Spieletreff in Dabringhausen Zwischen Rummikub und Profi-Schach

Dabringhausen · Gesellschaftsspiele erfreuen sich nicht erst seit der Pandemie großer Beliebtheit. Im „Markt 57“ treffen sich regelmäßig Spielliebhaber – und freuen sich über Zuwachs.

 Spielen für ihr Leben gerne: Christel Wittkopf, Dagmar Kaiser, Herbert Esser, Michaela Mück-Hemmerich, Yvonne Fromme und „Eule“ Eickhoff (v.l.).

Spielen für ihr Leben gerne: Christel Wittkopf, Dagmar Kaiser, Herbert Esser, Michaela Mück-Hemmerich, Yvonne Fromme und „Eule“ Eickhoff (v.l.).

Foto: Laura Wagener

Um kurz vor halb sechs am Abend ist es im „Markt 57“ ruhig. Nur vereinzelt sitzen schon Gäste im Lokal in Dabringhausen. Doch hinten, aus dem großen Saal, klingen erheiterte Frauenstimmen, das Klappern von Kaffeetassen und klirrende Geräusche von Spielsteinen. Es ist Zeit für den monatlichen Spieletreff.

Bereits seit mehreren Jahren trifft sich im „Markt 57“ regelmäßig eine Gruppe aus Spieleliebhabern. Organisiert wird das Ganze von „Miteinander in Dabringhausen“ und Leiterin Michaela Mück-Hemmerich. „Von alt bis jung, groß bis klein, egal welchen Geschlechts ist hier jeder willkommen“, sagt die. Heute sind es sechs Damen unterschiedlicher Altersgruppen, die an dem langen Tisch sitzen. Rund 15 unterschiedliche Spiele liegen bereit. Doch die Spielerinnen greifen zunächst zu einem bewährten Klassiker: Rummikub.

Seniorin Christel Wittkopf ist zum ersten Mal dabei – ganz spontan. „Meine Tochter meinte zu mir: ‚Mama, heute Abend gehst du spielen.‘ Früher habe ich das oft gemacht. Aber ich hatte erst Angst, weil ich dachte, ich hätte es vielleicht verlernt. Aber ich kann es wohl noch.“ Vor Corona seien regelmäßig drei ältere Damen mit ihren Enkeln zum Treffen gekommen, erzählt Mück-Hemmerich. Aber auch solche, die zuhause alleine waren. „Wir hatten auch viele schöne Tage, an denen Menschen von der Lebenshilfe zu acht Personen in einem Bus angefahren kamen“, sagt sie. „Das schöne ist: Hier ist jeder willkommen“, sagt Mitspielerin „Eule“ Eickhoff.

Wer mag, darf auch eigene Spiele mitzubringen. Prompt nähert sich ein Mann mit Mütze vorsichtig der Gruppe. „Spielen Sie auch Schach?“, fragt er. „Leider nein“, erwidert Mück-Hemmerich, die heute kein Brett eingepackt hat. „Aber ich spiele mit Ihnen etwas ähnliches wie Schach, nur mit Karten. Lassen Sie sich darauf ein?“, fordert sie den Herrn hinaus. Er zögert kurz. Dann zieht er seine Mütze ab und gesellt sich zu der Runde.

„Tatsächlich ist es oft sehr frauenlastig, es sind wenige Männer dabei“, verrät Mück-Hemmerich. Doch der Mann, der sich als Herbert Esser vorstellt, kommt schnell mit Christel Wittkopf ins Gespräch. Mück-Hemmerich lächelt: „Wir von ‚Miteinander‘ wollen ein Ort der Begegnung sein.“ Das Bedürfnis nach Treffen sei insbesondere durch die Pandemie „riesengroß“. Da viele Spieletreffen aber in den vergangenen zwei Jahren ausfallen mussten, habe sich einiges ins Private verlagert, sagt sie.

Esser verschwindet zur Tür hinaus und taucht wenig später mit einem Schachbrett in der Hand am Tisch auf – das lag in seinem Auto. Es kommt also doch noch zur erhofften Partie. Gemeinsam mit Mück-Hemmerich setzt er sich ans Tischende. Seit 14 Jahren spielt Esser bereits, zuhause oft auch gegen den Schach-Computer. Doch heute ist er zum Spieletreff gekommen – um mal wieder gegen einen echten Menschen anzutreten. Schon beim zweiten Zug von seiner Gegnerin schmunzelt der erfahrene Spieler: „Na, das war jetzt nicht gut.“ Mück-Hemmerich, die laut Mitspielerin Yvonne Fromme „jedes Spiel gewinnt“, scheint ihren Meister gefunden zu haben. Schnell gibt sie sich aber nicht geschlagen. „Sie ist angriffslustig“, bemerkt Esser amüsiert.

Immer wieder schaut Mück-Hemmerich auf die Uhr. Sie hat auf vier Geflüchtete gehofft, die sie zum Spielen eingeladen hatte. Doch es kommt niemand. „Ich denke, das Trauma und die Angst, das Haus zu verlassen, sind noch zu groß“, sagt sie nachdenklich. Sie habe extra Spiele organisiert, bei denen die Sprachbarriere kein Problem darstelle. Vielleicht kommen die ja beim nächsten Spieletreffen zum Einsatz. Geplant ist das für den 5. Mai.

Für heute widmet sch Mück-Hemmerich weiter ihrer Partie Schach. Die wird langsam spannend. Schach-Profi Esser prognostiziert ein Unentschieden. Beide scheinen damit kein Problem zu haben. „Früher habe ich mit dem Florett gefochten“, erzählt Mück-Hemmerich. „Schach ist ähnlich: Wer gewinnt, ist egal. Am Ende werde ich mich für die Lektion bedanken.“

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