Im Gespräch mit Wermelskirchens Bürgermeisterin Marion Lück „Aus wenig möglichst viel machen“

Interview · Wermelskirchens Bürgermeisterin Marion Lück erzählt im zweiten Teil des Interviews zum Jahreswechsel unter anderem, was für sie 2023 wichtig ist.

Bürgermeisterin Marion Lück geht mit Zuversicht in das neue Jahr.

Bürgermeisterin Marion Lück geht mit Zuversicht in das neue Jahr.

Foto: Jürgen Moll

Wermelskirchens Bürgermeisterin Marion Lück blickt zurück auf 2022 und wagt eine Aussicht auf das Jahr 2023: Was ihr wichtig ist und war, wo sie Schwierigkeiten sieht und was aus ihrer Sicht nur schwer einschätzbar ist. Im zweiten Teil des Interviews mit der Bergischen Morgenpost geht es unter anderem um Marion Lücks Zuversicht in Sachen Neugründung einer Gesamtschule, den Spagat zwischen Beruf und Privatleben, den neuen Technischen Beigeordneten und natürlich um das Stadtjubiläum in 2023.

Sie sind eine präsente Bürgermeisterin – neben der Aufgabe als Verwaltungschefin, die ja ein Vollzeit-Job ist, lassen Sie es sich nicht nehmen, auch an Wochenenden repräsentative Aufgabe wahrzunehmen. Das erfordert Kraft – zum einen signalisieren Sie ansprechbar zu sein, zum anderen schränkt diese Bürgernähe aber auch Ihre Freizeit ein. Wie gestalten Sie diesen Spagat und wichtig ist es Ihnen, für die Bürger ansprechbar zu sein?

Marion Lück Mir ist sehr wichtig, möglichst immer ansprechbar für die Bürgerinnen und Bürger zu sein. Das dürfen sie aus meiner Sicht auch von ihrer Bürgermeisterin erwarten. Mir sind aber auch Familie und Freunde sehr wichtig, denn sie geben mir die Kraft und den Rückhalt, den ich für die Aufgabe brauche. Dafür, dass ich nur wenig Zeit habe, zeigen alle viel Verständnis und Flexibilität. Allerdings halte ich es wie Michael Schumacher früher: Freunde und Familie sind Privatsache und ein geschützter Raum.

Das Thema Gesamtschule hat nun Fahrt aufgenommen – wie schätzen Sie die Situation ein, die Anmeldezahlen im vorgezogenen Verfahren werden über die Gründung der Gesamtschule entscheiden und die erste große Entscheidung in Wermelskirchen im Jahr 2023 darstellen?

Lück Der Prozess zur Neugründung der Gesamtschule ist sehr gut gestartet. Ich bin deshalb überzeugt davon, dass wir die 100 Anmeldungen erreichen und 2023 mit der Gesamtschule starten können.

Wie sehr verbinden Sie den Ausgang des Anmeldeverfahrens zur Gesamtschule mit ihrer Rolle als Bürgermeisterin?

Lück Jeder weiß, dass ich den Verlust von mehr als 30 Prozent der Schüler nach der vierten Klasse an umliegende Kommunen unbedingt stoppen möchte. Die Analyse zur Schullandschaft hat ergeben, dass wir offensichtlich nicht das gewünschte Angebot vorhalten. Deshalb ist es aus meiner Sicht richtig, dass die Politik eine so wegweisende Entscheidung getroffen hat, das Schulangebot der weiterführenden Schulen verändern zu wollen.

Die Inklusionshelfer an Schulen stehen in der Diskussion. Warum ist das so? Eltern in Wermelskirchen sammeln bereits Unterschriften zum Erhalt der Inklusionshelfer und können die Diskussion nicht nachvollziehen. Inwiefern kann die Stadt bei diesem Thema agieren? Was ist Ihre Position dazu?

