Ehrenamtliche Hilfe in Coronazeiten Wenn Nachbarn zu Helden werden

Wermelskirchen · Die Nachfrage nach Hilfe in Coronazeiten geht zurück – das vermelden heimische Initiativen. Die starken Netzwerke, die sich in Wermelskirchen gebildet haben, jedoch bleiben. Auch weiterhin geben Ehrenamtliche Unterstützung im Alltag.

 Antje Hedke, Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde.

Antje Hedke, Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Es begann meistens mit einem vorsichtigen Anruf: Eine ältere Dame erkundigte sich nach Unterstützung beim Einkaufen, ein älterer Herr wollte das Haus in Coronazeiten lieber nicht verlassen, brauchte aber ein Rezept – auch Patienten mit Lungenkrankheiten suchten Unterstützung im Alltag. Vielen Menschen fehlte auch ein offenes Ohr in der Not. „Wir haben dann Ehrenamtliche gebeten, diese Aufgaben zu übernehmen“, erzählt Antje Hedke, Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde, „wir wollten in der Unsicherheit ein Stück Sicherheit vermitteln.“

Dann klingelten Freiwillige an fremden Türen, nahmen Geldbörsen und Einkaufstaschen entgegen und machten sich auf den Weg, um Listen abzuarbeiten. „Inzwischen ist es ruhiger geworden“, sagt die Pfarrerin. Das Einsatzhandy, das die Koordinatoren der Aktion „Nachbarschaftshilfe“ weiterhin im Blick haben, klingelt nur noch selten. „Wir haben den Eindruck, dass die Menschen wieder häufiger selbst einkaufen gehen wollen“, sagt Antje Hedke, „aber wir behalten das Angebot auf jeden Fall weiter bei.“

Denn schließlich ist mit der Nachbarschaftshilfe auch ein neues Netzwerk entstanden: Die Evangelischen Kirchengemeinden Wermelskirchen und Neuenhaus haben sich gemeinsam mit der Tafel, der Caritas und der Initiative „Willkommen in Wermelskirchen“ zusammengetan. Ehrenamtliche aller Gruppen haben sich engagiert. „Und auch viele Freiwillige aus Wermelskirchen, die keiner der Gemeinden oder Initiativen angehören, engagieren sich“, erzählt die Pfarrerin. Das sei eine schöne Erfahrung gewesen: Ganz schnell hätten sich viele Ehrenamtliche gefunden.

Diesen Effekt hat auch Mahmut Egilmez erlebt, der mit „Gemeinsam sind wir stark“ als erstes in Wermelskirchen eine Hilfsinitiative ins Leben rief. „Am Anfang haben sich sehr schnell viele Freiwillige gefunden, so dass wir der Nachfrage schnell gerecht werden konnten“, erzählt er. In den meisten Fällen sei der Einkauf noch am gleichen Tag erledigt worden. Im Laufe der Zeit seien dann viele Einkaufspatenschaften entstanden: Nutzer und Ehrenamtliche hatten zueinander gefunden und kommunizierten nach kurzer Zeit schon auf direktem Weg. „Das hat den Menschen auch Sicherheit gegeben, weil sie die Einkäufer, die Geld und Taschen abholten, dann schon kannten“, sagt Antje Hedke. Denn auch unter dem Dach der Nachbarschaftshilfe entstanden schnell diese Einkaufspatenschaften.

 Mahmut Egilmez, Initiator von „Gemeinsam sind wir stark“ .

Mahmut Egilmez, Initiator von „Gemeinsam sind wir stark“ .

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die Ehrenamtlichen der Initiative „Gemeinsam sind wir stark“ nutzten ihre neuen, gebündelten Kräfte noch über den Einkaufsservice hinaus. „Wir haben mehrmals die Tafel unterstützt“, erzählt Egilmez, „sowohl bei der Ausgabe von Lebensmitteln als auch bei der Belieferung von Tafelkunden.“ Die Dankbarkeit der Menschen sei groß gewesen. Immer wieder seien die Helfer mit kleinen Grußbotschaften für ihren Einsatz belohnt worden. „Aber inzwischen nutzen den Service nur noch wenige“, sagt Egilmez.

Das gilt auch für das Angebot in Tente: Dort hatte der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) die Initiative „Einer für alle, alle für Tente“ ins Leben gerufen. Das Angebot werde nicht mehr so genutzt, wie am Anfang, sagt Anna Klein. „Viele gehen wieder selber einkaufen oder Familien decken den Bedarf ab“, sagt die Ehrenamtliche. Außerdem seien auch in Tente „Tandem-Partner“ entstanden. Wer einmal Hilfe bekommen habe, bleibe oft mit dem Ehrenamtlichen in Kontakt, sagt Anna Klein.

 Das Helferteam geht für ältere Menschen einkaufen. V.l. Christiane Wilke, Anna Klein, Sarah Kannemann und Ayse Aktas.

Das Helferteam geht für ältere Menschen einkaufen. V.l. Christiane Wilke, Anna Klein, Sarah Kannemann und Ayse Aktas.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Alle Initiativen betonen, dass sie auch weiterhin im Einsatz sind. „Wir wissen doch auch noch nicht, ob es vielleicht eine zweite Welle geben wird“, sagt Antje Hedke, „deswegen ist es uns wichtig, das Netzwerk über die Ferienzeit hinüberzuretten und einsatzbereit zu bleiben.“ Vieles habe sich sehr gut eingespielt und anfängliche Bedenken hätten sich in Luft aufgelöst.

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