sich oft gewünscht, den Menschen mehr Zeit widmen zu können. „Für mich stellte sich damals immer öfter die Frage: Was brauchen Menschen in der letzten Lebensphase?“, erinnert sie sich. Schon 2009 ließ sie sich deswegen als Ehrenamtliche für die Arbeit im Hospizverein rüsten und machte wertvolle Erfahrungen mit Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt. „Ich nahm mir Zeit, ohne den medizinischen Druck dahinter“, sagt sie heute.

Zwei Jahre später verließ Christine Warning die Initiative, und Annette Gennat bewarb sich auf ihre Nachfolge. „Und endlich hatte ich Zeit“, sagt die heute 62-Jährige. Zeit für intensive Gespräche mit Angehörigen und mit Ehrenamtlichen. „Wieviel Zeit haben sie denn?“, fragten Menschen dann häufig im Erstgespräch. „So viel Sie brauchen“, hat Annette Gennat stets geantwortet. Während ihrer Arbeit als Koordinatorin änderten sich um sie herum die Strukturen: Das Palliativgesetz trat in Kraft, dann das Patientenverfügungsgesetz. „Und die palliative Versorgung rückte mehr und mehr in den Fokus“, sagt Annette Gennat, „die Hospizarbeit ist ein Teil davon.“ Heute herrsche viel mehr als früher die Einstellung: Auch wenn Menschen nicht mehr heilbar sind, brauchen sie eine gute Behandlung. „Der Kern unserer Arbeit ist in all dieser Zeit der gleiche geblieben: Wir sind da!“, betont Annette Gennat. Sie freue sich nun auf „mehr unverplante“ Zeit – mit ihrem Mann, den Kindern und Enkelkindern.

Währenddessen übernimmt im Büro Ute Lüttinger ihre Aufgabe – seit dem 1. März wird die 61-Jährige eingearbeitet. Vieles dürfte ihr dabei schon bekannt vorkommen – denn seit mehr als zehn Jahren engagiert sich die gelernte Krankenpflegerin und Physiotherapeutin schon als Ehrenamtliche im Verein. Ihre Erfahrungen klingen dabei ganz ähnlich wie die ihrer Vorgängerin: Auch Ute Lüttinger arbeitete lange im OP-Bereich, wünschte sich mehr Zeit für die Patienten. Sie hatte erlebt, wie Sterbende in Nebenräumen „abgestellt“ worden waren und wie Angehörige keinen Raum zum Abschied hatten. Schon 1997 hatte sie dann in Remscheid am Befähigungskursus für die Sterbebegleitung teilgenommen. „Ich hatte das Gefühl, dass diese Aufgabe mich gesucht hat“, sagt sie. Nach ihrem Umzug nach Dhünn nahm sie deswegen schnell Kontakt zum Hospizverein auf – und setzte ihren ehrenamtlichen Einsatz fort. „Wir bringen noch mal andere Impulse als Angehörige in diese letzte Lebensphase“, sagt sie. Ohne Tabus. „Wir können auch mit Sterbenden lachen.“ Die Ausgangsfrage an die Menschen, die sie begleiten, sei immer die gleiche: „Was möchten Sie?“

Diese Erfahrungen nimmt Ute Lüttinger nun mit in ihre neue Aufgabe als Koordinatorin – für die sie entsprechende Fortbildungen und Schulungen besucht hat. Die enge Taktung in ihrer Arbeit als Physiotherapeutin habe sie immer mehr belastet. „Deswegen ist diese Stelle für mich wie ein Geschenk“, sagt sie. Es sei einfach ihr Herzensthema: „Und jetzt habe ich wieder Zeit für die Menschen.“

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