Lück Ehrlich gesagt, bin ich etwas überrascht über diese Petition. Die Politik hat schon längst entschieden, das Projekt weiterzuführen und städtisches Geld im Umfang wie bisher zur Verfügung zu stellen. Außerdem wurde entschieden, den Zuschuss vom Land, sollte er höher ausfallen, in gleicher Höhe für dieses Projekt einzusetzen und nicht den städtischen Anteil entsprechend zu kürzen. Eines sollte aber klar sein: Die Petition hat den falschen Adressaten. Die Sicherstellung des Unterrichts, die Unterstützung von Lehrern und Schülern ist eine Landesaufgabe und deshalb muss dieses Projekt auch aus meiner Sicht voll seitens des Landes finanziert werden. Die Stadt Wermelskirchen ist hier bisher eingesprungen, aber dadurch fehlt das Geld an anderer Stelle in unserer Stadt, wo es genauso sinnvoll und richtig eingesetzt wäre. Deshalb wünsche ich mir, dass die Politik und die Eltern sich bei der Landesregierung dafür einsetzen, um dieses gute Projekt von dort voll finanzieren zu lassen.

Ein neuer Technischer Beigeordneter konnte schnell gefunden werden – das ist heutzutage nicht selbstverständlich, zumal jedem Bewerber klar gewesen sein muss, dass ein Technischer Beigeordneter in Wermelskirchen angesichts der anstehenden Aufgaben keine „ruhige Kugel“ schieben kann. War das Glück, waren Beziehungen im Spiel oder ist Wermelskirchen schlicht so attraktiv?

Lück Ich denke, es war Glück, der attraktive Standort und ein aktives Zugehen auf potenzielle Kandidaten. Wir haben uns nicht nur auf die Ausschreibung verlassen, sondern genauso wie die Politik haben auch Thomas Marner und ich bei möglichen Kandidaten dafür geworben, dass sie sich bei uns bewerben. Ich denke, es war ein Glück für uns, dass sich Christian Pohl beworben hat, weil Wermelskirchen ihm so gut gefallen hat.

Die Städtepartnerschaft mit Loches wirkt auch nach den Corona-Lockdowns noch lebendig, die mit Forst scheint eingeschlafen – ist das ein Thema für Sie, wie und wo können und wollen Sie den Hebel ansetzen?

Lück Eine Städtepartnerschaft ist deshalb von so großer Bedeutung, weil sie über kulturelle und sprachliche Unterschiede hinweg die Menschen verbindet. Solche Unterschiede bestehen nach meiner Auffassung mit Forst nicht mehr. Die Lebensverhältnisse haben sich nach der Wende angeglichen, wir sind eine deutsche Einheit geworden. Insofern ist es aus meiner Sicht eher ein kommunaler Austausch, denn wir haben ja die gleichen Themen und Herausforderungen. Darüber würde ich gerne auch weiter mit Forst im Gespräch bleiben und auch den Austausch der Auszubildenden bei den Stadtverwaltungen wieder aufleben lassen.

Worauf freuen Sie sich in 2023 besonders? Was sind aus Ihrer Sicht Highlights? Worauf blicken Sie bereits mit Spannung aus?

Lück Ich freue mich ganz besonders auf das Stadtjubiläum mit dem Bürgerfest und dem großen Festumzug durch die Stadt!

Sie haben das Glück, dass in Ihre Amtszeit das Stadtjubiläum fällt. Das ist eine Gelegenheit als Bürgermeisterin zu „glänzen“, oder? Wie ist der Stand der Vorbereitungen dafür, wird sich alles, was als Ideen im Raum steht, umsetzen lassen?

Lück Nein, alle Ideen lassen sich leider nicht umsetzen, dafür ist das Budget von knapp 70.000 Euro für alle Kosten viel zu klein. Aber das ist dann eben die Herausforderung, mit der wir leben müssen. Aus wenig möglichst viel machen. Und wenn es eine Stadt und deren Bürger gibt, die das kann, dann unsere. Das hat Wermelskirchen in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, und darauf vertraue ich auch für dieses Jubiläum.

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