Umfrage in Wermelskirchen Das erwarten Kommunalpolitiker von der Europawahl

Wermelskirchen · Von gespannter Erwartung bis hin zu Optimismus schwankt das Stimmungsbarometer bei Kommunalpolitikern vor der Europawahl. Das ergab eine Umfrage unter den Fraktionsvorsitzenden und Sprechern.

 Welcher Wind wird zukünftig in Europa wehen? Das sagen die hiesigen Lokalpolitiker zur anstehenden Europawahl.

Welcher Wind wird zukünftig in Europa wehen? Das sagen die hiesigen Lokalpolitiker zur anstehenden Europawahl.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Am 26. Mai wird ein neues Europaparlament gewählt. Und die ersten Wahlberechtigen haben ihr Kreuzchen auf dem langen Stimmzettel bereits gemacht – per Briefwahl oder gleich im Direktwahlbüro. Die meisten schreiten am Wahlsonntag zur Urne. Auch Lokalpolitiker trommeln für die Europawahl, machen Wahlwerbung, ermuntern Bürger, ihre Stimme abzugeben und damit auch ein Zeichen zu setzen, dass die EU ihnen wichtig ist. Was sagen hiesige Vertreter der Parteien zur Wahl? Wird sie als Stimmenbarometer für die nächste Kommunalwahl gewertet? Was erwarten sie? Unsere Redaktion fragte bei Kommunalpolitikern nach.

CDU Für den Fraktionsvorsitzenden Christian Klicki ist die Europawahl keine Testwahl für die Kommunalwahlen 2020. Trends für oder gegen Parteien ließen sich an den Ergebnissen der Europawahl nicht ablesen, weil bei der Kommunalwahl mit Wählervereinigungen eine andere Konkurrenz mitmische. Aber Klicki kündigt an, dass man nicht mit dem Label „CDU“ an den Start gehen wolle, sondern mit Personen, den Ansprechpartnern vor Ort.

Europapolitik drehe sich nicht nur um die Sicherung der Außengrenzen. Die Themen seien nicht fern, denn es gehe auch um Förderprogramme und Vergaberichtlinien, die hier vor Ort eine Rolle spielen. Mit Uwe Pakendorf haben man einen Mittler vor Ort, „der sich der Sorgen und Nöte der Leute annimmt“, verspricht Klicki. Er sei optimistisch, dass europafeindliche Trends, die sich in anderen EU-Ländern zeigen, nicht auf Deutschland abfärben: „Ich habe viele Mails bekommen, in denen sich Bürger klar zu Europa bekennen.“ Die Europa-Skepsis könne er nicht nachvollziehen, Menschen, die vom Dexit sprechen. „Deutschland profitiert von der EU.“ Er rechne mit einer Wahlbeteiligung von 60 Prozent. Für die CDU möchte er als Wahlergebnis 35 Prozent sehen. „Wir brauchen jede Stimme, daher müssen wir die Nicht-Wähler erreichen.“

SPD Für die SPD sei das eine entscheidende Wahl, gesteht der Fraktionsvorsitzende Jochen Bilstein. Er werte die Europawahlergebnisse als wichtiges Stimmungsbarometer – auch für die Kommunalwahl 2020. Und die letzten Umfrageergebnisse stimmten ihn nicht gerade optimistisch. „Das ist eine Mischung aus Hoffen und Bangen“, beschreibt er seine Erwartungen. Man habe gute Spitzenkandidaten. Ob die ziehen werden und Wähler mobilisieren, werde sich zeigen. Er hoffe, dass sich die Bürger klar machen, wie wichtig die EU, die Europawahlen sind. Es gehe um eine Weichenstellung für die nächsten zehn, 15 Jahre – und nicht zuletzt darum, europafeindlichen Strömungen und rechtsgerichteten Kräften etwas entgegen zu setzen. Die SPD setze auf ein soziales Europa, ein Europa der Arbeitnehmer. Auftritte der „Zugpferde im Wahlkampf“ werde es in Wermelskirchen nicht geben, dafür sei Wermelskirchen zu klein.

Grüne Fraktionsvorsitzender Stefan Janosi ist überzeugt, dass die Grünen im Aufwind bleiben werden, weil „grüne Themen“ wie Klima- und Artenschutz, Mobilitätswende, Umweltschutz und Teilhabe in den Vordergrund gerückt wurden, auch andere Parteien diese entdeckt haben. „Das sind aber unsere Markenkerne“, sagt er. Daher rechne er damit, dass die Grünen bei der Europawahl mit 15 bis 20 Prozent abschneiden. Er hoffe, dass die Wähler die Versprechen der Parteien differenziert sehen. Rechtspopulisten nutzten intensiver die sozialen Netzwerke, diese Kanäle sollten auch die anderen Parteien verstärkt nutzen. Zwar trete der Spitzenkandidat der Grünen, Sven Giegold, nicht hier, sondern in der Nachbarstadt Remscheid auf. Aber die nächsten Wochenenden werde man an den Wahl-Infoständen in Wermelskirchen trommeln, nächsten Freitag am Markt, an den Samstagen vor dem Rathaus.

FDP „Ich habe mich noch nie so sehr auf die Europawahl gefreut“, sagt Fraktionsvorsitzender Jürgen Manderla. An den Ergebnissen können man ablesen, wie die Stimmung in, die Haltung zu Europa ist. Eine Testwahl für die Kommunalwahlen sei sie nicht. Unterm Strich gehe er davon aus, dass die Liberalen mit über zehn Prozent abschneiden werden. „Damit wäre ich zufrieden.“ Die EU mit dem wirtschaftlich stärksten Mitglied in seiner Mitte, Deutschland, sehe er positiv. Aber zwei Dinge müssten korrigiert werden: die Einstimmigkeit bei Beschlüssen, die oft nicht erzielt werde. Außerdem müsse das „Bürokratiemonster“ in Brüssel abgebaut werden. Er selbst bezeichne sich gerne als Patriot mit europäischer Neigung.

AfD Mit einem guten Abschneiden seiner Partei rechnet Hans-Joachim Lietzmann, Sprecher AfD Stadtverband Wermelskirchen. „Zwölf bis 15 Prozent sind drin, das ist mein Eindruck aus Gesprächen und Rückmeldungen von Bürgern“, sagt er. Sie seien mit den Altpartien unzufrieden, weil deren Wahlversprechen nicht eingehalten würden und in der Praxis nicht realisierbar seien.

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Foto: RP/Ferl, Martin
 Christian Klicki

Christian Klicki

Foto: CDU
 Jochen Bilstein

Jochen Bilstein

Foto: Moll (Archiv)
 Stefan Janosi

Stefan Janosi

Foto: Grüne
 Heinz Jürgen Manderla

Heinz Jürgen Manderla

Foto: FDP
 Hans-Joachim Lietzmann

Hans-Joachim Lietzmann

Foto: RP/Stephan Singer

Europa sei kein Zentralstaat, sondern ein Europa der Vaterländer, die ihre eigenen Interessen vertreten, und die solle Deutschland – wie es Frankreich schon lange praktiziere – klarer formulieren. Die AfD werde einen „Stachel gegen die Positionen der Altpartien setzen“. Mit einer hohen Wahlbeteiligung rechne er nicht: „Rund 40 Prozent.“

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