Fahrradfahren im Bergischen Land Reger Verkehr auf der Balkantrasse
Wermelskirchen · Freizeitradler und Touristen kommen in der Region auf ihre Kosten. Entwicklungsbedarf gibt es beim Angebot für Alltagsradler.
Jeden Morgen steigt Sabine Krämer-Kox aufs Rad. Sturm, Regen, Sonne: Das Wetter hat lediglich Auswirkungen auf die Wahl ihrer Kleidung, nicht auf die Wahl des Transportmittels. Etwa 10.000 Kilometer legt sie im Jahr mit dem Fahrrad zurück – die meisten davon auf der Strecke zwischen ihrer Heimat in Burscheid und ihrem Arbeitsplatz in Wermelskirchen. Die neue Sprecherin der Ortsgruppe Wermelskirchen-Burscheid des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) weiß also, wovon sie spricht, wenn sie Forderungen an die Politik stellt, wenn sie Wünsche für Fahrradfahrer formuliert, Pläne für die Zukunft schmiedet und gemeinsam mit Vorgänger Frank Schopphoff eine Bestandsaufnahme wagt.
Die gute Nachricht vorneweg: „Freizeitradler und Touristen haben bei uns mittlerweile ein relativ gutes Angebot an Radinfrastruktur“, sagen die beiden heimischen ADFC-Fachleute. Die Balkantrasse sei ein wichtiger Teil des etwa 300 Kilometer langen Radwegeverbundes der Panoramaradwege geworden. Und erst jüngst habe die Balkantrasse durch das Knotenpunktsystem der Rad-Region Rheinland und durch Thementour-Beschilderungen eine „immense Aufwertung“ erlebt. Seitdem können Touristen oder ausflugsfreudige Einheimische ohne großen Planungsaufwand zum Beispiel das Trassen-Trio fahren – vorbei an Wupper und Dhünn. „Unsere Ehrenamtlichen sind als Radwegepaten im Einsatz, um die Strecke im Blick zu halten“, sagt Sabine Krämer-Kox.
Und dann kommt das große Aber: „Für Alltagsfahrer sehen wir einen großen Entwicklungsbedarf“, sagt Frank Schopphoff. Es fehle ein durchgängiges Radverkehrsnetz, das die Sicherheit und Attraktivität der Alltagswege stark verbessern müsste. Wenn Frank Schopphoff etwa davon erzählt, dass er bei seinen Enkelkindern immer wieder engagiert für das Fahrrad werbe, dann treten ihm zuweilen Tränen in die Augen: „Wir dürfen doch nichts unversucht lassen, um die Schulwege für unsere Kinder und Enkelkinder auf dem Fahrrad sicherer zu machen.“ Und deswegen ist eines der großen Themen des ADFC die Rad-Schulwege-Planung. „Menschen zwischen acht und 88 sollten bei uns gefahrlos aufs Rad steigen können“, appelliert Schopphoff an die Politik.
Deswegen ist er regelmäßig mit Schulen im Gespräch, engagiert sich für ein Fahrtraining mit Schülern und klopft unerlässlich an die Türen der Politik. „Wir müssen die Routen der Kinder von der Haustür bis zur Schule analysieren und dann sichere Radwege für sie schaffen“, betont Schopphoff. Die Schulwegsicherung müsse dringend zur Priorität werden. Die Überlastung der zuständigen Verwaltung dürfe kein Argument sein, wenn es um die Sicherheit geht, betont Frank Schopphoff.
Und auch wenn er mit Sabine Krämer-Kox über den Tellerrand des Schulalltags hinausblickt, wünscht er sich für den Alltag eine deutlich bessere Infrastruktur. „Den Radfahrern müssen an ihren Zielorten sichere Abstellmöglichkeiten für ihre teils hochwertigen Räder angeboten werden“, fordert Sabine Krämer-Kox und ist sicher, dass von solchen Maßnahmen auch die Gewerbetreibenden und Einzelhändler profitieren könnten.
Neben jenen Maßnahmen, die mit guten Ideen und wenig Geld umgesetzt werden könnten, denkt der ADFC aber auch an die großen Pläne: „Wir haben noch nie so gute Rahmenbedingungen für Entwicklung gehabt, wie jetzt“, sagt Schopphoff und erinnert an die Regionale 2025 und das Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept. „Allerdings kommen Kommunen mit ihrem Eigenanteil schnell an ihre Grenzen“, sagt er. Und doch: Der ADFC erwarte mittelfristig eine große Qualitätsverbesserung für Rad-Pendler durch die Förderprogramme. „Für Pendler müsste die Trasse verbreitert werden“, sagt Schopphoff. Die Beleuchtung und Aufwertung des Radweges etwa durch Rastplätze sei wichtig. „Und wir brauchen breite Zubringerwege zu den Radpendler-Routen von Opladen nach Deutz“, erklärt er.
Mit der Förderzusage für die Errichtung eines Netzes von Mobilstationen sei schon eine wichtige Etappe geschafft: Die Mobilstationen sollen es den Menschen erleichtern, Verkehrsmittel zu wechseln – durch E-Bike-Verleihsysteme, E-Ladesäulen oder Carsharing. „Es ist dann nur wichtig, dass die Menschen diese Angebote auch nutzen“, sagt Sabine Krämer-Kox.
Handlungsbedarf sieht der ADFC auch mit Blick auf Unfallschwerpunkte: „Die sichere Anbindung von Dabringhausen und Dhünn an den Alltagsradverkehr hat höchste Priorität“, sagt Schopphoff. Deshalb suche der ADFC vor allem im Bereich der Kreisstraße 18 von Dabringhausen nach Hilgen und der Landesstraße 409 im Bereich Eipringhausen nach annehmbaren Lösungen. „Außerdem brauchen wir bessere Markierungen durch die Wermelskirchener Innenstadt“, betont der Fachmann. Ampelanlagen, die auch bei Dunkelheit den wartenden Radfahrer erkennen, sollten eine Selbstverständlichkeit sein, beklagt Schopphoff. Sie seien es aber leider immer noch nicht. „Es bleibt noch viel zu tun“, sagt er.