Bergischer Geschichtsverein Stöbern im Gedächtnis der Stadt

Wermelskirchen · Zum Tag der Offenen Tür am Sonntag besuchten viele Wermelskirchener das Archiv des Bergischen Geschichtsvereins.

 Auf Entdeckungsreise zwischen alten Buchseiten: Sigrid Werth und Petra Russow (v.r.) nutzten den Tag der offenen Tür im Archiv des Bergischen Geschichtsvereins, um alte Ansichten Wermelskirchens zu suchen.

Auf Entdeckungsreise zwischen alten Buchseiten: Sigrid Werth und Petra Russow (v.r.) nutzten den Tag der offenen Tür im Archiv des Bergischen Geschichtsvereins, um alte Ansichten Wermelskirchens zu suchen.

Foto: Theresa Demski

Petra Russow stöbert zwischen staubigen Buchseiten. „Ich wollte immer mal im Archiv auf Entdeckungsreise gehen“, sagt sie, „heute hat es zum ersten Mal geklappt.“ Es interessiere sie sehr, wie die Stadt früher ausgesehen und wie sie sich verändert habe. „Ich komme auf jeden Fall wieder, hier gibt es so viel zu sehen“, sagt sie noch.

Wie Petra Russow geht es am Sonntag vielen Besuchern. Zum Tag der offenen Tür haben die Mitglieder des Bergischen Geschichtsvereins (BGV) Kuchen gebacken und Kaffee gekocht, die Heizung angeworfen und die Computer hochgefahren.

Und kaum hat das Team um Vorsitzenden Volker Ernst um 14 Uhr die Türen geöffnet, wird es richtig voll in dem alten Bunker unter der heutigen Schwanenschule. Besucher wie Petra Russow wollen die Schätze des Archivs sichten. Andere wie Peter Siebel sind mit einem Projekt gekommen. „Ich habe mich auf die Suche nach meinen Vorfahren gemacht“, sagt Siebel. Ein Stammbaum seines Vaters und unzählige Fotos seiner Tante haben ihm dabei geholfen. Das Material und den Forschungsauftrag hat er schon vor Wochen an die Fachleute vom Geschichtsverein übergeben. Zum Tag der offenen Tür blickt er nun fasziniert auf die Ergebnisse – und überträgt sie unten im Bunker per WLAN auf seinen eigenen Computer.

„Es gibt viele Besucher, die mit ihren eigenen Projekten zu uns kommen“, erzählt Volker Ernst. Menschen, die sich auf die Spuren von Familienmitgliedern, Gebäuden oder Vereinen gemacht haben, werden im Archiv fündig. Aber auch Besucher, die den Nachlass ihrer Familie für die Zukunft sichern wollen: So taucht am Sonntagnachmittag auch eine Kiste mit dem Nachlass von Adolf Lenz auf.

„Ein richtiger Schatz“, sagt Volker Ernst und stöbert zwischen den Dokumenten. Ganz unten liegt ein handgeschriebenes Wörterbuch für die Wermelskirchener Mundart, das Adolf Lenz 1943 vollendete. Darin finden sich so klangvolle Wörter wie „Knibbeln“, das Lenz mit „am Kuchen naschen“ übersetzt. Oder: „krosich“, das der Wermelskirchener mit „nicht so reinlich“ ins Hochdeutsche übersetzen würde.

„Wir wussten von der Existenz dieses Buches“, sagt Ernst, „aber heute geht es in unseren festen Bestand über, das ist etwas Besonderes.“ Deswegen hat Ernst bereits mit Gerry Davis in den USA Kontakt aufgenommen, der sich bereits in der Vergangenheit als Fachmann für bergische Mundart auszeichnete. Er soll das Buch auf Herz und Nieren prüfen, bevor es sich einreiht in die vielen Schätze im Archiv des Geschichtsvereins.

Dazu gehören beispielsweise die alten Bücher aus dem 16. Jahrhundert, Feldpost aus den Weltkriegen, Protokolle von Lehrerkonferenzen, Festschriften, unzählige Bilder und Dokumente zu Familien-, Vereins-, Kirchen- und Schulgeschichte in der Stadt. Analoge Seltenheiten finden sich hier genauso wie digitale Schätze: 40.000 Bilddateien sind inzwischen digitalisiert, rund 15.000 von ihnen wurden bereits mit Schlagwort versehen und mit ein, zwei Klicks im Computer zu finden.

„Eine Dame wollte ein frühes Foto von unserem Weihnachtsbaum sehen“, erzählt Ernst im Getümmel am Sonntag. Drei Klicks – und dann konnte er der Besucherin ein Foto von dem Weihnachtsbaum zeigen, als er kaum einen Meter maß. „Wir sind sehr zufrieden mit diesem Standort“, sagt Ernst dann.

Inzwischen gebe es eine Heizung, wodurch es den Ehrenamtlichen und den Dokumenten gut geht. „Es wird ein bisschen eng“, sagt der BGV-Vorsitzende. Deswegen werden alte Schränke durch deckenhohe Regale ersetzt. „Und wir könnten dringend ehrenamtliche Unterstützung brauchen“, sagt Volker Ernst.

Dann blickt er strahlend zum Computer hinüber, wo Clemens Willinghöfer Platz genommen hat und Fotos bearbeitet. Der Elfjährige ist der jüngste Ehrenamtliche in den Reihen des Geschichtsvereins. „Ich finde es sehr spannend, in der Geschichte dieser Stadt zu forschen“, sagt er. Vor allem die Jahre zwischen 1850 und 1930 interessieren ihn. „Ich kann da noch so viel entdecken“, stellt Clemens fest.

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