Verfahren vor dem Landgericht Köln Der Lidl-Wachmann hat die Räuber nicht erkannt

Wermelskirchen · Im Verfahren vor der Großen Strafkammer gegen einen Einbrecher bleibt unklar, wer den Mann vom Sicherheitsdienst fesselte.

 Der zweite Verhandlungstag zum Einbruch in den Lidl-Markt (Foto: Archiv) brachte wenig Neues.

Der zweite Verhandlungstag zum Einbruch in den Lidl-Markt (Foto: Archiv) brachte wenig Neues.

Foto: Kathrin Kellermann

Die Aussagen des 65-jährigen Mannes im Zeugenstand waren ausführlich und emotional. Aber: Im entscheidenden Punkt brachten sie keine klärenden Erkenntnisse. Am zweiten von fünf angesetzten Verhandlungstag vor der 24. Strafkammer des Kölner Landgerichts stellte der Zeuge und Nebenkläger klar: „Ich konnte keine Gesichter erkennen.“ Der Wachmann war beim letzten von insgesamt zwei Einbrüchen im Lidl-Supermarkt an der Thomas-Mann-Straße überwältigt und gefesselt worden. Der Beklagte in dem Verfahren hat beide Einbrüche verübt und ist in diesem Punkt auch geständig. Demnach hat er dem Wachmann von hinten die Kapuze über den Kopf gezogen; die Fesselung an Händen mit Kabelbindern und an den Füßen mit einem Verlängerungsstromkabel jedoch ssoll ein Mittäter vollzogen.

Der 1989 geborene Angeklagte brach während der Umbauphase im Lidl-Discounter zweimal dort mit unterschiedlichen Mittätern ein – beim zweiten Diebstahl-Versuch wurde das Täter-Duo von einer Polizei-Streifenwagen-Besatzung auf frischer Tat ertappt.

Mit den Worten „Ich bin sehr nervös“ eröffnete der Wachmann seine Ausführungen zu dem Überfall und erinnerte sich an die Nacht des Geschehens im Januar diesen Jahres: „Ich hatte Angst. Das war für mich der Super-Gau, das hängt mir noch Jahre nach.“ Er sei psychisch stark belastet, habe Schlafstörungen und sei für die Sicherheitsfirma kaum noch einsetzbar, weil er nachts nicht mehr arbeite könne. Aufgrund der posttraumatischen Störungen beanspruche er die Hilfe der Opferberatung des „Weißen Rings“.

Der Wachmann, der seinen Dienst im Rahmen eines Mini-Jobs zur Aufbesserung der Rente im Vorruhestand verrichtete, erlitt eine Rippenprellung: „Ich hatte das Gefühl, dass jemand auf meinem Rücken saß, als ich gefesselt wurde.“ Der Aussage des Angeklagten, dass er wegen der Kälte auf dem Fußboden, eine Pappe als Unterlage bekommen habe, widersprach der Wachmann. Bei der Polizei gab der Wachmann zu Protokoll, dass die Täter ihn „rabiat“ behandelt hätten. „Ich bin der große Verlierer dabei. Lidl hat die Ware und ist versichert“, meinte der 65-Jährige. Er hingegen habe Belastungen, Aufwendungen und Verdienst-Ausfall. Die Entschuldigung des Angeklagten nahm der Zeuge und Nebenkläger zögerlich an. Sowohl Rechtsanwalt als auch Staatsanwaltschaft fragten nach und mussten schlussendlich zur Kenntnis nehmen: Der Wachmann hat keine Gesichter gesehen.

Zwei als Zeugen geladene Polizei-Beamte, einer von der Streifenwagen-Besatzung und einer der später hinzugerufenen, konnte zum Vorgang der gewaltsamen Ruhigstellung des Wachmanns naturgemäß nichts sagen.

Nach wie vor geht das Landgericht davon aus, dass der in einem eigenen Verfahren angeklagte Mittäter keine Aussagen machen wird. „Ich nehme mit seinem Rechtsanwalt Kontakt auf, vielleicht ändert sich die Haltung ja“, warf der Rechtsanwalt des Angeklagten ein.

Der nächste Verhandlungstag ist für den 4. August terminiert. Unter anderem sollen ein Lidl-Vertreter und weitere Polizisten gehört werden.

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