Themenwoche Berufswelten Corona erschwert Bewerber-Suche
Wermelskirchen · Die Bilanz der für Wermelskirchen zuständigen Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach zum Ende des Ausbildungsjahres 2020 spricht für sich. Demnach wurden im Vorjahr weniger Stellen angeboten, während die Zahl der Bewerber nur geringfügig zurückgegangen ist. Fast 60 Bewerber für Ausbildungsstellen unversorgt.
Die Corona-Krise hat auch in Wermelskirchen im vergangenen Jahr Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt gehabt. Das zeigt die Bilanz der für Wermelskirchen zuständigen Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach zum Ende des Ausbildungsjahres 2020. Demnach wurden im Vorjahr weniger Stellen angeboten, während die Zahl der Bewerber nur geringfügig zurückgegangen ist. Für die Arbeitsagenturen wird es in der Krise zunehmend schwieriger, Jugendliche zu erreichen. Gleichzeitig sinkt die Bereitschaft junger Menschen weiter, sich für eine Berufsausbildung zu entscheiden. Zu den Gründen zählt auch die krisenbedingte wirtschaftliche Unsicherheit.
Insgesamt wurden in Wermelskirchen mit 273 Ausbildungsstellen 46 Stellen weniger (-14,4 Prozent) angeboten als noch im Jahr zuvor. Besonders zurückgegangen sind Stellenangebote in der Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung (-25 Prozent) sowie in kaufmännischen Dienstleistungen, Handel, Vetrieb und Tourismus (-22,8 Prozent). Auf Seite der Bewerber ist vor allem im Bereich Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung ein Rückgang zu verzeichnen: Die Bewerberzahl sank um 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Einen leichten Zuwachs an Bewerbern gab es hingegen in der Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik (+23 Prozent).
Auffällig ist die gestiegene Zahl der unversorgten Bewerber 2020: 57 Jugendliche haben demnach nicht die für sie passende Ausbildungsstelle gefunden (+14,4 Prozent). Einen Grund dafür sieht Andrea Porath, Leiterin des Bereichs Berufsausbildung bei der Arbeitsagentur Bergisch Gladbach, in der Corona-Krise: „Dadurch, dass wir im vergangenen Jahr pandemiebedingt persönlich nicht so stark an den Schulen und Berufskollegs präsent sein konnten, haben wir die Schülerinnen und Schüler nicht vergleichbar zu den Vorjahren erreichen können.“
Zwar habe man noch bis in den Dezember hinein auch digital verstärkt Werbung gemacht, doch das habe nicht den gewünschten Effekt erzielt. „Die Motivation der Jugendlichen, sich zu diesem Zeitpunkt noch für eine Ausbidlung zu entscheiden, war leider nicht in großem Maße zu erkennen.“
Generell sei eine größere Unsicherheit bei den Schülern zu erkennen, berichtet auch Thilo Mücher, Leiter des Bergischen Berufskollegs. „Bei einem unverbindlichen Gespräch mit Arbeitgebern in der Schule oder auf Ausbildungsmessen, ist die Hemmschwelle für Jugendliche geringer, auf Unternehmen zuzugehen“, sagt er. Auch am Berufskolleg findet das Schulleben derzeit komplett digital statt. Alle Beratungstage (Beratungs-Samstag, 30. Januar, oder Ausbilder- und Elternsprechtag, 9. Februar) werden auf der Webseite des Berufskollegs unter www.bbk.schule/home geplant und durchgeführt.
Die Unsicherheit bekommen auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Wermelskirchen zu spüren. Beim Rollen- und Räder-Hersteller Steinco sind etwa vier Ausbildungsplätze für 2021 noch nicht besetzt. „Wir merken, dass es auch durch die Corona-Krise weniger Bewerber gibt“, sagt Personalchef Kevin Felten. „Ich habe das Gefühl, dass viele Angst haben, keinen Job zu bekommen oder in unsichere Arbeitsverhältnisse zu kommen, weil viele Firmen in Kurzarbeit sind.“ Viele Schüler würden sich deshalb teilweise lieber für einen anderen Bildungsweg an der Fachhochschule oder Universität entscheiden, so Felten. Hinzu kämen für die Firma die ohnehin belastenden Auswirkungen des Fachkräftemangels: „Im gewerblichen Bereich wird es immer schwieriger. Die Qualität und Menge der Bewerbungen lassen deutlich nach“, sagt Felten.
Bei Steinco nutzt man das Frühjahr nun noch einmal, um kräfitig Werbung bei den Jugendlichen zu machen – über Social Media, ein großes Banner vor der Firmenzentrale sowie auf digitalen Veranstaltungen in der Region. „Ansonsten haben wir auch einen Plan B: Zur Not könnten wir auch ohne Bewerber durch 2021 gehen“, sagt Felten. Gewünscht sei das aber sicherlich nicht.
Auch die Arbeitsagentur macht Jugendliche weiter darauf aufmerksam, dass durchaus noch einige Ausbildungsstellen frei sind. „Es ist wichtig, dass Jugendliche sich gerade jetzt mit der Berufswahlentscheidung auseinadersetzen“, sagt Andrea Porath. Für eine bessere persönliche Beratung hat die Arbeitsagentur deshalb die Möglichkeit zu Video-Gesprächen mit ausreichendem Datenschutz kreiert.
Außerdem können sich Jugendliche über diverse Plattformen informieren: angeboten werden beispielsweise das Selbsterkundungstool „Check U“ auf der Webseite der Arbeitsagentur, die App „AzubiWelt“, sozialen Netzwerken wie beispielsweise Instagram (@ausbildung_naklar) oder ein regelmäßiger Chat mit der Berufsberatung über das Portal „Sofastart“. Außerdem sind virtuelle Veranstaltungen im Rahmen der Woche der Asubildung vom 15. bis 19. März sowie eine virtuelle Ausbildungsmesse geplant. Für Ausbilungsstellen – gerade in den kleinen und mittelständischen Unternehmen insbesondere im Bereich des Handwerkes in Wermelskirchen – sieht Andrea Porath viel Potential. „Unser Appell ist: Kommt auf uns zu. Wir gestalten gemeinsam den Weg in die Zukunft.“