Hebesatz soll halbiert werden Bürgermeister kritisiert geplante Steuersenkung in Leverkusen

Wermelskirchen · Die Nachricht schlug in Nachbarstädten wie eine Bombe ein: Die Stadt Leverkusen will die Gewerbesteuer fast um die Hälfte senken. Mit dem sehr niedrigen Hebesatz von 250 anstelle von 475 will sie ab dem nächsten Jahr neue Unternehmen locken und ausgelagerte Firmen an den Standort zurückholen.

 Leverkusen liegt mitten in der Rheinschiene und will mit niedrigen Gewerbesteuern Firmen locken, Nachbarstädte  kritisieren das Vorhaben.

Leverkusen liegt mitten in der Rheinschiene und will mit niedrigen Gewerbesteuern Firmen locken, Nachbarstädte kritisieren das Vorhaben.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Noch hat die Bezirksregierung das Vorhaben nicht genehmigt, in anderen Kommunen sorgt es aber für Unmut und Kritik. „Dieser Dumping-Wettbewerb ist eine ganz schlechte Entwicklung. Das führt am Ende zum wirtschaftlichen Kollaps der Städte“, sagt Bürgermeister Rainer Bleek auf Nachfrage dieser Redaktion.

Vorbild für die Steuersenkungsstrategie ist Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann. In zehn Jahren haben sich in dieser Stadt 300 Firmen angesiedelt, aus einem Schuldenberg von 120 Millionen wurde ein Überschuss von 70 Millionen Euro, mit dem viele Wunschprojekte finanziert werden können. Das Gewerbeflächenangebot und -potenzial im Speckgürtel von Düsseldorf ist darüber hinaus das große Plus, mit dem Monheim auf dem Markt punkten kann.

Auch in diesem Punkt könne Wermelskirchen nicht mithalten. Große ebene und entwicklungsfähige Flächen gibt es im Bergischen kaum noch. „Wir entwickeln noch Gewerbeflächen (mit den Nachbarkommunen), die sind aber deutlich kleiner“, sagte Bleek. Gleisdreieck Bergisch Born, Gewerbebrachen und Flächen in Dabringhausen gehören dazu. Bleek: „Wir haben Nachfragen nach Gewerbeflächen, nehmen aber auch nicht jedes Unternehmen.“ Denn man lege Wert auf eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur, statt sich von einem großen Arbeitgeber abhängig zu machen. „Wir wollen breit aufgestellt sein“, sagte er.

Aber selbst wenn die Stadt solche Gebiete hätte, gebe es derzeit keine Möglichkeit einer Steuersenkung. Die Stadt ist noch in der Haushaltssicherung und sei wie andere arme Kommunen dringend auf die Einnahmen aus der Gewerbesteuer von ansässigen Unternehmen angewiesen, so Bleek. Er erinnert daran, dass der Haushaltsausgleich im nächsten Jahr erreicht werden, dass das Jahresergebnis 2021 schwarze Zahlen aufweisen soll.

Der Schritt der Stadt Leverkusen habe ihn außerordentlich verwundert, denn er ist nach seiner Einschätzung ein großes finanzielles Risiko. Denn die Senkung des Hebesatzes in dieser Größenordnung bedeute einen Einnahmeverlust von 60 Millionen Euro. „Ich frage mich, wie die Kompensation aussieht“, so Bleek. Würde Wermelskirchen den Satz auch auf 250 senken, fehlten hier rund zehn Mio. Euro im Etat.

Mit anderen Stadtspitzen oder dem Kollegen aus Leverkusen hatte er am Dienstag aber noch nicht über dieses Thema gesprochen. Im Übrigen sei ein niedriger Steuersatz nur ein Wettbewerbsvorteil. Die Verkehrsanbindung, Fachkräfte, die Lebens- und Wohnqualität in der Stadt und die Zusammenarbeit mit der Stadt seien weitere Kriterien, die Firmen dazu bewegen, sich anzusiedeln, in der Stadt zu bleiben oder gar aufzustocken. Im Übrigen liege Wermelskirchen mit dem Hebesatz im Mittelfeld, die jüngste Erhöhung sei mit 3,3 Prozent moderat gewesen, habe keine Abwanderung in Gang gesetzt.

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